08.09.2004

"Herr Rohner, warum haben Sie die NZZ der Tamedia vorgezogen?"

Hans-Peter Rohner (Bild), CEO des international agierenden Inseratevermarkters PubliGroupe, steuert die Schweizer Medienszene aus dem Hintergrund. Durch die Vereinbarung mit der NZZ, wonach die PubliGroupe die Akquise übernimmt und im Gegenzug Beteiligungen an der Zürichsee-Zeitung und dem Zürcher Unterländer abtritt, ist das ganze Pressegefüge ins Wanken geraten. Was Rohner wirklich will, verrät er im aktuellen "persönlich rot". "persoenlich.com" bringt einen Ausschnitt:
"Herr Rohner, warum haben Sie die NZZ der Tamedia vorgezogen?"

Herr Rohner, inwiefern ist der NZZ-PubliGroupe-Deal der Auftakt einer grundlegenden Veränderung der Schweizer Medienszene?

Unsere Zusammenarbeit kommt keineswegs so überraschend, wie es überall dargestellt wird. Wir stellen unsere Partnerschaft unter den Titel "Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen der NZZ und der PubliGroupe." Es handelt sich auch nicht um ein Einzelereignis, das man isoliert betrachten sollte. 1992 haben wir der NZZ-Gruppe in St. Gallen den Einstieg ins Regionalzeitungsgeschäft ermöglicht. Dank der PubliGroupe konnte die NZZ später auch beim Bund einsteigen. In Luzern sind wir schon lange engagiert, auch als kleiner Minderheitsaktionär. Im Welschland arbeitet die PubliGroupe sehr lange und erfolgreich mit der Edipresse zusammen. Unsere Strategie ist folgende: Wir möchten uns jeweils mit den "gagnants de demain" -- den Siegern von morgen -- zusammentun.

Tamedia hat nach dem PubliGroupe/NZZ-Deal bereits zurückgeschossen und den neuen Werbeverbund Metropool lanciert und hat jetzt die Achse Zürich, Bern, Basel. Damit hat BAZ-Verleger Matthias Hagemann auch seine Unabhängigkeit von der PubliGroupe demonstriert, die ja mit knapp 40 Prozent am Basler Verlag beteiligt ist. Gerät dadurch der PubliGroupe/NZZ-Deal bereits ins Offside?

Die Frage der Angebotsgestaltung mit Swisspool als Lead-Angebot war und ist separat zu betrachten. Der Swisspool stand seit einiger Zeit zur Debatte, und die Kündigung hat den Weg frei gemacht für neue, marktfähige Angebote im nationalen Zeitungswerbemarkt. Der Metropool ist dabei ein erster wichtiger Schritt, der auch preispolitisch wichtige Signale aussendet. Ich gehe davon aus, dass jetzt bis Ende September in der Deutsch- und Westschweiz weitere innovative Angebotsveränderungen bekannt gegeben werden. Ziel muss sein, die Marktattraktivität der Mediengattung Tageszeitung in der beginnenden Wiederaufschwungphase zu stärken.

Warum haben Sie die NZZ der Tamedia vorgezogen?

Ich würde es so formulieren: Damit ein Vertrag zu Stande kommt, benötigt man mindestens zwei Parteien. Das war hier nicht anders. Es war aber nicht so, dass wir einen Entscheid getroffen hätten, während Tamedia im Wartezimmer Platz nehmen musste. Im Gegenteil: Es waren sich alle Parteien bewusst, dass es sich bei diesem Abkommen um einen wichtigen und wegweisenden Entscheid handelt. Deswegen musste man ihn auch sorgfältig planen und durchführen. Ich glaube nicht, dass Einzelheiten ausschlaggebend waren, warum wir diesen Weg gegangen sind und nicht den anderen.

Die PubliGroupe verfügt in der Schweiz bei rund 40 Zeitungen über Minderheitsbeteiligungen. Wollen Sie diese langfristig -- wie beim NZZ-Deal -- abtreten und gegen Pachtverträge eintauschen?

Es ist klar, dass man die Regie- und Vermittlungstätigkeit sowie unsere Verlagsbeteiligungen unter einem kritischen Aspekt betrachten kann. Das hat auch schon die Wettbewerbskommission getan. Das radikalste Szenario wäre, wenn uns die Weko zwingen würde, diese Beteiligungen zu verkaufen. Deshalb werden wir sicher unsere Minderheitsbeteiligungen -- vor allem was deren Höhe betrifft -- nicht weiter ausbauen. Wichtig ist mir zu betonen, dass wir jede einzelne Beteiligung in Partnerschaft mit dem Mehrheitsaktionär betreiben und daher auch eine bedeutende Verantwortung für die jeweilige Region wahrnehmen. Wir haben noch nie und werden auch in Zukunft nicht Beteiligungen zu Spekulationszwecken einsetzen. Ich kann als Beispiel Solothurn heranziehen; wie auch immer die neue strategische Ausrichtung aussehen wird, es wird eine für die Region Solothurn und deren Bevölkerung gute Lösung sein. Dies kann in einzelnen Fällen auch dazu führen, dass wir übergeordnete Interessen hintanstellen müssen. Unser Engagement gilt -- ich wiederhole mich -- einer wirtschaftlich lebensfähigen, regional stark verankerten Pressestruktur.


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