18.03.2002

Noch kein Entscheid beim Beobachter

Sitzungsmarathon bei der Jean Frey AG: Am Montag um 13 Uhr traf sich die gesamte Beobachter-Crew mit der Jean Frey-Spitze. Anwesend waren CEO Filippo Leutenegger und sein Stellvertreter Peter Kümmerli, VR-Präsident Christoph Richterich, Verwaltungsrat Heik Ahfeldt sowie Martin Wagner, Konzernanwalt der Basler Mediengruppe. Um 15.30 Uhr wurde dann die gesamte Jean Frey für eine Informationsveranstaltung zusammengerufen. Alles Weitere auf "persoenlich.com".

Am Montag um 13.00 Uhr fand in der Jean Frey AG eine Sitzung mit den MitarbeiterInnen des Beobachter statt. Einem Teilnehmer zufolge sei noch kein Entscheid gefallen, die Redaktion werde in den kommenden Tagen über das weitere Vorgehen diskutieren. Dies lässt zumindest vermuten, dass dem Beobachter diskussionswürdige Angebote gemacht worden sind. Denn an der Haltung der Redaktion hat sich den Aussagen des Teilnehmers zufolge nichts geändert. Die Fragen nach konkreten Resultaten und Verlauf der Sitzung wollte der Teilnehmer aber nicht beantworten. Die Redaktion gebe einstweilen auch kein Communiqué heraus.

Um 15.30 Uhr wurde dann die restliche Jean Frey zusammengerufen. CEO Filippo Leutenger soll von der "schwierigsten Situation in den 25 Jahren als Medienschaffender" gesprochen haben. Er gab bekannt, Ringier habe kein konkretes Angebot für den Beobachter gemacht. Eine aus dem Publikum an den Beobachter gerichtete Frage nach Sinn und Ziel des Aufstands wollte niemand beantworten. Die Türen beim Beobachter seien jedoch für Kollegen der anderen Titel, die das Gespräch suchten, offen, sagte ein Redaktionsmitglied.

Insgesamt scheint der Rückhalt des Beobachters innerhalb der Jean Frey nicht uneingeschränkt zu sein. Verschiedentlich wird signalisiert, man empfinde das Vorgehen als Verrat. Der ebenfalls anwesende Jean Frey-Verwaltungsrat Heik Ahfeldt habe sich ob den Vorgängen überrascht gezeigt.

Bilanz-Chefredaktor Médard Meier soll die Darstellungen in der Sonntagspresse im Bezug auf Abspaltungstendenzen in seiner Redaktion als übertrieben bezeichnet haben. Dieser Meinung will sich auch der Verwaltungsrat angeschlossen haben. Im Bezug auf die noch immer geheim gehaltenen Namen der Investoren will man weiterhin erst Ende März Stellung nehmen. "Leerlauf pur", meinte ein enttäuschter Sitzungsteilnehmer denn auch nach Abschluss der Veranstaltung, gegenüber "persoenlich.com".

In einer Medienaussand um 16.18 Uhr bekräftigte dann die Jean Frey AG, dass der Beobachter bei ihr bleibe. Es werde mit keinem Verlagshaus über einen isolierten Verkauf verhandelt. Hingegen habe die swissfirst Bank AG, welche die Jean Frey besitzt, verschiedene Angebote zur Übernahme des gesamten Verlagshauses erhalten. Weiter heisst es: "Die öffentliche Einladung von Ringier an die Beobachter-Journalisten, kollektiv in diesen Verlag überzulaufen, sowie der erweckte Eindruck eines isolierten Interesses von Ringier am Beobachter haben Verwaltungsrat und Geschäftsleitung der Jean Frey AG mit Befremden zur Kenntnis genommen." Inwieweit dahinter die Absicht gewisser Kreise stecke, den Unternehmungswert der Jean Frey AG insgesamt zu schmälern, könne nur vermutet werden.

Ringier-Konzernsprecher Fridolin Luchsinger meinte auf Anfrage von "persoenlich.com", die swissfirst sei offenbar sehr nervös, da sie gleich zwei Tatsachen ins Gegenteil umkehre. "Zum einen war es nicht das Haus Ringier, das eine öffentliche Einladung an die Beobachter-Redaktion ausgesprochen hat, sondern die Redaktion selber, die öffentlich gesagt hat, zu Ringier wechseln zu wollen." Worauf Michael Ringier erklärt habe, dass, wenn dem so sei, sie willkommen sei. "Zum zweiten haben wir immer erklärt, die Jean Frey als Ganzes übernehmen zu wollen. Uns nun im Nachhinein ein 'isoliertes Interesse' am Beobachter zu unterstellen ist lächerlich." Ringier habe denn auch swissfirst in der letzten Woche ein neues Kaufangebot für den ganzen Verlag mit allen vier Titeln unterbreitet.


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