08.08.2001

"Eine Sperrfrist funktioniert nur, wenn alle Beteiligten Gentlemen sind"

Radio Z ist das stärkste Privatradio der Deutschschweiz, schrieb das Pendlerblatt 20 Minuten am Montag. Und veröffentlichte Hörerzahlen der SRG-Tochter Publica Data, die eigentlich erst auf Ende August freigegeben gewesen wären. Diese weisen für die ersten sechs Monate des laufenden Jahres für Radio Z einen neuen Marktanteil von 2.9 Prozent aus – während Roger Schawinskis Radio 24 2.7 Prozent erreicht. Ist jetzt also tatsächlich der Konkurrenzsender des einstigen Piraten das neue "Nummere 1 vo Züri"? Der Radio-24-Boss (Bild) ist da anderer Meinung. Das Interview:

Roger Schawinski, ist Radio 24 von seinem Erzkonkurrenten Radio Z entthront worden?

Sicher nicht. Denn beide Sender machen erklärtermassen Radio für die Jüngeren und da ist Radio 24 ganz klar an der Spitze. Radio 24 hat in der Zielgruppe der 15- bis 49-Jährigen einen Marktanteil in der Deutschschweiz von 4.8 Prozent, während Radio Z bloss 3.9 Prozent ausweist. Der Unterschied ist riesig. Die Zielgruppe der 15- bis 49-Jährigen ist ja auch bei den Werbern der Favorit, und da sind wir eindeutig die "Nummere 1 vo Züri". Wie übrigens auch im Bezug auf die Tagesreichweite. Hier liegt Radio 24 mit 280'000 Hörern pro Tag deutlich vor Radio Z mit 248'000 Hörern. Die Radio-Rangliste, die am 30. August veröffentlich wird und die auf der Tagesreichweite der einzelnen Sender beruht, beweist ganz klar, dass wir weiterhin das stärkste Privatradio der Schweiz sind. Denn die Tagesreichweite ist die einzige Zahl, mit der die Sender miteinander vergleichbar sind und um darüber zu entscheiden, welche Station der Marktleader ist. Sie dient auch als Basis für die Tarife und damit für die Werber.

Mit der Nennung der obigen Zahlen riskieren Sie eine Konventionalstrafe von 100'000 Franken.

Es war nicht ich, der die Frist unterlaufen hat. Die Zahlen waren schon länger bei beiden Sendern auf dem Tisch. Und nachdem jetzt 20 Minuten mit der einzigen Zahl operiert hat, bei der Radio Z zumindest optisch besser dasteht, musste ich reagieren. Wer die Zahlen schlussendlich gestreut hat, soll die Publica Data untersuchen. Es ist ja klar, wer sich daraus Nutzen erhofft hat. Fakt ist, dass es der Publica Data nicht möglich war, so etwas zu verhindern, was ich sehr bedaure.

Sie sprechen im Zusammenhang mit Radio Z von "optisch besser dastehen"...

Radio Z hat bereits im April verwirrliche Inserate mit Tagesreichweiten geschaltet, als sie noch glaubten, in dieser alles entscheidenden Grösse die besten zu sein. Das Ganze hat damals für ziemlich viel Aufregung gesorgt, und Radio Z wurde von der Publica Data aufs schärfste zurückgepfiffen. Man hat sogar davon gesprochen, Klaus Kappeler, VR Medien Z Holding, aus dem Verwaltungsrat der Publica Data zu kippen. Es muss aber für Radio Z auch sehr frustrierend sein, Jahr für Jahr hinter uns herzuhinken...

Wie gesagt: Die Zahlen waren zumindest intern schon länger bekannt. Warum also wartet die Publica Data solange zu, bis sie sie freigibt?

Solange zuzuwarten, ist tatsächlich nicht sehr clever. Wahrscheinlich wollte die Publica Data den RadioDay 2001 vom 30. August zu einem eigentlichen Newsevent machen, und hat aus diesem Grund diese Sperrfrist verhängt. Eine Sperrfrist, die wir eingehalten haben. Nur weil 20 Minuten selektive Zahlen veröffentlichte, mussten wir reagieren. Die Idee einer Sperrfrist ist gut, aber anscheinend nicht machbar. So etwas kann nur funktionieren, wenn alle Beteiligten Gentlemen wären. Und dass sie das nicht sind, wissen wir ja jetzt seit Montag.

In wie weit beeinflusst der Rummel um diese Radio-Zahlen den Wert der Belcom bei einem allfälligen Verkauf?

Überhaupt nicht. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wir konnten einfach nicht zulassen, dass falsche Fakten über uns in die Öffentlichkeit gelangen und darum musste ich handeln. Und zwar unabhängig von irgendwelchen Verhandlungen.

Wie wollen Sie jetzt weiter vorgehen?

Ich werde erst einmal zuwarten. Ab 30. August werden alle Zahlen offen auf dem Tisch liegen, und dann wird klipp und klar feststehen, dass Radio 24 auch weiterhin das unbestrittene "Nummere 1 vo Züri" ist.



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