01.07.2016

SRG

Neuer Präsident heisst Jean-Michel Cina

Das Rätselraten hat ein Ende: An der ausserordentlichen Delegiertenversammlung in Bern wurde der Walliser CVP-Politiker in das Amt des Verwaltungsratspräsidenten gewählt.
SRG: Neuer Präsident heisst Jean-Michel Cina
Tritt die Nachfolge von Viktor Baumeler an: Der Walliser Rechtsanwalt Jean-Michel Cina.

Am 1. Mai 2017 übernimmt der Walliser CVP-Staatsrat Jean-Michel Cina das Amt. Er wurde von der ausserordentlichen Delegiertenversammlung der SRG zum Nachfolger des zurücktretenden Viktor Baumeler gewählt. Die Suche nach einem neuen SRG-Präsidenten dauerte ausnehmend lange.

Die Wahl erfolgte mit 36 Ja- zu 3 Nein-Stimmen. Die Delegierten seien damit dem Vorschlag des Verwaltungsrats gefolgt, teilte die SRG am Freitag mit. Sie hätten sich für eine erfahrene, in Politik und Wirtschaft vernetzte Persönlichkeit entschieden. Der 53-jährige Rechtsanwalt und Notar stehe für den Föderalismus der Schweiz und der SRG.

Mit Cina werde «eine dynamische Persönlichkeit» neuer Präsident, sagte Baumeler vor den Medien in Bern. Cina sei in Bern gut verankert, verfüge über gute Verbindungen in die anderen Parteien und sei zudem perfekt bilingue. Er werde den Verwaltungsrat dank seiner Erfahrung verstärken und den Dialog mit der Politik fördern. «Es gilt, die SRG für die digitale Zukunft zu wappnen.»

Service-public-affin

«Ich freue mich, diese Aufgabe zu übernehmen», kommentierte Cina seine Wahl. Es sei «eine Ehre, aber auch eine Verantwortung, Präsident des öffentlichen Medienhauses SRG zu sein.» Erst recht in dieser Zeit des Umbruchs.

Die SRG werde die Herausforderungen meistern, gab sich der CVP-Politiker überzeugt. Eine seiner Prioritäten werde sein, sich konstruktiv in die Diskussion über einen digitalen Service public einzubringen. In der Medienmitteilung bezeichnete er sich selbst als «überzeugten Vertreter des Service public.» Dies unterstreicht auch SRG-Sprecher Daniel Steiner gegenüber persoenlich.com. Cina sei ein überzeugter Vertreter des Service public, so Steiner.  Denn öffentliches Medienhaus mache vieles, was private Medienhäuser nicht tun.

Schlüsselrolle bei der Abwahl von Ruth Metzler

Cina war von 1999 bis 2005 Nationalrat und ist seit 2005 Volkswirtschaftsdirektor des Kantons Wallis. Aktuell präsidiert er die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK). Der Walliser schloss das Studium der Rechte an der Universität Bern mit dem Lizenziat ab und erlangte das Anwalts- und Notariatspatent des Kantons Wallis. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Landesweite Bekanntheit erhielt Cina als CVP-Fraktionspräsident. Die ehemalige Bundesrätin Ruth Metzler warf Cina nach ihrer Abwahl (2003) in einem Buch vor, er habe zusammen mit dem damaligen Bundesrat Joseph Deiss und dem ehemaligen Parteipräsidenten Philipp Stähelin mit einer falschen Strategie zu ihrem Sturz beigetragen. Statt Metzler zog anschliessend SVP-Vertreter Christoph Blocher in die Landesregierung ein.

74 Namen

Das Mandat wurde nicht öffentlich ausgeschrieben. Stattdessen wurde eine Headhunterfirma mit der Suche nach geeigneten Kandidaten beauftragt. Diese erstellte eine Liste mit 74 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Medien und Politik zuhanden des Nominationsausschusses.

Der Ausschuss unter der Leitung von VR-Mitglied Jean-François Roth empfahl dem Verwaltungsrat nach Abschluss eines Evaluationsverfahrens zwei Kandidaturen. Der Verwaltungsrat entschied sich schliesslich für Jean-Michel Cina.

Falsches Signal
Die Wahl stösst allerdings auch auf Kritik. Die «Aktion Medienfreiheit», die von SVP-Nationalrätin Natalie Rickli präsidiert wird, zeigte sich am Freitag über die Wahl irritiert. Das Amt sei «einmal mehr parteipolitisch besetzt worden», heisst es in einer Medienmitteilung. SRG-Mediensprecher Daniel Steiner meinte gegenüber persoenlich.com, dass die Parteizugehörigkeit von Cina keine Rolle gespielt habe. Gleichwohl ist es eine Tatsache, dass in den Führungsgremien der SRG in den letzten Jahren überproportional viele CVP-Vertreter hatte.
Nach dem «dürftigen Service public»-Bericht des Bundesrats sei dies ein falsches und seltsames Signal. Gefragt gewesen wäre eine Führungspersönlichkeit aus der Wirtschaft mit Erfahrung im Medienbereich; gewählt worden sei ein «Politiker, welcher den Status quo verteidigt und auf einen weiteren Ausbau der SRG hinarbeitet», so die SRG-Kritikerin und Goldbach-Mitarbeiterin Natalie Rickli.
Dass der neue Präsident aus der Politik kommt, war auch an der Medienkonferenz Thema. Beim Auswahlverfahren seien durchaus auch Kandidaten aus der Privatwirtschaft mitberücksichtigt worden, sagte Verwaltungsratsmitglied Roth auf eine entsprechende Journalistenfrage.
Es habe sich aber gezeigt, dass für das Amt nur jemand in Frage kam, der eine besondere Affinität für den Service public mitbringe. Dies sei bei Cina der Fall gewesen. Der Bundesrat habe auf die Wahl keinen Einfluss genommen, betonte Baumeler vor den Medien.

Übergangspräsident

Baumeler war Ende November 2015 zum SRG-Präsidenten gewählt worden. Es war vorgesehen, dass er das Amt bis zur Findung einer definitiven Nachfolgerin oder eines definitiven Nachfolgers wahrnehmen werde, aber längstens bis 2017.

Von 2012 bis 2015 war Baumeler Vizepräsident des SRG-Verwaltungsrates, danach leitete er diesen interimistisch. Diese Lösung erfolgte nach dem Rücktritt des früheren SRG-Präsidenten Raymond Loretan im Sommer 2015. Der Genfer CVP-Mann wollte sich damals Zeit nehmen für seinen Wahlkampf als Ständeratskandidat. Gewählt wurden schliesslich Liliane Maury Pasquier (SP) und Robert Cramer (Grüne). (sda/lcv/ma)

Bild: zVg


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