10.07.2018

Schweizer Journalist

Heftige Kritik an Tweet des Chefredaktors

Journalisten von «Migros-Magazin», Tagi, SRF oder der «Republik» zeigen «Zimmi» ihr Missfallen sehr deutlich.
von Edith Hollenstein

Ob er sich ins Gespräch bringen will, weil die neuste Ausgabe des «Schweizer Journalist» in diesen Tagen erscheint: Chefredaktor Kurt W. Zimmermann hat es jedenfalls geschafft, die Aufmerksamkeit der Branche auf sich zu ziehen. 

Ein Tweet vom Montag provozierte über hundert Antworten. Zimmermann versucht in seinem Eintrag auf dem Kurznachrichtendienst das journalistische Selektionsverhalten am Beispiel der in einer Höhle in Thailand eingeschlossenen Kinder zu erklären. Die Tatsache, dass und welche Stereotype über Ausländer er dabei verwendet, bringen ihm aussergewöhnlich heftige Kritik ein. Auf seinen Tweet «Enormes Medieninteresse an thailändischen Kindern am Ertrinken. Kein Medieninteresse an Mittelmeer-Flüchtlingen am Ertrinken. Warum? Könnte damit zu tun haben, dass thailändische Kinder nicht in unsere Sozialsysteme einwandern und in der Silvesternacht keine Frauen vergewaltigen» gehen scharfe Antworten ein. Darunter sind solche von in der Branche bekannten Exponenten etwa vom «Migros-Magazin», vom Tagi, SRF oder von der «Republik». 


Am Dienstagnachmittag versuchte «Zimmi» sich in einer Erklärung. Er twitterte: «Hier die gewünschte Ergänzung zu meinem Thailand-Tweet. Man kann die Fragen noch einfacher stellen: Wie viele der 1000 Journalisten, die vor der Höhle stehen, waren zuvor am Mittelmeer, als dort die Dramen spielten? Und warum ist keiner mehr dort? Weil der politische Wind drehte?».

Ob verkaufsfördernd oder nicht, beachtliche Wirkung hat Zimmermann auf jeden Fall erreicht. Das Schweizer Radio und Fernsehen nahm seinen Twitter-Eintrag zum Anlass, den Medienwissenschaftler Michael Haller zu befragen. Er erklärt, was die Höhlengeschichte so attraktiv macht: «Es sind sozusagen archetypische Geschichten, wie wir sie uns von der Antike bis heute immer wieder erzählen wollen.» Und zu Zimmermanns These meint Haller: «Es ist eine Frage, die in die Irre führt, denn es sind zwei ganz unterschiedliche Themenfelder.»



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Kommentare

  • Oliver Brunner, 11.07.2018 12:04 Uhr
    Nicht mit dem Vorschreiber verwandt!! Die Journalistenblase ist empört - so what. Kommt mir langsam vor wie in Deutschland. Eine Einheitsmeinung in den Medien. Wer die nicht teilt, wird fertig gemacht. Dabei ist die Frage von Zimmermann berechtigt. Ich denke er als Medienprofi, weiss die Antwort selbst. Thailand ist ein Kammerspiel mit allen Ingredienzen, um die Leser zu fesseln. Klarer Anfang und Ende (Tod oder Rettung), keine direkte Beeinflussung unseres Lebens aber grosse emotionale Bindung (wenn das mir passieren würde) etc. etc. Aber das Flüchtlingsproblem ist gross, bedrohlich, kaum fassbar, gefährlich und es gibt keine Lösungen.
  • Victor Brunner, 11.07.2018 10:37 Uhr
    Zimmermann hat eine klare Frage gestellt. Ist das Schicksal von Flüchtlingen die uns möglicherweise "bedrohen" weniger interessant als das der 12 Jungen und dem Trainier von Chang Rai, die unsere Sensationslust einige Tage befriedigt haben ohne dass sie etwas von uns wollen? Er versucht damit die Gedankenwelt von Europäerinnen zu erforschen. Dazu meine Frage: gibt es möglichereweise Journalisten die unter dem Druck der Rechten ihre Gesinnung anpassen, weniger oder anders schreiben, und Zimmermann diesen mit seiner Frage auf die Füsse getreten ist? Sind Journalisten, Verleger mitverantwortlich wenn uns das tägliche Drama im Mittelmeer nicht mehr berührt? Daniel Binswanger schreibt von degoutant was besonders peinlich ist. Degoutant ist wenn jemand seine eigene Meinung einer Aussage eines anderen aufdrückt. Wahrscheinlich ist DB der Umgang mit einer klaren deutschen Sprache nicht mehr geläufig, er schreibt lieber gestelzt, ausschweifend abgehoben, zitiert noch ein paar Bücher und gescheite Leute!
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