27.06.2024

Euro 2024

Diese frechen Kommentatoren sorgen für Furore

In der Deutschschweiz scheiden sich wieder einmal die Geister an SRF-Fussballexperte Sascha Ruefer. In der Romandie haben Fans eine Alternative zu den klassischen Kommentaren von RTS, und die heisst «Footaises». Das Trio um Journalist und Moderator Fantin Moreno folgt den Nati-Spielen mit Humor und einigen groben Wörtern.
Euro 2024: Diese frechen Kommentatoren sorgen für Furore
Dieses Trio liefert freche und kompetente Fussballanalysen (v.l.): Blaise Bersinger, Fantin Moreno und Charles Nouveau. (Bild: RTS/Sedrik Nemeth)

Zugegeben, SRF-Kommentator Sascha Ruefer hat schon immer polarisiert. Aber seit Beginn der Fussball-EM in Deutschland scheiden sich die Geister akut, nicht zuletzt, weil Mitte-Präsident Gerhard Pfister mit einem kritischen Tweet zur «Gebrüll-Performance» des Fernsehexperten Öl ins Feuer gegossen hat. Kaum ein Medium hat sich einer Meinung über Sascha Ruefer enthalten. Tamedia hat sich sogar an ein Pro und Kontra gewagt. Neben dem «Gebrüll» ist der Nati-Kommentator auch für seine Sprüche zwischen Witz und Lyrik bekannt, die einige daneben finden. Sein Fussball-Fachwissen hingegen wird von allen anerkannt.

Expertise mit Witz und Emotionen kombinieren? In der Romandie ist dies das Markenzeichen eines Kommentatoren-Trios vom RTS-Radio Couleur 3. Seit der Euro 2016 begleitet Journalist und Produzent Fantin Moreno mit den Comedians Charles Nouveau und Blaise Bersinger die Begegnungen der Nati bei den grossen Turnieren. Der Ton ihrer Sendung «Footaises» (ein Wortspiel mit Fussball und Quatsch) ist von Anfang an klar: «Chauvinismus, Heuchelei, aber Expertise», so Couleur 3 auf seiner Website.

Eine Alternative, keine Konkurrenz

Das Format spricht ein junges Publikum an, das nicht unbedingt aus Fussballfans besteht. Inzwischen hat sich das «Footaises»-Team unter den Fussballkommentatoren etabliert.

«Ich hasse Fussball, aber ich höre euch zu», schreibt beispielsweise eine Zuhörerin auf Facebook. Das sei die häufigste Rückmeldung, sagt Fantin Moreno immer wieder in Interviews. Kritische Stimmen gebe es wenig, fügt Moreno gegenüber persoenlich.com hinzu. «Wir sind eine Alternative. Die Leute wissen, was sie erwartet. Und wenn unser Kommentar nicht befriedigt, weiss das Publikum, dass es leicht auf den Kommentar unserer RTS-Sport-Kollegen umsteigen kann.»



Das «Footaises»-Trio erlaubt sich Sprüche, als ob es den Match zu Hause oder mit Freunden in einer Bar anschauen würde. Es fallen dabei auch mal grobe Wörter wie «chier» (scheissen) oder «cul» (Arsch). Wenn Yann Sommer ein Tor reinlässt, rufen sie ihn auf, vom Schlaf aufzuwachen. «Wir kritisieren Spieler und können sie fünf Minuten später als ‹Götter› bezeichnen», bemerkt Fantin Moreno. «Wir probieren aber immer, respektvoll mit Menschen umzugehen, leichtfüssig zu bleiben, ohne vulgär zu werden.» 

Couleur 3, der Radiosender für Jugendliche unter dem RTS-Dach, geniesst eine grosse Freiheit im Ton. Wenn überhaupt, verlangt die Hierarchie «mehr Gags und mehr Heuchelei», so der Moderator. Neben den Witzen beweist «Footaises» auch eine grosse Fussball-Expertise. Die Kommentatoren sind selbst Fussballfans, folgen den Karrieren der Spieler und bereiten entsprechend jeden Match vor.

Wunsch nach Zweikanalton-Lösung

Wenn «Footaises» sein Publikum begeistert, bleibt dieses relativ überschaubar. Es handelt sich primär um eine Radiosendung. Die drei ersten Spiele der Nati an der EM haben zwischen 12'000 und 15'000 Leute auf den verschiedenen Vektoren verfolgt. Dazu kommt noch das Publikum der Public Viewings, von wo «Footaises» jeweils live gesendet hat. Zum Vergleich haben zwischen 380'000 und 700'000 Zuschauer die Spiele auf RTS geschaut oder gestreamt.

Seit der Partie Schweiz gegen Deutschland zeigt «Footaises» auch die Bilder der Spiele auf YouTube. Ob ein Zweikanalton auf RTS denkbar wäre? «Das wäre eine schöne und kühne Idee, woran ich schon seit unseren Anfängen denke», gesteht Fantin Moreno. «Das hängt aber nicht von mir ab.» Auch Massimo Lorenzi, Sportchef von RTS, sagte kürzlich in einem Radiointerview, dass er nichts gegen einen Zweikanalton mit «Footaises» hätte. Auf Anfrage sagt aber die Medienstelle von RTS, dass dies aus technischen Gründen schwierig sei und viele Mittel in Anspruch nehmen würde.

Einen zweiten Tonkanal für die Nati-Spiele bietet ihrerseits SRF. Dabei handelt es sich um sogenannte Audiodeskription für blinde und sehbehinderte Personen. Manche sehen darin eine Alternative zu Sascha Ruefers feurigen Kommentaren. Fantin Moreno ermuntert seinen Deutschschweizer Kollegen, weiterhin zu brüllen. «Das machen wir alle in unserem Wohnzimmer auch. Solange das Fachwissen da ist, darf man der Leidenschaft keinen Maulkorb anlegen.»


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