27.05.2004

"Fibo Deutsch, darf man für Produktenennungen Geld verlangen?"

Der Beobachter erhebt schwere Anwürfe gegen Ringier und PresseTV. So sollen Firmen verdeckt Gelder zahlen, um in Samuel Stutz' Sendung "Gesundheit Sprechstunde" auftreten zu können. Das Geld fliesse auf Bankkonten der Ringier AG. Im Zusammenhang mit der Sendung würden Artikel in Ringier-Titeln angeboten. Inzwischen hat das Bakom die Eröffnung eines Aufsichtsverfahrens bestätigt. Fibo Deutsch (Bild), Leiter Fernsehen bei Ringier, wiederum dementiert. "persoenlich.com" hat bei ihm nachgehakt. Das Interview:
"Fibo Deutsch, darf man für Produktenennungen Geld verlangen?"

Sie tragen für die Sendung "Gesundheit Sprechstunde" die oberste Verantwortung. Darf man für Produktenennungen Geld verlangen?

Nein, das darf man nicht. Und das machen wir auch nicht. Man kann sich mit Geld auch nicht ein Thema in einer Sendung erkaufen. Es gibt jedoch gemäss Sponsorenreglement die Möglichkeit, eine Sendung finanziell zu unterstützen.

Was dann deklariert werden muss...

Was deklariert werden muss.

Und das machen Sie auch?

Ich darf in einer Sendung keine Produkte anpreisen. Aber ich kann und muss natürlich über gewisse Themen -- etwa ein neues, revolutionäres Medikament -- informieren. Als beispielsweise Xenical auf den Markt gelangte, kam die Redaktion nicht um eine Berichterstattung herum. Dennoch hätte der Hersteller Roche nicht einfach mit Geld einen Beitrag erkaufen können.

Aber eine Verbindung besteht...

Kompliziert wird es nun da, wo Ringier als Multimedien-Unternehmen verschiedene Geschäftsbeziehungen zu einer Firma unterhält: Auftragsfilme etwa, eine Präsenz bei der Gesundheitswoche oder auf dem Gesundheitsschiff, das als eine Art "schwimmende Mustermesse" funktioniert. Solche Aktivitäten brauchen wir, um die Defizite des Fernsehens decken zu können. Es wird aber schnell einmal der Vorwurf erhoben, eine Firma sei nur wegen diesen Geschäftsbeziehungen in die Sendung gelangt.

Wer garantiert das?

Die Firewall für die Berichterstattung muss letztlich immer die Redaktion sein. Sie entscheidet unabhängig, ob ein Beitrag im Interesse der Zuschauer, der Patienten, sei. Das ist das einzige Kriterium. Nehmen wir Ferdy Kübler, der sehr schlecht gehört hat, bis er ein neues Hörgerät der Phonak bekam. Da liegt es doch journalistisch nahe, Kübler in die Sendung über Hörgeräte zu holen, auch wenn kein Geld fliesst. Zumal kein Geld direkt in die Sendung fliesst. Letztlich hängt alles vom Rückgrat der Redaktion ab. Und unsere ist imprägniert.

Keinerlei Einflussnahme also?

Wer mit uns in Beziehung tritt, weiss, dass er Inputs zu einem gesundheitlichen Thema geben kann. Ob der seinen Niederschlag findet, entscheidet aber allein die Redaktion. Und auch wenn die Ärztevereinigung FMH als eine Art "Koordinator" auftritt, welcher die Beiträge einzelner Mäzene für eine Gesundheitssendung bündelt, hängt die Thematisierung in der Sendung nicht davon ab, ob diese finanziell unterstützt wird oder nicht. Wenn man nun aber zum Beispiel das Thema Osteoporose nimmt, wo verschiedene Exponenten der Medizin mit uns in Geschäftsbeziehung stehen, wird klar, dass das manchmal eine Gratwanderung ist.

Zusammengefasst: Sie bestreiten, dass im Zusammenhang mit Produktenennungen Zahlungen erfolgen. Haben Ihre Geschäftspartner demnach gegenüber dem "Beo" gelogen?

Nein, Sendungen, in denen Produkte genannt werden, können tatsächlich gesponsert oder finanziell unterstützt sein. Es hat allerdings beim Beobachter eine negative Selektion stattgefunden, denn die im Beobachter-Artikel genannten Organisationen aha! und Lungenliga bestehen zum Wohle der Patienten, sind nicht kommerziell orientiert und verkaufen keine Produkte. Dass ausgerechnet die beiden zum Belegen der These bemüht wurden, kann ich schlicht nicht nachvollziehen. Konkret: Wir wollten damals das Thema Asthma behandeln und sahen in der Selbsthilfegruppe aha! einen kompetenten Partner. Die wiederum wollten bekannter werden, wollten berechtigterweise Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Diese Arbeit sind wir gemeinsam so sind wir angegangen: Broschüre im Vierfarbendruck oder Auftritt im Fernsehen?

Ihr Partner hat also bezahlt?

Was heisst der "Partner"? Wenn wir Öffentlichkeitsarbeit machen für gemeinnützige Institutionen, muss jemand die Aufwendungen decken. Das gleiche gilt für die Lungenliga, die in einer Sendung zum Thema Lungenprobleme samt Kontaktadressen und Mitarbeitern vorgestellt wurde. Dass wir da nachher einen Beitrag an die Produktionskosten erheben, scheint mir logisch, wir sind ein privates Unternehmen. Deswegen muss ich doch nicht zusätzlich darauf hinweisen, dass die Sendung unter Mitarbeit der Lungenliga zu Stande kam. Das sieht der Zuschauer doch selber.

Wenn er genügend geübt ist, vielleicht. Was der Zuschauer aber nicht weiss, ist, dass eine finanzielle Abgeltung stattgefunden hat.

Die Frage der freiwilligen Unterstützung haben wir mit dem BAKOM diskutiert. Meiner Meinung nach muss der Zuschauer das auch nicht wissen, das ist doch wie bei Koproduktionen: Die einen tragen mit Wissensvermittlung bei, die anderen mit Geld. Anders liegt der Fall dort, wo Produkte angepriesen werden. Da akzeptiere ich den Wunsch des BAKOMs zu wissen, ob eine Firma Geld gezahlt hat. Nun ist Samuel Stutz sehr umtriebig und steht an der vordersten Front, pflegt die Kontakte mit den Ärzten, Spitälern und den Pharma-Produzenten und probiert, unsere Medien-Dienstleistungspakete zu finanzieren. Dass er da als Verkäufer auftritt, ist klar. Es schlägt sich aber nicht alles, was er verspricht, auch in der Sendung nieder. Die Redaktion kann intervenieren.

Stutz bietet also Pakete an?

Ja, aber die Sendung ist nicht käuflich! Das muss ich im Namen der ganzen Redaktion bestreiten.

Das Geld der Firmen fliesst dann auf Ringier-Konten...

Logisch, Ringier trägt die finanzielle Verantwortung voll für die Sendungen und auch das Risiko. Dabei bietet Ringier verschiedene Produkte an, was letztlich unserem Unternehmen zu Gute kommt. Wer soll mir Quersubventionierungen verbieten? Die wesentliche Frage lautet natürlich: Muss ich jede Quersubventionierungen ausweisen?

Bürgen Sie dafür, dass Moderator Samuel Stutz nicht, wie vom Beobachter behauptet, für Geld Produkterwähnungen in seinen Sendungen versprochen hat?

Das kann ich nicht wissen, denn ich bin nicht bei allen Gesprächen mit der Branche dabei. Nochmals: Unsere Redaktion würde da nicht mitmachen.

"Da ich für den Medizinteil der SI die Verantwortung trage, werde ich den Artikel natürlich selber einfädeln", soll Stutz einem "Sponsor" geschrieben haben. Ist das für Sie ok?

Ich kann nicht für die Schweizer Illustrierte sprechen. Stutz ist bei uns freier Mitarbeiter auf Honorarbasis. Dass er bei der SI Themen vorschlägt, scheint mir klar.

Sie persönlich finden so eine Verquickung jedenfalls unbedenklich?

Sie ist sicher geeignet, Synergien zu nutzen. Andererseits ist Stutz so besessen vom Patienten-Nutzen, dass er sicher keine PR-Artikel macht.

Was entgegnen Sie Medienprofessor Roger Blum, der von "gekauften" Artikeln spricht, welche als gesponsert gekennzeichnet werden müssten?

Ob ein Fachjournalist einen Artikel aus Gefälligkeit oder aufgrund seiner guten Branchenkenntnis schreibt, liegt in seiner Verantwortung. Die gleiche Frage stellt sich im übrigen auch beim Verhalten von Redaktionen gegenüber ihren Inserenten. Zum letzten Mal: Was zählt, ist das Rückgrat der Redaktion.

Werden Sie gegen den Beobachter vorgehen?

Nein, das hat doch keinen Sinn! Der Journalist hat einfach nicht alle Fakten vollständig präsentiert. Auf diese Weise kann man immer ein einseitiges Bild vermitteln.

Wird es in der Sendung weiterhin Produktennungen geben? Wäre es der Glaubwürdigkeit nicht dienlicher, Sie würden solche zumindest bis zum Abschluss des Bakom-Verfahrens unterbinden?

Nein, so einen Verzicht fände ich völlig falsch: Man kann nicht eine Krankheit und deren Heilung in einer Sendung abhandeln, ohne das Heilmittel zu nennen. Wir werden aber mit dem Bakom zusammensitzen und uns anschauen, wo wir möglicherweise Fehler gemacht haben oder zu wenig transparent waren. Ich behaupte ja nicht, wir hätten alles richtig gemacht. Wenn einer aber "Schleichwerbung" sagt, wirft er bewussten Schwindel vor. Und das haben wir nicht gemacht, wir wollen den Zuschauern gute Informationen bieten. Insgesamt ist die Materie eben äusserst komplex: Einerseits unterliegt die Gesundheitsbranche Werbebeschränkungen, andererseits ist die Finanzierung des Privatfernsehens schwierig. Das ist, wie gesagt, manchmal eine Gratwanderung.


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