Die Meldung von Kurt Imhofs überraschenden Ableben machte am Sonntagabend in Journalistenkreisen schnell die Runde. Was folgte, war Betroffenheit, ehrliche Betroffenheit. Auch wenn der streitbare, aber brillante Soziologieprofessor alljährlich mit seinem Jahrbuch "Qualität der Medien" die Leviten las, stiess er bei den Gescholtenen auf grosse Resonanz - und manchmal sogar auf leise Zustimmung. Imhof war – auch wenn er es lauthals dementierte – ein "Popstar der Branche", der sein umtrügerisches Faible für die medialen Gesetzmässigkeiten für seine Zwecke nutzte.
Das beste Beispiel dafür war die alljährliche Pressekonferenz im Berner Nobelhotel Bellevue, bei der Imhof und sein Team ihre Forschungsergebnisse vorstellten. Obwohl man deren – zumeist – negativen Befunde bereits ahnte, war der Saal immer proppenvoll. Es gehörte zu den Geheimnissen Imhofs, dass er mit grosser Reibung eine noch grössere Nestwärme erzeugen konnte.
Der Verstorbene bediente sich dabei jenen Instrumenten, die er in seiner Analyse immer geisselte: der Zuspitzung, der Verkürzung, der Provokation und des Witzes. "Die Diktatur der Reichweite" oder der "qualitätsniedrige Journalismus" waren seine Klassiker. Das Reflektionsniveau der Branche, so folgerte Imhof noch vor drei Monaten im Bellevue, sei grottenschlecht. Dabei lachte er und freute sich auf den Widerspruch.
Mit dem Tod von Kurt Imhof ist dieses Rollenspiel vorbei. Die Medien und deren Macher werden den 59-Jährigen vermissen.
Es bleibt zu hoffen, dass das Soziologische Institut der Universität Zürich Imhofs Arbeit fortsetzen wird. Sein "Jahrbuch" war auch sein Vermächtnis. Und der beste Beweis, dass es sich auch in journalistisch schwierigen Zeiten lohnt, über den Journalismus nachzudenken. Auch wenn man "grottenmässig" anderer Meinung ist.
Die Redaktion von "persönlich" entbietet den Angehörigen und Freunden von Kurt Imhof ihr aufrichtig empfundenes Beileid. (ma)
Bild: Keystone
Lesen Sie hier die ausführliche Agenturmeldung zum Tod von Kurt Imhof.