02.01.2001

Ogi

"Ich bin ein Einhämmerer"

Nach 13 Jahren als Bundesrat ist Adolf Ogi zur Kultfigur geworden. Erst hart kritisiert, ja attackiert, referierte sich der unbeugsame Bergler in die Herzen der Menschen und zog sie in seinen Bann. Wie gewann er ihre Aufmerksamkeit? Wie legte er seine Reden an? Wie plante er seine Medienauftritte? Im neuesten "persönlich", das am Freitag erscheint, erläutert Adolf Ogi seine Strategie. Auf "persoenlich.com" können Sie bereits heute einen Ausschnitt lesen.
Ogi: "Ich bin ein Einhämmerer"

Sie haben sich in den 13 Jahren, in welchen Sie Bundesrat waren, zu einem wahren Meister im Vortragen von Reden entwickelt. Man hört Ihnen zu. Ich würde gern mal wissen, wie ein Manuskript aussieht.

Zuerst muss man wissen: Eine Rede ist nicht eine Schreibe; es gibt nur kurze Sätze; jeder Satz ist eine Zeile; es gibt keinen Schachtelsatz; die Sätze sind repetitiv – ich bin ein Einhämmerer. Ich teile ein Blatt Papier in zwei Hälften ein: Auf der linken Seite stehen die Sätze, auf der rechten Seite steht nur ein Satz; er ist die Zusammenfassung des linken Abschnitts. Dadurch kann ich die Rede verlassen und frei interpretieren, und ich finde auch wieder zurück. Ich lege den Schwerpunkt je nach Gefühl und Situation. Ich passe mich dem Publikum an, denn ich will mit meiner Rede ankommen. Mein Pressechef, Oswald Sigg, zitterte immer bis am Schluss, was ich mit der Rede machte, was ich korrigierte, und rutschte unruhig im Stuhl herum.

Wie viele Reden hielten Sie als Bundesrat?

Ich liess alle Reden sammeln. Sie sind heute in der Militärbibliothek. Sie füllen 155 Bundesordner. Es sind über 2300 Reden. Dabei war ich immer der Meinung gewesen, man solle wenig Reden halten, doch diese sollen gehört werden.

Gemäss Untersuchungen von Medienwissenschaftlern spielt die visuelle Erscheinung und die Haltung eines Politikers die grössere Rolle als der Inhalt seiner Worte.

Man kann sich nicht über eine längere Zeit mit dem Aussehen und der Kleidung durchmogeln. Man kann es bei kurzen Statements im Fernsehen. Da schauen die Leute zuerst auf das Aussehen und die Haltung. Sie schauen darauf, ob man verkrampft oder locker ist. Ob man es ernst oder lustig meint. Aber entscheidend ist immer die Botschaft.

Sie haben die Medien genützt und sich weit aus dem Fenster gelehnt. Sie haben sogar als Kolumnist für den Blick geschrieben, als es um die Olympia-Kandidatur ging. Sind Sie immer sich selbst geblieben?

Ich bin immer ich selbst geblieben.


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