06.03.2025

Blick

Nicht nur die Chefin findet die Beschallung eine Bieridee

Mit Musik motiviert in den Tag starten: Auf Anregung von Blick-Chefin Steffi Buchli erklingt neuerdings jeden Werktag um 8.55 Uhr im Ringier-Newsroom ein von Mitarbeitenden ausgewähltes Musikstück als «Wake-up Call». Nicht zur Freude aller.
Blick: Nicht nur die Chefin findet die Beschallung eine Bieridee
So sieht es im Blick-Newsroom jeden Werktag um 8.55 Uhr aus, wenn die Morgenbeschallung losgeht – findet die KI. (Bild: Dall·E)

Als Steffi Buchli jüngst den Blick-Newsroom betrat, fand sie: «Krass, wie leise und ruhig es da ist. Es wäre doch cool, die Stimmung ein bisschen anzuheizen mit fünf Minuten Spassbeschallung.» Das erzählte die Chief Content Officer von Blick und Ringier Medien Schweiz in ihrem wöchentlichen Blick hinter die Kulissen, den sie jeden Samstag als Videostatement via Newsletter verbreitet. 

«Blick DJ of the Day» wählt den Song aus

Als Massnahme gegen die «Totengräberstimmung» lancierte die Chefin einen morgendlichen Wake-up Call mit fünf Minuten Beschallung. An jedem Wochentag verantwortet fortan eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter den musikalischen Morgenappell. Um 8.55 Uhr, fünf Minuten vor der Redaktionssitzung, erklingt ein Song, den die oder der «Blick DJ of the Day» ausgewählt hat. Ihre Wahl sollen die Newsroom-DJs im Redaktions-Chat kurz begründen. 

Ein älterer Redaktor entschied sich für «Du hast mich belogen» von Andrea Berg mit dem Kommentar «Sicher vielen Leuten schon passiert». Ein etwas jüngerer, aber auch nicht mehr ganz junger, Kollege wählte einen Track von Netsyk und schwelgte in Erinnerungen an Techno-Partys in den 2000er-Jahren.

Steffi Buchli hält ihre «Bieridee», wie sie das Projekt bei der internen Ankündigung nannte, für «grossartig». Beim Personal fällt die Bilanz nach der ersten Woche Morgenbeschallung durchzogen aus. Die einen finden es eine «tolle Idee», andere wiederum halten die «Bieridee» für eine Bieridee und entziehen sich der Zwangsbeschallung, indem sie nun pünktlich um 9 Uhr zur Sitzung erscheinen und keine fünf Minuten früher.

Eine «irre Idee», selbst wenn sie gut gemeint war

Ein paar grundsätzliche Gedanken zur Musik-Aktion im Blick-Newsroom machte sich derweil ein ehemaliger Blick- und Ringier-Mitarbeiter. In seinem Musikmagazin «Negative White» stellt Janosch Tröhler die verordnete Fröhlichkeit in den grösseren Kontext der Befindlichkeit der Medienbranche. Tröhler hält sie für eine «irre Idee», selbst wenn sie gut gemeint sei, und zitiert eine Reaktion, die ihm zu Ohren gekommen war: Es sei zwar lustig zu erfahren, was andere Leute für Musik hören, fand ein Blick-Mitarbeiter. Das ändere aber nichts an den niedrigen Gehältern und den unzähligen Problemen in den Redaktionen. Woraus Tröhler schliesst, dass es vielleicht wichtiger wäre, den Angestellten zuzuhören, anstatt ihre Stimmen in Musik zu ertränken.


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