02.01.2002

"Ich glaube nicht, dass Crossair eine vergleichbare Marke sein könnte"

Tyler Brûlé (Bild), Gründer des globalen Lifestyle-Magazins Wallpaper, will zu neuen Ufern aufbrechen. Er arbeitet an einem europäischen News-Magazin. Das Unternehmen ist aber heikel. Denn sein Verlag AOL Time Warner unterstützt das Projekt nicht, aus Angst, das eigene Time Magazine zu konkurrenzieren. Brûlé sagt im "persönlich", das diese Woche erscheint, was Wallpaper so besonders macht, beschreibt seine besondere Beziehung zur Schweiz und zur Swissair und redet darüber, was ihn antreibt. "persoenlich.com" bringt einen Ausschnitt.
"Ich glaube nicht, dass Crossair eine vergleichbare Marke sein könnte"

Sie sind ein News-Journalist. Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee, ein Lifestyle-Magazin zu machen?

Ich interessierte mich immer für Design. Zuerst wollte ich Architekt werden. Zum Journalismus gehört ja auch die Kenntnis um Design.

Handkerum gibt es immer mehr Reportagen in Wallpaper, die auch in einem Business-Magazin stehen könnten. Ist Ihnen das Konzept langweilig geworden?

Nein. Wir haben eben jetzt viel mehr Geld. Wir machten solche Geschichten schon, als wir noch viel kleiner waren. Aber nun, da das Magazin kommerziell erfolgreich ist, können wir auch Leute für eine Story nach Äquatorial-Guinea schicken, ohne uns gross Gedanken über die Kosten zu machen. Wir wollten schon immer ein ganzes Netzwerk rund um den Globus aufbauen. Das haben wir noch nicht erreicht, aber wir arbeiten daran. Wir haben das Magazin auf ein Niveau gebracht, bei dem wir investieren können.

Man hört, Sie arbeiten im Geheimen an einem neuen wöchentlichen News-Magazin...

Darüber darf ich nicht reden, weil AOL Time Warner das nicht will. Der Medienkonzern will dieses Projekt nicht realisieren, aber er will auch nicht, dass ich dafür werbe. Ich würde damit ja meinen eigenen Arbeitgeber konkurrenzieren, denn AOL Time Warner gibt das Time Magazine heraus.

Sie sind nicht nur Journalist, Sie sind auch Werber. Mit der Agentur Wink betreiben Sie eine eigene Agentur, die gleich über der Redaktion von Wallpaper logiert.

Ja, wir gründeten vor drei Jahren unsere eigene Agentur. Das musste sein, denn als Journalist hätte ich Probleme gehabt, gleichzeitig Werbung zu machen. Die Gründung der eigenen Agentur ging auf meine Erfahrungen mit anderen Agenturen zurück, die sich immer wieder um Bilder von uns bemühten, diese ein wenig bearbeiteten, das Ganze als kreativ bezeichneten und Millionen von Dollar dafür kassierten. Dann kam ein Punkt, wo es nicht anging, diesen Leuten zu helfen; wir wollten auch etwas dafür bekommen. Schliesslich sass ich an einer wunderbaren Quelle. Dieses Geschäft konnten wir aber nicht als Wallpaper betreiben. Dazu brauchten wir ein eigenes Unternehmen mit eigenem Personal. Ganz einfach, um Interessenkonflikte auszuschalten.

Und wie lässt sich dieses neue Geschäft an?

Sehr gut. Unsere Agentur startete 1998 und beschäftigt sich mit CI, Customer Publishing, Werbung, Markenführung. Wir arbeiten unter anderem für die Gucci-Gruppe; und wir möchten gerne auch in der Schweiz Fuss fassen. Ich habe im Zusammenhang mit der Swissair-Pleite einen Artikel für die SonntagsZeitung geschrieben, mit der dringenden Aufforderung, die Marke Swissair zu retten.

Wollen Sie gar eine Agentur in der Schweiz eröffnen?

Ja, aber erst dann, wenn wir auch ein paar Aufträge haben. Die Reaktionen auf meine Story in der SonntagsZeitung zeigen mir, dass wir da einen fruchtbaren Boden finden könnten. Das tönte eben nicht wie bei Sepp Moser, der da sitzt und sich über den Zustand der Luftfahrtbranche beklagt, aber keine Lösungen anbietet. Die Leute haben es sehr geschätzt, dass ich als Aussenseiter zehn Ideen hatte, was man tun könnte. Wenn man sich die Schweizer Presse in dieser Krise anschaut, dann tadelt jeder jeden: die Kantone, die Airline, die Banken das Management, aber niemand hatte Lösungen.


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