Bis zum 28. August will Ronnie Grob 10'000 Franken sammeln. Sein Ziel: Während sechs Wochen den Wahlkampf beobachten. Der Journalist und Blogger verspricht, jede Woche mehrere Text auf der Webseite zu publizieren, wie er im Projektbeschreib auf wemakeit.ch erklärt. Willige Spender können unterschiedlich hohe Beträge beisteuern. Wer einen Zustupf von 20 Franken leistet, erhält von Grob als Gegenleistung eine handgeschriebene Postkarte und für 200 Franken gibt es eine Führung durch Berlin als Belohnung. Wer noch mehr Bares locker macht, kann sich sogar ein Interview erkaufen. Widerspricht das nicht den Grundsätzen eines Medienkritikers, der sich wiederholt für die strikte Trennung zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten stark gemacht hat? persoenlich.com hat nachgefragt.
Herr Grob, warum setzen Sie für Nachbern.ch auf Crowdfunding statt sich von einem Verlag für die Berichterstattung anstellen zu lassen?
Vor diesem Crowdfunding habe ich versucht, die Finanzierung auf eine andere Weise zu sichern. Die grossen, etablierten Schweizer Zeitungsverlage habe ich nicht angesprochen, weil ich nicht glaube, dass kurzfristige Projekte von aussen dort schnell umgesetzt werden können. Aber ich habe eine ähnlich geartete Idee drei Chefredaktoren mittelgrosser Schweizer Medien vorgestellt, von denen ich mir hätte vorstellen können, dass sie so ein Projekt in ihr Gesamtangebot integrieren können und wollen. Einer antwortete nicht. Zwei andere waren zwar grundsätzlich interessiert, lehnten das Projekt aber ab, weil es finanziell nicht zu stemmen sei. Gefragt hatte ich nach zwei Monatslöhnen, wie sie in der Schweiz üblicherweise bezahlt werden.
Nun versuchen Sie es auf eigene Faust.
Von Verlagen und Redaktionen unabhängig zu sein, ist ja kein Nachteil. So kann ich - sollte der geforderte Betrag erreicht werden - zu 100 Prozent das machen, was ich will.
Stimmt nicht ganz: Je nach dem müssen Sie Leute interviewen, nicht weil sie spannend sind, sondern weil sie Geld für Ihr Projekt gespendet haben. Dass man sich bei Ihnen ein Interview kaufen kann, erstaunt.
Man kann sich für 5'000 Franken, aber auch schon für 1'000 Franken ein Interview erspenden. Und für 500 Franken berichte ich von einer Wahlkampf-Veranstaltung nach Wahl. Die Kritik daran kann ich nachvollziehen. Doch ein Einzelkämpfer wie ich muss den Spendern eben auch etwas bieten. Wer will, soll das "kaufen" nennen, vielleicht ist das auch schon der Fall, wenn ich jemandem einen Kaffee zahle. Mir ist es jedenfalls lieber, dass diese Vorgänge öffentlich einsehbar sind und sauber deklariert werden - und sich nicht im Dunklen abspielen, wie so viele Deals der Medienbranche. Ich bin mir zudem nicht sicher, ob ein Besuch von mir oder ein Interview mit mir tatsächlich als Geschenk angesehen werden kann. Denn meine kritische Haltung werde ich natürlich nicht ablegen, Spende hin oder her.
Sie deklarieren diese Interviews dann als Publireportagen.
Nein, das werde ich nicht tun. Bisher ist auch keine solche Spende eingegangen. Aber sollte jemand tatsächlich über 1'000 Franken für ein Interview spenden, dann wird der Leser natürlich davon erfahren. Die Spende wird offen deklariert und im Gespräch thematisiert.
Sehr gefreut habe ich mich übrigens über das Angebot eines Lesers, die Kosten für die Reise von Berlin nach Bern und zurück nach Berlin zu übernehmen, auch solche Einnahmen werden transparent deklariert. Als privates Angebot ist Nachbern.ch selbstverständlich auch offen für Werbung.
Gegen eine Spende von 300 Franken organisieren Sie am 25. September einen Workshop und offerieren die Teilnahme an einer Abendveranstaltung. Was genau haben Sie geplant?
Diese beiden Events am letzten Tag der Herbstsession werde ich erst planen, falls das Projekt tatsächlich zustande kommt. Den Workshop am Nachmittag werde ich den Bedürfnissen der Teilnehmer entsprechend organisieren: Das Thema wird "Publizieren im Internet" sein, da habe ich ja die letzten Jahre etwas Erfahrung sammeln dürfen. Gegen Abend könnte eine kleine Diskussionsveranstaltung mit zwei, drei interessanten Gästen gut passen.
Fragen: Edith Hollenstein, Bild: blog.ronniegrob.com