07.04.2020

Von SRF zu CNN Money

«Mir schwebt eine Art LinkedIn-TV vor»

Mit Patrizia Laeri wechselt ein weiteres SRF-Aushängeschild zu den Privaten. Ab 1. Juli wird die 42-Jährige als Chefredaktorin von CNN Money Switzerland amten. Ein Gespräch über künftige Sendungsformate und Perspektiven nach der Coronazeit.
Von SRF zu CNN Money: «Mir schwebt eine Art LinkedIn-TV vor»
2019 wurde sie als «Wirtschaftsjournalistin des Jahres» ausgezeichnet: Patrizia Laeri. (Bild: SRF)
von Edith Hollenstein

Frau Laeri, herzliche Gratulation zur Ernennung als Chefredaktorin. Sie wollen bei CNN Money Switzerland Frauen fördern. Warum ist das dort einfacher als bei SRF?
Klar hätte ich auf der SRF-Wirtschaftsredaktion gerne mehr Frauen gesehen und werde mich jetzt bei den Power-Ladies von CNN Money sehr wohl fühlen. Ich kann dort auf Themen setzen, die mir sehr am Herzen liegen. Ich bin überzeugt, dass die momentane Krise ein Katalysator für eine Wirtschaft ist, die Umweltschutz, Vielfalt und gute Unternehmensführung berücksichtigt. Nur das ist nachhaltig. Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie zerbrechlich die Welt ist und welche Werte in nachhaltigen Geschäftsmodellen steckt. Darauf werden wir bei CNN Money fokussieren.

Vermissten Sie bei SRF ein (Frauen-)Förderungsprogramm?
Nein. Zusammen mit Ladina Heimgartner durften wir SRG-weit ein sehr überzeugendes Diversity-Programm ausarbeiten. Ich konnte bei SRF zudem als Leiterin des Datenprojektes «Chance 50:50» und Initiatorin des Edit-a-thons für mehr Frauen auf Wikipedia sehr viel für die Sichtbarkeit von Frauen und Expertinnen tun und anstossen.

Stimmt es, dass SRF ein zu grosser, träger Dampfer ist, und es darum schwierig ist, innovativ zu sein?
Es gibt sehr viele junge SRF-Formate, die unglaublich innovativ sind. Ich denke da beispielsweise auch an «Forward». Das Feld der Wirtschaftsberichterstattung ist leider begrenzt. SRF ist kein Business-Sender. Bei CNN Money Switzerland habe ich nun eine Spielwiese für neue innovative Wirtschafts-Formate.

«Ich kann den Frauen nicht ständig predigen, mehr Verantwortung zu übernehmen und dann ablehnen, wenn ich selber Chefin werden kann»

Welches ist der Hauptgrund für Ihren Wechsel?
Ich kann den Frauen nicht ständig predigen, mehr Verantwortung zu übernehmen und dann ablehnen, wenn ich selber Chefin werden kann. Walk the talk.

CNN Money Switzerland (CNNMS) kam irgendwie nicht so richtig auf Touren. Woran könnte das gelegen sein?
Das würde ich so nicht sagen. CNNMS fokussierte von Anfang an auf ein Nischenpublikum – und zwar ein sehr interessantes und vernetztes. Das sind Menschen, welche die Zukunft der Wirtschaft in der Schweiz mitgestalten wollen. Man vergisst auch, dass die Schweiz CNNMS eine globale Stimme hat. Die Programme werden auch im Ausland geschaut.

Bis Ende 2019 wollte CNNMS auf 115'000 Zuschauer kommen. Wie sind die Zahlen aktuell?
Wir müssen wegkommen von dieser falschen analogen Reichweiten-Messung. Immer wichtiger werden vor allem die Views online und den sozialen Medien.

Was für Ziele haben Sie diesbezüglich?
Wir wollen die CNN-Money-Inhalte vermehrt über die digitalen Kanäle vertreiben und unsere Online-Präsenz ausbauen und stärken. Als grosse Newsletter-Enthusiastin lege ich auch auf diesen Bereich einen Fokus und werde persönlich einen Brief an interessierte Zeitgenossen schreiben. Nicht, dass jemand unsere Top-Stories der Woche verpasst.

Wie, mit welchen Veränderungen, wollen Sie das erreichen?
Mir schwebt eine Art LinkedIn-TV vor. Wir produzieren und distribuieren unseren Content dort, wo er interessiert, diskutiert und weiterentwickelt werden kann. Menschen verbringen täglich rund drei Stunden auf den sozialen Medien. Wir wollen mit ihnen dort sein. Alles rund um die Zukunft der Arbeit, Weiterbildung und Karriere wird man in unseren Formaten finden. CNNMS ist also einerseits ein linearer TV-Sender, die Expansion ins Ausland soll jedoch mit innovativen Technologien ermöglicht werden - neben den Sozialen Medien sind auch Smart-TV-Formate denkbar. Und die können auch auf Deutsch sein. 

«Wir expandieren in die deutschsprachigen Märkte und wollen deshalb neu auch Formate auf Deutsch produzieren»

Bei welchen Sendungen werden Sie selber am Bildschirm zu sehen sein?
Wir expandieren in die deutschsprachigen Märkte und wollen deshalb neu auch Formate auf Deutsch produzieren. Ich persönlich arbeite an einem Diversity-Format. Aber ich möchte vor allem für meine Kolleginnen wie Hannah Wise, Ana Maria Montero, Olivia Chang und Tanya König neue (digitale) Formate und Serien entwickeln.

Wie gross ist Ihr Team?
Wir sind mitten im Aufbau und zurzeit 15 Leute. Das Team wurde bereits mit ausgewiesenen Business Writers und Digital Content Produzentinnen verstärkt.

Was passiert mit Ihrer Blick-Kolumne
Die #aufbruch-Kolumne liegt mir sehr am Herzen. Ich konnte da immer auch über Anti-Mainstream-Wirtschaftsthemen schreiben und Diskussionen lancieren. Sie war ein guter Gradmesser. Welche Themen interessieren die Menschen wirklich? Ich habe dank der Kolumne auch zweimal in Folge die Auszeichnung der TopVoice LinkedIn DACH erhalten. Jetzt würde ich gerne mindestens die 100ste erreichen. Bis jetzt habe ich 56 geschrieben.

 

Das Interview wurde schriftlich geführt.

 



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