Herr Yanez, Ende dieser Woche verlassen Sie die SRG nach über 24 Jahren. Was werden Sie am meisten vermissen?
Die Menschen hier am Leutschenbach. Mit vielen bin ich freundschaftlich verbunden. Und es wird wohl Momente geben, in denen ich die Hektik und Intensität des Tagesgeschäfts vermissen werde, vielleicht auch dieses Gefühl, "mittendrin" zu sein.
Warum haben Sie sich für die Leitung des Medienausbildungszentrums MAZ entschieden?
Ich wollte noch einmal etwas Neues, Sinnvolles und Wichtiges anpacken. Für mich erfüllt das MAZ all dies geradezu ideal.
Worauf sind Sie als Chefredaktor des Schweizer Fernsehens am meisten stolz?
Wir sind in wichtigen Feldern stärker geworden: in der Tagesaktualität, in der Einordnung dieser Aktualität und in der Recherche, auch im Zusammenspiel von Aktualität-, Magazin- und Talkformaten. Und natürlich freut es mich, wenn das Publikum unsere Arbeit schätzt. Auch wenn das unsere Kollegen im Print nicht immer wahrhaben wollen: Die Zuschauerzahlen der Info-Sendungen entwickeln sich zurzeit ausnahmslos positiv.
Bevor Sie Chefredaktor wurden, waren Sie in verschiedenen Funktionen tätig, zum Beispiel als Ausland- oder Bundeshauskorrespondent. Was war Ihre beste Zeit?
Meine beste Zeit war ohne Zweifel die des Auslandkorrespondenten in Jerusalem. Es war eine spannende, turbulente und manchmal auch dramatische Zeit.
Welchen Ratschlag geben Sie Ihrem Nachfolger, der in diesen Tagen bestimmt wird, auf den Weg?
Begegne jedem kritisch, der dir Ratschläge erteilt.
Wie gross ist die Machtfülle des Chefredaktors des Schweizer Fernsehens?
Die Verantwortung ist sehr gross. Aber Macht? Das wird überschätzt. Ich habe mich nie mächtig gefühlt.
Hat der Chefredaktor aufgrund der Konvergenz nicht an Macht verloren?
Nein. Die Info-Abteilungen von Radio und TV wurden im überwiegenden Teil des Angebots ja nicht fusioniert.
Wie hat sich der Fernsehjournalismus in Ihrer aktiven Zeit verändert?
Tempo und technische Komplexität haben massiv zugenommen. Auch der Konkurrenzkampf ist nicht zu vergleichen. Heute empfängt jeder Haushalt hunderte von Sendern. Das war vor 25 Jahren noch ganz anders. Hinzu kommt der Siegeszug der Online-Welt, die fortschreitende Verschmelzung von TV und Web. Heute sind Nachrichten anytime und anywhere erhältlich, und meistens erst noch gratis. Heute produzieren wir "mehr mit weniger".
Zu Ihrer neuen Aufgabe: Welche Ziele verfolgen Sie mit dem MAZ?
Diese Ziele werde ich erst zusammen mit dem Team erarbeiten.
Sie treten bereits nächste Woche Ihren neuen Job an. Warum haben Sie sich nicht mehr Erholungszeit gegönnt?
Meine Vorgängerin Sylvia Egli von Matt gibt die MAZ-Leitung nächsten Monat ab. Ich wollte mir die Chance nicht entgehen lassen, von ihr eingeführt zu werden. Und ein früherer Abgang bei SRF war nicht möglich. So kommt es zu diesem Übertritt ohne nennenswerte Pause. Such is life.
Fragen: Matthias Ackeret, Bild: SRF