07.01.2021

Nachrichtenagentur unter Druck

NZZ arbeitet seit 2021 ohne SDA-Meldungen

Ein intern entwickeltes Kuratierungstool unterstützt die Redaktion neu dabei, die aktuelle Nachrichtenlage abzudecken. «Damit gehen wir mit der Zeit», heisst es bei der NZZ. Sie bezieht nur noch die Bilder von Keystone-SDA.
Nachrichtenagentur unter Druck: NZZ arbeitet seit 2021 ohne SDA-Meldungen
Bilder ja, Texte nein: Keystone-SDA, seit 2019 in Bern-Wankdorf ansässig, verliert durch den Entscheid der NZZ weitere wichtige Einnahmen. (Bild: Keystone/Alessandro della Valle)

Nach 20 Minuten und CH Media auch die NZZ: Seit dem neuen Jahr arbeitet die NZZ-Gruppe ohne die Texte, die die Schweizerische Nachrichtenagentur Keystone-SDA anbietet. Dies schrieb Aline Wanner kürzlich in einer NZZ-am-Sonntag-Kolumne mit dem Titel «Wo kommt in Zukunft die Nachricht her?».

«Die NZZ wird weiterhin ein substanzielles Dienstleistungspaket von Keystone-SDA beziehen. Seit dem 1. Januar verzichtet sie jedoch auf den Bezug des Basisdienstes Text», bestätigt NZZ-Kommunikationschefin Seta Thakur auf Anfrage von persoenlich.com. Stattdessen setzt das Unternehmen auf eine eigene, technische Lösung: Ein intern entwickeltes Tool, das Informationen aus verschiedenen Quellen kuratiere, unterstütze die Redaktion neu dabei, die aktuelle Nachrichtenlage abzudecken. «Damit gehen wir mit der Zeit. Gleichzeitig können wir unsere News-Leistungen im Markt noch besser differenzieren», so Thakur.

Nur noch die Bilder von Keystone

Wird die NZZ also künftig mit diesem technischen Tool Texte von anderen Plattformen zitieren oder paraphrasieren? Nein, denn beim Tool «geht es ausschliesslich um die Überwachung der Newslage», so Thakur. Wie gross der nun wegfallende Anteil an den gesamten Dienstleistungen ist, die die NZZ von Keystone-SDA bezieht, will Thakur nicht sagen. Lediglich: «Wir haben den Basisdienst abbestellt und beziehen nur noch die Bilder von Keystone.»

Die Nachrichtenagentur steht zunehmend stark unter Druck. Im Dezember wurde bekannt, dass die Pendlerzeitung 20 Minuten ab 2021 auf sämtliche Angebote von Keystone-SDA verzichtet (persoenlich.com berichtete). Auch CH Media und die Menigs-Gruppe beziehen weniger Agentur-Leistungen, sondern bauen selber eigene Nachrichtendienste auf.

«Notwendiges Grundangebot»

Keystone-SDA will sich auf Anfrage vorerst nicht zu den verlorenen Aufträgen äussern. Die grundsätzliche Haltung ist jedoch klar, wie das Statement der Keystone-SDA-Chefredaktorin Nicole Meier in einer persoenlich.com-Umfrage zum Jahresanfang zeigt: «Die Agentur ist dazu da, ein Grundangebot bereitzustellen, damit sich die Kundenredaktionen auf ihre Eigenleistungen fokussieren können. Ich persönlich finde es nicht zielführend, wenn Medienhäuser die Strukturen, die für diesen Nachrichtenteppich notwendig sind, selbst aufbauen wollen.»


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KOMMENTARE

Rudolf Penzinger
08.01.2021 10:59 Uhr
Es ist noch nicht so lange her, da baute die NZZ ihr Inland-Korrespondentennetz ab. Jetzt verzichtet man auch noch auf die SDA. Was bleibt ausser dem Bundeshaus? - Wird die Inland- jetzt ganz durch die laufend ausgebaute Deutschland-Berichterstattung ersetzt?
Victor Brunner
07.01.2021 13:05 Uhr
Artikel: "Ein intern entwickeltes Tool, das Informationen aus verschiedenen Quellen kuratiere...". Auf Deutsch auch die NZZ vertraut auf "LeserreporterInnen". Warum die Kräfte nicht gleich mit 20 Minuten, Watson, BLICK bündeln. Auf Keystone SDA Texte verzichten heisst aus der Fläche zurückziehen und mit billigem "Mist" die LeserInnen zu füttern! Und die NZZ will sich noch mit Steuergeldern über Wasser halten.
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