01.08.2018

Trump und die Medien

«Feinde des Volkes» gegen den Volkstribun

Der US-Präsident unterteilt die Medienlandschaft in gut und böse – aus seiner ganz persönlichen politischen Sicht. Davon profitieren aber nicht nur Trump-nahe Medienunternehmen wie das Murdoch- oder Sinclair-Imperium. Auch liberale Zeitungen und TV-Sender blühen auf.
Trump und die Medien: «Feinde des Volkes» gegen den Volkstribun
Kritische Medien bleiben bei Trump oft aussen vor. (Bild: Keystone/AP/Andrew Harnik)

Es ist eine der gewagteren Ansagen von Donald Trump: Die «Washington Post» und die «New York Times» werde es in sieben Jahren nicht mehr geben, prophezeite der US-Präsident jüngst auf Twitter.

Die «Washington Post» sei ohnehin nur eine Propaganda-Maschine für den Online-Händler Amazon, mit dem sich die «Post» den Besitzer teilt: Jeff Bezos aus Seattle, mit einem Vermögen von 149 Milliarden Dollar reichster Mensch der Welt. 

Und vor allem: Viel reicher als Donald Trump, dessen Vermögen von Forbes zuletzt mit 3,1 Milliarden Dollar angegeben wurde – Nummer 766 auf der Liste.

Seit Bezos die altehrwürdige «Washington Post» vor fünf Jahren für 250 Millionen Dollar übernommen hat, geht es dort aufwärts – ganz im Gegensatz zu Trumps Prognosen. Die Präsidentschaft des erratischen Trump trieb dem Blatt und seinen elektronischen Ablegern zusätzliche Leser zu.

«Ich verstand nichts von Zeitungen, aber ich verstand etwas vom Internet», hatte Bezos 2014 rückblickend gesagt. Er baute den Verlag um, ohne sich aber in redaktionelle Entscheidungen einzumischen. 

Zu den 700 Mitarbeitenden zählen inzwischen viele Technik-Experten. Die Technik-Abteilung des Medienhauses in der US-Hauptstadt könne mit dem Silicon Valley mithalten sagt Bezos. Die «Post»-Entwicklungen, etwa zur Erfassung des Online-Leseverhaltens gelten inzwischen als beispielgebend für die Branche, über die USA hinaus.

Persönliche Einteilung in gut und böse

Mit dem Multi-Milliardär, dem unabhängig von der «Washington Post» auch 16 Prozent der Amazon-Aktien gehören, führt Trump einen Privatkrieg. Vielleicht, weil durch den Aufstieg des Online-Handels klassische Einkaufsmeilen an Bedeutung und Umsatz verlieren, darunter auch die Fifth Avenue in New York, wo mit dem Trump-Tower das Filetstück von Trumps Immobilienvermögen steht.

Mit der «Washington Post» führt Trump einen offenen Verbalkrieg. Immer wieder erneuert er seine These: Medien wie das Hauptstadtblatt, die «New York Times», und der Sender CNN seien «Fake News» – und damit «Feinde des Volkes». 

Mit «New York Times»-Herausgeber A. G. Sulzberger traf sich Trump jüngst. Sulzberger erklärte, dass er Trumps Sprachwahl «nicht nur für polarisierend, sondern für zunehmend gefährlich» hält. Der Präsident blieb bei seiner Rhetorik und warf den Medien vor, eine «enorme Menge Fake News» zu produzieren (personelich.com berichtete).

Trump unterteilt die Medienlandschaft in gut und böse – aus seiner ganz persönlichen politischen Sicht. Die «Washington Post» und Bezos sind böse. Fox News und dessen Besitzer Rupert Murdoch sind gut.

Verflechtungen mit Murdoch-Imperium

Die Murdoch-Kanäle sind inzwischen zu einer Art Haussender für Trump geworden – mit fast einer Garantie für regierungsfreundliche Berichterstattung. Rupert Murdoch ist im Weissen Haus ein gern gesehener Gast.

Das vielzitierte Interview, in dem Trump in Grossbritannien über Theresa May herziehen durfte, bekam mit dem Boulevardblatt «The Sun» eine Murdoch-Zeitung. Nach dem Gipfel in Helsinki führte Fox News Exklusivinterviews – mit Wladimir Putin und mit Trump. 

Beim allerersten Interview eines ausländischen Mediums des neugewählten Präsidenten Trump fiel die Wahl mit der «Times» ebenfalls auf ein Murdoch-Medium. Nicht nur, dass das Interview mit Michael Gove ein Pro-Brexit-Politiker führte: Berichte, wonach der schillernde Medienzar bei dem Gespräch sogar mit im Raum sass, wurden nie dementiert.

Wie eng die Verflechtungen sind, zeigt auch ein Blick auf Personalien. Mit Heather Nauert ist nicht nur die Sprecherin und Kommunikationschefin des Aussenministeriums eine frühere Fox-Moderatorin. Der neue Kommunikationschef im Weissen Haus, Bill Shine, kommt ebenfalls aus dem Hause Murdoch.

Shine wurde jüngst vom Fox-Journalisten Sebastian Gorka interviewt: Der frühere Mitarbeiter des heutigen ungarischen Regierungschefs Viktor Orban war aussenpolitischer Berater im Weissen Haus, bevor er dort im Fahrwasser von Steve Bannon die Tür gewiesen bekam und bei Murdoch einen neuen Unterschlupf fand. 

Wie der Fox-Rechtsaussen Sean Hannity ist Gorka noch immer im Regierungsumfeld zu finden – etwa beim Gipfel von Präsident Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Singapur.

Unbekannt und gefährlich

Das Imperium von Rupert Murdoch ist aber bei weitem nicht die einzige Medienmaschinerie, die sich fast in der Weise eines Staatsfernsehens für den Präsidenten und seine Regierung ins Zeug legt. Das Medienkonglomerat von Julian Sinclair ist nach Meinung von Experten kaum weniger mächtig. Mit rund 200 lokalen Fernsehstationen ist Sinclair das grösste Mediennetzwerk der Vereinigten Staaten. 

Die CBS-Moderatorenlegende Dan Rather ging vor wenigen Wochen frontal auf Sinclair los. «Leider nutzen einige Medienunternehmer ihre lokalen Plattformen, um mit ihrer eigenen einseitigen Sicht und Agenda zu kontrollieren, was die Menschen denken. Das ist extrem gefährlich für unsere Demokratie», sagte Rather. 

Der frühere Chef der US-Medienaufsicht, Michael Copps, bezeichnete Sinclair mehrmals öffentlich als «das gefährlichste Medienunternehmen, von dem die Leute noch nie gehört haben.» Sinclair liess etwa auf allen seinen Stationen identische Stellungnahmen verlesen, in denen vor «Fake News» gewarnt wurde – in der Summe wurde ein Publikum von vielen Millionen erreicht. 

Sinclair arbeitet eng mit einem weiteren Konsortium zusammen: Nexstar mit Sitz in Texas, ebenfalls erzkonservativ ausgerichtet, gehören über 170 lokale Stationen. Sollte die angestrebte Fusion mit der Tribune Media Group gelingen, würde das erzkonservative Netzwerk 72 Prozent der Haushalte in den USA erreichen.

Sinclair sei etwa «weit überlegen» gegenüber CNN, einem Feindbild Trumps, sagt der Präsident. CNN verwehrte er vor kurzem vor den Augen der Weltöffentlichkeit eine Frage bei einer Pressekonferenz und bezeichnete den regierungskritischen Sender als «Fake News».

Investigativer Journalismus blüht auf

Doch das Zurechtbiegen des Medienszene in den USA und eifriger Mitwirkung der Regierung ist nur ein Teil der Wahrheit. Investigativer Journalismus der Marke «Washington Post» oder «New York Times» blüht unter Trump geradezu auf. Fast alle Skandale um den Präsidenten wurden von liberalen Medien oder mit deren Hilfe in Gang gesetzt. 

Die Vierte Gewalt spielt ihre Macht eindrucksvoll aus. Während die USA auf dem weltweiten Index der Pressefreiheit weiter sinken, profitieren Qualitätsmedien auch wirtschaftlich von der Trump-Show.

Die «Washington Post» übersprang im September vergangenen Jahres die Schallmauer von einer Million Online-Abos. Die «New York Times» legte im ersten Amtsjahr Trumps bei der Online-Ausgabe nach Darstellung des Pew Research Centers um 42 Prozent zu, das «Wall Street Journal» demnach um 26 Prozent. Und die Midterm-Wahlen im November stehen erst noch bevor.

 

Von Michael Donhauser (DPA)



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