01.06.2002

In eigener Sache

Anfangs Woche haben wir uns kurzfristig entschieden, die Zeitschrift Meyer’s zu übernehmen. Wir sahen grosses Potenzial in dem seit über hundert Jahren existierenden Titel und hatten Vorstellungen, wie die Zeitschrift erfolgreich weitergeführt werden könnte. Zudem freuten wir uns, eine Anzahl Arbeitsplätze zu retten, die sich in der Nachbarregion unseres Verlagssitzes in Rapperswil befinden.

Die Kurzfristigkeit der Entscheidung war deshalb notwendig, weil der Meyer’s Verlag am Dienstag eine Personalorientierung über die eigene finanzielle Situation einberäumt hatte. Weil wir uns nur innerhalb eines Tages entschieden, den Titel fortzuführen, war es selbstverständlich nicht möglich, ein Konzept über die neue Ausrichtung vorzustellen.

Es war uns aber klar, dass wir aus wirtschaftlichen Überlegungen nur einen Teil der Belegschaft übernehmen konnten. Aufgrund der finanziellen Situation des Meyer’s Verlags musste dieser alle Arbeitsverträge per Ende Mai auflösen. Zugleich wurden 1.2 Millionen Franken auf ein geschütztes Konto einbezahlt, das die Löhne aller 55 Angestellten unter Einhaltung der Kündigungsfristen garantierte. Am Mittwoch erfuhren wir, dass 33 der 55 Angestellten dem Gesamtarbeitsvertrag GAV angeschlossen sind. Die Verkäuferschaft hatte uns gegenüber diese Tatsache negiert. Prompt wurden von der Gewerkschaft Comedia Forderungen und Androhungen von weiteren Kampfmassnahmen aufgestellt, die für uns eine massive Erhöhung des Verlagsrisikos darstellte, das in einer solchen Situation ohnehin schon sehr hoch ist.

Am Donnerstag orientierten wir die Belegschaft von Meyer’s, dass es für uns wirtschaftlich nicht tragbar sei, die neuen, ausserhalb der Verträge entstandenen Forderungen zu übernehmen. Wir teilten weiter mit, dass wir gezwungen sind, vom Verlagsrecht zurückzutreten, wenn die Belegschaft auf die zusätzlichen Forderungen Anspruch erhebt, weil sie finanziell nicht tragbar sind.

Während im Bereich Verlag die Meinung entstand, dass es besser sei, eine Anzahl Arbeitsplätze zu retten als alle zu verlieren, entstand insbesondere in der Redaktion starke Opposition. Wir gaben der Redaktion von Donnerstag Abend bis Freitag Nachmittag um zwei Uhr Zeit, zu einem Entschluss zu kommen und uns zur Orientierung einzuberufen. Diese Zeit liess man ungenützt verstreichen: Wir wurden nicht aufgeboten. Am Freitag wurden wir zudem von Comedia aufs Massivste angegriffen. Die Gewerkschaft schreckte ohne Kenntnis von Historie und Entwicklung nicht vor Worten wie “Erpressungsversuche”, “Arroganz” oder “Gier” zurück. Vor diesem Hintergrund ist es uns schlicht nicht möglich, ein neues tragfähiges Medienunternehmen aufzubauen. So wurde gestern Freitag Abend um 19.00 Uhr der Kaufvertrag zwischen der Verlag Meyer AG und uns im gegenseitigen Einvernehmen wieder aufgelöst. Dabei haben wir zugleich ausgeführt, dass wir bereit sind, auf einer anderen, tragbaren Basis über die Weiterführung des Verlagstitels eine Lösung zu finden.


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