24.07.2013

SRF

Filmjournalisten verlangen Weiterführung von "Box Office"

Offener Brief an Roger de Weck, Rudolf Matter und Nathalie Wappler.
SRF: Filmjournalisten verlangen Weiterführung von "Box Office"

Der Schweizerische Verband der Filmjournalisten SVFJ protestiert gegen die Einstellung der SRF-Sendung "Box Office" (persoenlich.com berichtete). In einem offenen Brief an SRF-Generaldirektor Roger de Weck, SRF-Direktor Rudolf Matter und SRF-Kulturchefin Nathalie Wappler hat der Verband, der 150 Filmjournalisten, Filmkritiker und Filmwissenschaftler in der Deutschschweiz, der Romandie und im Tessin vertritt, die kürzlich bekanntgegebene Schliessung der einzigen SRF-Filmsendung kritisiert.

"Box Office" sei das letzte Format gewesen, in dem sich das Schweizer Fernsehen noch kritisch mit neuen Kinofilmen auseinander gesetzt hat. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten habe das Schweizer Fernsehen nun kein Sendegefäss mehr, das sich vertieft mit Film beschäftigt.

Dies sei umso unverständlicher, als Film laut wissenschaftlichen Studien in der Schweiz zu den beliebtesten Kultursparten gehört. So haben in der Deutschschweiz im Jahr 2012 die Kinoeintritte gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent zugenommen. Hierzulande gehen jedes Wochenende deutlich mehr Menschen ins Kino als an Fussballspiele der Super League (auch wenn YB und der FC Basel Heimspiele haben), wie der Verband in dem Schreiben erläutert.

SRF hat in seiner Begründung erklärt, das Nutzungsverhalten der jüngeren Zuschauer habe sich verändert, diese würden sich vor allem im Internet über neue Filme orientieren. Kino spricht jedoch nicht alleine Jugendliche an, im Gegenteil: Die Zahl der Kinoeintritte nimmt in der Altersgruppe der Über-65-Jährigen am stärksten zu. Die sogenannten Babyboomers waren in den 1960er und 1970er-Jahren jung, als man zweimal die Woche ins Kino ging. Nun sind sie pensioniert, haben Zeit und Geld, und entdecken ihr altes Hobby wieder, meinen die Verfasser des Briefes weiter. Sie, aber auch Jugendliche würden sich gerne eine Filmsendung am Fernsehen anschauen, das als audiovisuelles Medium am besten geeignet sei, über Film zu berichten.

Das Versprechen, man werde bei SRF künftig vermehrt in anderen Sendegefässen wie "Tagesschau" oder "Glanz & Gloria" über Film berichten, nimmt der SVFJ mit grösster Skepsis zur Kenntnis. Erstens sei dies bisher schon der Fall gewesen, und zweitens zeige die Erfahrung, dass solche Beiträge sich oft nicht kritisch mit Inhalt und Ästhetik von Filmen beschäftigen, sondern vor allem mit Schauspielstars und Glamour.

Dem SVFJ will nicht einleuchten, weshalb Sparten wie Literatur, Musik und Philosophie eigene Sendungen verdienen, der Film aber ins Internet verbannt werden soll, zumal die Click-Zahlen auf dem Kulturportal tief sind, wie die spärlichen Kommentare und Likes zeigen.

Schliesslich möchte der SVFJ sein Bedauern darüber ausdrücken, dass SRF es versäumt hat, im Bereich Film eigene Experten hervorzubringen. Madeleine Hirsiger, Michael Lang oder Michel Bodmer waren kompetente und geschätzte Filmkritiker, welche der Abteilung Film ein Gesicht gaben. Heute stehe das Fernsehen im Unterschied zu Bereichen wie Unterhaltung und Sport beim Film ohne ernst zu nehmende Stimme da. Das äussere sich leider auch in Beiträgen, zum Beispiel von Filmfestspielen, wo der Fokus vor allem auf der moderierenden Person liegt, und nicht auf den Filmen.

"Wir bitten Sie dringend und fordern Sie auf, den Film ernst zu nehmen und ihm wieder ein Sendegefäss zu geben, bei dem er als Kunstform kritisch beleuchtet wird," richtet sich der Verband an das SRF. (pd)

 



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