02.09.2004

"Martin Muerner, wem gilt die Kampfansage?"

Am Radio Day in Zürich vom 1. September wurde die Gründung von radiopower.ch bekannt gegeben. Was will die neue Interessengemeinschaft erreichen? Wie steht man zu einem möglichen Markteintritt der PubliGroupe? Und drohen jetzt Preisabsprachen? "persoenlich.com" hat mit Martin Muerner (Bild) gesprochen, dem Leiter von radiopower.ch. Das Interview:
"Martin Muerner, wem gilt die Kampfansage?"

Ihr Pressecommuniqué lilest sich wie eine Kampfansage. Gegen wen richtet sie sich?

Das Wort "Kampfansage" scheint mir in der heutigen Zeit unpassend. Vielmehr haben wir erkannt, dass Sender, Vermarkter und Produktionsstudios miteinander etwas für die Branche tun müssen.

Darauf hätte man, mit Verlaub, auch schon früher kommen können.

Früher wurde verschiedentlich versucht, Einzelinteressen vor die Interessen der Gattung Radio zu stellen. Inzwischen ist aber nach dem Abgang verschiedener Pioniere eine zweite Generation von Radiomachern am Werk. Zudem ist die wirtschaftliche Situation für alle Medien härter geworden. Darüber hinaus haben -- nach der turbulenten Ankunft neuer Player -- auch die Radio-Werbevermittler das Ziel, gemeinsam mehr Budget ins Radio zu bringen.

Fürchtet man einen Markteintritt der PubliGroupe?

Erstens freuen wir uns darüber, dass ein so wichtiger Media-Player die Wichtigkeit und die Chancen des Radios erkannt hat. Zweitens wird ein Eintritt für die "P" nicht leicht sein, bestehen doch bereits vier gute Firmen mit grosser Erfahrung. Sollte die PubliGroupe aber -- drittens -- beispielsweise durch eine Übernahme im grossen Stil auftreten wollen, so wäre die Mitarbeit bei Radiopower herzlich willkommen. Bis heute haben wir allerdings erst Absichtserklärungen.

Fakt ist, dass der Kuchen neu verteilt würde. Das dürfte die bestehenden Vermarkter kaum freuen.

Falsch. Der Markt kann noch wachsen, so dass Gewinne eines neuen Mitbewerbers nicht zwingend zulasten der anderen gehen müssen.

Es fällt auf, dass der Citypool der Verlegerradios bei Radiopower nicht mit dabei ist. Warum?

Der Citypool ist integraler Teil des Swiss Radiopool. Radiopower geht auf eine von mir vor zwei Jahren im Verband Schweizer Privatradios (VSP) gegründete Taskforce zurück, welche die kommerzielle Seite besser erschliessen will. Als der Citypool im Frühjahr aus politischen Gründen aus dem VSP austrat, entschloss man sich für eine Weiterführung der Tätigkeiten mit den gleichen Teilnehmern.

Und so hat man Radiopower eben unabhängig vom VSP gegründet?

Nein, Radiopower sollte nie ein Teil des VSP sein. Denn man kann die Vemittler schlecht in einen Interessenverband der Radiobetreiber aufnehmen. Übrigens sind auch die Produktionsstudios nicht Mitglied im VSP und auch nicht bei Radiopower. Sie helfen aber mit, Projekte zu verwirklichen.

Auch Publisuisse betreibt Radio-Vermarktung. Warum fehlt die SRG-Tochter bei Radiopower?

Weil wir als Privatradios bei der SRG weder Sponsoring noch Werbung wünschen.

Spielte bislang noch der -- manchmal zerstörerische -- Markt, so könnte man jetzt Preisabsprachen befürchten.

Der Markt spielt auch weiterhin, jede Station ist in ihrer Preisgestaltung frei. Was aber zum Tragen kommt, ist eine bessere Koordination der Termine. So werden die Tarife dieses Jahr bereits im Oktober vorliegen, und nicht erst wie bisher im Dezember. Mit dieser Koordination kommen wir einem von den Auftraggebern geäusserten Bedürfnis nach Vereinheitlichung nach.

Wie wollen Sie Ihre Ziele denn nun konkret erreichen?

Gattungskampagnen gab es doch schon einige. Die Gattungskampagne, die gerade anlief, ist nur eine von vielen Massnahmen. Für unsere nächste Sitzung haben wir bereits vier bis fünf weitere Projekte traktandiert -- die ich aber noch nicht verraten will. Nur so viel: Wir werden im kommenden Jahr einen eigenen Radiospot-Award vergeben.

Es gibt doch bereits das "Goldene Ohr"?

Dessen Durchführung ergab Schwierigkeiten, Sender. Vermarkter und Spot-Produktionsstudios waren sich nicht mehr einig.

Entschuldigen Sie meine Offenheit, aber Sie haben mich noch nicht so richtig von der Notwendigkeit eines weiteren Radio-Verbandes überzeugt.

Achtung, es gibt keinen weiteren Verband! Radiopower ist eine Interessengemeinschaft. Beim Start kann man eben noch nicht eine Unzahl von Resultaten vorlegen. Und wir haben in nur zwei Monaten doch bereits einiges erreicht: Einen gemeinsamen Stand der verschiedenen Parteien mit ihren einzelnen Exponenten am Radioday gab es beispielsweise noch nie. Ebenso neu ist die gemeinsame sprachnationale Gattungskampagne aller Beteiligten. Gemessen an Schweizer Verhältnissen schreiten wir in einem Mega-Tempo voran, und ich gehe davon aus, dass es so weiter geht.

Das ganz Entscheidende ist aber der gemeinsame Wille. Das ist wichtiger als konkrete Projekte. Wir wollen die Gattung Privatradio stärken und mehr Werbeaufkommen in diesem Land zu den Privatradios verschieben. Alle Zeichen -- etwa das Interesse der PubliGroupe oder jenes der Verleger in den vergangenen zehn Jahren -- deuten in diese Richtung.

Die Kampfansage -- um doch noch auf den Ausdruck zurückzukommen -- gilt demnach der Presse?

Es ist klar, dass steigende Marktanteile beim Radio einen Rückgang in anderen Branchen bedeuten. Wo das sein wird, weiss ich aber nicht. Sicher ist, dass Print in den vergangenen Jahren verloren hat. – Zusammengefasst: Wir wollen das Privatradio im Bereich Werbung besser positionieren, den Markanteil vergrössern und dies alles in gemeinsamer Arbeit. Jetzt geben wir Gas!


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