11.11.2024

Weltwoche

«Meine journalistische Begeisterung war nie grösser»

Weltwoche-Verleger Roger Köppel hat in Sotchi Wladimir Putin getroffen und lobte anschliessend dessen Auftritt. Besteht nicht die Gefahr der Vereinnahmung? persoenlich.com hat nachgefragt.
Weltwoche: «Meine journalistische Begeisterung war nie grösser»
«Immer dranbleiben, nie aufgeben und mit allen reden», sagt Weltwoche-Verleger Roger Köppel. (Bild: Keystone)

Roger Köppel, Sie haben in Sotchi bei einer Konferenz den russischen Präsidenten Wladimir Putin getroffen. Sie sprachen anschliessend von einem «Champions-League»-Auftritt. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?
Weil ich den gut vierstündigen in weitgehend freier Rede gehaltenen Auftritt brillant und gehaltvoll fand. Keine der Fragen war vorher abgesprochen, kein Thema. Wenn Sie einen Bundesrat interviewen wollen, müssen Sie vorher die Fragen oder die Themen einschicken. Um so beschämender ist das tiefe Niveau der Auseinandersetzung bei uns mit Russland durch die Medien und die Politik. Die meisten, die bei uns über Putin und Russland schreiben, haben wenig Ahnung. Aber eine um so dezidiertere Meinung. Wir mussten ja auch jahrelang Unsinn über Trump lesen in den Medien. Oder die SVP und Blocher, um die Schweiz zu nehmen. Das zeigt Ihnen etwa, was die Russland-Berichterstattung wert ist. Ich rate nur, nichts zu glauben.

Putin hat Sie mit «Grüezi» begrüsst. War dies Ihre erste Begegnung mit dem russischen Präsidenten?
Nein. Ich habe ihn vor den Sommerferien in Moskau erlebt im Kreml, als ich Viktor Orbán begleitete. Und ich sah ihn am Brics-Gipfel in Kazan, als einer von Hunderten von Journalisten. Es heisst Putin sei der Teufel. Nun, gibt es den Teufel, schaue ich mir ihn an und mache ein Interview. 

Wie kamen Sie zu dieser Einladung?
Ich habe mich angemeldet.

Besteht nicht die Gefahr, dass man dadurch von den Russen vereinnahmt wird?
Ich bringe ja beide Seiten. Diese Frage sollten Sie aber allen anderen stellen, die seit Jahren ungefiltert nur die Selenskji-Sicht als reine Wahrheit verkaufen. Mit dem Resultat, dass es die Politik glaubt, total einseitig, und unser Bundesrat die Neutralität aushebelte. Man wettete wohl auf eine baldige Niederlage der wieder mal unterschätzten Russen. Und jetzt sitzt die Schweiz im Lager der Feinde Russlands. Und Bundespräsidentin Amherd will in die Nato. Haben wir noch alle Tassen im Schrank? Zurück zur Neutralität!

Sie kritisierten in der Fragerunde, dass Putin gegenüber dem Westen schlecht oder zu wenig kommuniziere. Wie hat er darauf reagiert?
Er sagte, wenn er zu viel mit den Leuten in Westeuropa rede, heisse es, er mische sich in interne Angelegenheiten ein. Er wolle andern aber keine Probleme machen.

Sie haben soeben in Wien einen «Friedensgipfel» in Wien mit Orban und Schröder organisiert und planen nun eine Dolder-Veranstaltung mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić. Was haben Sie 2025 in petto?
Mal sehen. Meine journalistische Begeisterung war nie grösser als heute, allerdings mache ich mir als Schweizer auch ebenso grosse Sorgen über den Kurs unserer Regierung in diesen Zeiten des Krieges und der wirtschaftlichen Misere Europas, die auch eine Folge der falschen Ukraine-Politik am Gängelband der USA ist. Wir müssen zurück zur Souveränität, zur Neutralität, zur Weltoffenheit. Das ist eine Frage des Überlebens für die Schweiz. 

Sie haben bei Ihrem Auftritt auch eine Interviewanfrage an den russischen Präsidenten gestellt. Klappt dies?
Immer dranbleiben, nie aufgeben und mit allen reden.

 


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KOMMENTARE

Peter Tschudi
17.11.2024 10:40 Uhr
Ja, da hat sich einer (recht) verfahren. Aber wenden auf der Autobahn ist eben gar nicht so einfach, sollte es denn der Falschfahrer irgend einmal merken. Und wieder geht ein weiterer Tag mit feigen Angriffen des "Champions" auf Wohnhäuser und zivile Infrastrukturen ins (Ukraine-) Land .. Die "journalistische Begeisterung" war nie grösser? Mein Unverständnis darüber ebenso. Hoffentlich bleibt Herrn Chefredaktors Stube immer schön warm in diesen ungemütlichen Zeiten.
Stephan Feige
13.11.2024 08:16 Uhr
Was ist da nur los, wenn das Radio vor einem Geisterfahrer warnt, man aber Dutzenden begegnet?
Sebastian Renold
12.11.2024 08:36 Uhr
Orbán, Putin, Vučić - sage mir, mit wem du gehst, und ich sage dir, wer du bist!
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