05.01.2021

Umfrage Chefredaktoren

Das sind die Herausforderungen 2021

Das neue Jahr hat begonnen, das alte ist Geschichte. Welche Hürden werden wohl 2021 auf die Schweizer Medienlandschaft zukommen? persoenlich.com wollte dies von ausgewählten Chefredaktorinnen und Chefredaktoren wissen.
Umfrage Chefredaktoren: Das sind die Herausforderungen 2021
Eine geballte Ladung redaktionelle Entscheidungsmacht: Die 17 Chefs, die an der Umfrage teilgenommen haben. (Collage: persoenlich.com, Bilder: zVg.)
von Matthias Ackeret

Ein neues Jahr hat begonnen und die Schweizer Medien stehen unter dem Joch der Pandemie. Doch wie steht es um die Stimmung in der Branche? persoenlich.com wollte zum Start ins neue Jahr den Redaktionen den Puls fühlen und fragte ausgewählte redaktionelle Chefinnen und Chefs: Was sind für Sie die grössten Herausforderungen in diesem Jahr?

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Jonas Projer, Chefredaktor Blick TV

«Fokussieren auf den Inhalt. Unser Team und der ganze Blick-Newsroom haben Blick TV gebaut. Es funktioniert – beispielsweise am Montag zum Impfstart zeigte die Redaktion wieder eine hervorragende Berichterstattung. Nun geht es für Blick TV darum, sich nach der wilden Aufbauphase ganz auf den Inhalt zu fokussieren und dort weitere Akzente zu setzen. Unsere Parole lautet: Mut gegenüber Mächtigen. Offenheit gegenüber Andersdenkenden. Fairness gegenüber allen.»


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Markus Somm, Chefredaktor Nebelspalter

«Aus dem Nebelspalter wieder eine der wichtigen Zeitungen des Landes zu machen, ist meine grösste Herausforderung in diesem Jahr. Die DNA des Nebelspalters ist so fantastisch, dass man nur mit Demut an diese Sache herangehen kann.»



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Roger Köppel, Chefredaktor und Verleger Weltwoche

«Jede Woche eine noch bessere Weltwoche. Und jeden Tag, pünktlich um 6.30 Uhr morgens, unser Weltwoche Daily, das unverzichtbare politische Weiterbildungs- und Horizonterweiterungsprogramm gegen die grassierende Weltuntergangsbegeisterung in den Medien.»




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Christof Moser, Chefredaktor Republik

«Meine grösste berufliche Herausforderung für 2021? Nun, wer weiss schon, was dieses Jahr alles an Überraschungen bringen wird. Stand jetzt vermute ich: Mit der Crew zusammen die richtigen Entscheidungen zu treffen, wie die Republik ihr anhaltendes Wachstum im Leserinnenmarkt in strategisch kluge publizistische Investitionen umwandeln kann.»


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Roger Elsener, Geschäftsführer Entertainment CH Media

«Mit der nach wie vor schwierigen Corona-Situation steht uns generell ein herausforderndes Jahr bevor. Der Werbemarkt wird sich im Jahr 2021 noch nicht vollständig erholen, wobei mich der positive Trend im vierten Quartal 2020 optimistisch stimmt. Im Nutzermarkt wird der Content über den Erfolg entscheiden und da sind wir sehr gut aufgestellt: Mit unserer News- und Musikkompetenz, den neu erworbenen Champions League Rechten, der erstmaligen Übertragung der Swiss Music Awards, dem neuen Format ‹Abenteuerlustig› mit Nik Hartmann und Claudio Zuccolini und vielen weiteren Programmhighlights werden wir 2021 Vollgas geben. Weitere herausfordernde Projekte, auf die wir uns im 2021 freuen, werden unser Umzug in die neuen Studios in Oerlikon, der Start von ArgoviaToday und der Launch unserer Streaming-Plattform sein.»




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Maurice Thiriet, Chefredaktor Watson

«Die Herausforderung wird für die Chefredaktion eines rein digitalen und vorwiegend mobilen Mediums mit eher jüngerer Userschaft im Jahr 2021 dieselbe sein wie in den Jahren zuvor: Schritt halten mit den schnell wechselnden Mediennutzungsgewohnheiten des Publikums. Mit welchen Storytelling-Formaten versorgt man via welche Plattformen welche Zielgruppen mit subjektiv wie objektiv relevanten Informationen, Debattenbeiträgen und Unterhaltungsformaten gleichermassen zuverlässig und gut?»


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Nicole Meier, Chefredaktorin Keystone-SDA

«Mit einem weiterhin erstklassigen Angebot für unsere Kunden unverzichtbar zu sein – das ist die grösste Herausforderung für die Nachrichtenagentur. Das bedeutet auch, diejenigen Kunden, die abgesprungen sind, mit Argusaugen zu beobachten und sie mit unserer Qualität und unserer Leistung davon zu überzeugen, wieder einzusteigen. Die Agentur ist dazu da, ein Grundangebot bereitzustellen, damit sich die Kundenredaktionen auf ihre Eigenleistungen fokussieren können. Ich persönlich finde es nicht zielführend, wenn Medienhäuser die Strukturen, die für diesen Nachrichtenteppich notwendig sind, selbst aufbauen wollen.»


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Eric Gujer, Chefredaktor Neue Zürcher Zeitung

«Der Medienwandel dauert nun seit 20 Jahren an, und ein Ende ist nicht in Sicht. Mit der Konzentration auf Qualitätsjournalismus und ein digitales Bezahlmodell im Nutzermarkt ist die NZZ auf gutem Wege: Anfang November hat der 200'000. Kunde ein Abonnement bei der NZZ abgeschlossen – ein Ziel, das wir uns für Ende 2022 gesetzt hatten! Die Herausforderung besteht darin, weiter zu wachsen. Denn in der digitalen Welt gewinnt derjenige, der skalieren kann. Wir haben durchaus Grund zur Zuversicht. Die Covid-Krise hat die Entwicklung sicher beschleunigt; glaubwürdiger Journalismus ist gefragter denn je. Aber bei der NZZ handelt es sich um eine langfristige Entwicklung. Ein wesentlicher strategischer Schritt in dem Zusammenhang ist der Ausbau der NZZ Deutschland, den wir kürzlich kommuniziert haben. 2021 ist ein Wahljahr in Deutschland. Und da sehen wir viel Potenzial. Zugleich wollen wir auch in der Schweiz weiterwachsen. Das aber erfordert zusätzliche Investitionen in die Technologie, in die Nutzerfreundlichkeit und das publizistische Angebot. Und das ohne Gebühren und das süsse Gift der Subvention.»


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Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

«Die grösste Herausforderung 2021 für mich als Chefredaktor der Blick-Gruppe sind unsere beiden grossen Expansionsprojekte: Mitte Jahr starten wir in der Romandie mit einer französischsprachigen Version von Blick.ch und werden damit noch stärker zu einer nationalen Marke. Nach knapp einem Jahr Blick TV sind wir bei diesem wichtigsten Projekt nach wie vor in der Aufbauphase, sprich am Etablieren und Weiterentwickeln.»


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Patrik Müller, Chefredaktor CH-Media-Zentralredaktion & Schweiz am Wochenende

«Die grösste Herausforderung ist: Wie bringen wir die Leserinnen und Leser dazu, für unseren Journalismus zu bezahlen? Wir starten Ende Januar auf all unseren Newsportalen mit dem Freemium-Modell, nachdem wir in der Ost- und Zentralschweiz schon Erfahrungen gesammelt haben. Anderswo war bisher alles kostenlos. Zudem werden die Websites auch optisch aufgefrischt.»


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Roger Schawinski, Geschäftsführer Radio 1

«Ich muss es schaffen, dass mein hervorragendes, total motiviertes Team gesund bleibt, denn Radio kann nur zum kleinsten Teil aus dem Homeoffice gemacht werden.»


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Lucia M. Eppmann, Chefredaktorin/Geschäftsführerin Tagblatt der Stadt Zürich

«Es gibt für uns in diesem Jahr nicht nur eine Herausforderung. Wir kämpfen in vielen Bereichen. In erster Linie fehlt uns aber die Planungssicherheit. Das Umfeld für Anzeigen ist eingetrübt, die Inserate sind im Rekordtempo weggebrochen, die Umsatzeinbussen enorm. Die Corona-Krise belastet die Wirtschaft stark und jedes Unternehmen wird sich in dieser schwierigen Zeit überlegen, wie und wo Kosten gespart werden können. Das hat natürlich unweigerlich Konsequenzen für die Werbeausgaben. So sind wir gefordert, neue Werbeformen zu generieren sowie neue Kunden und neue Branchen zu gewinnen. Wir handeln bewusst antizyklisch. Das Tagblatt setzt auf eine Vorwärtsstrategie und hat für die Marktbearbeitung neue Mitarbeitende eingestellt. Spannend wird auch die Frage, wie sich das Medium Amtsblatt in die Zukunft führen lässt.

Doch nicht alles sieht nur düster aus. Das Interesse am Lesen des physischen Tagblatts steigt: Eine Zeitung in den Händen zu halten, einen vielfältigen Themenmix über das Geschehen in der Stadt Zürich zu lesen, darüber, was im Quartier oder in der Nachbarschaft passiert – all das gewinnt gerade in dieser Zeit, die wenig Orientierung bietet, an grosser Bedeutung.

Die unzähligen Reaktionen unserer Leserinnen und Leser zeigen zudem, dass sie genug haben von dauernden Negativ-Schlagzeilen. Der Alltag in der Stadt Zürich ist eben mehr als nur Corona oder politische Grabenkämpfe. Das Tagblatt liefert ihnen als wöchentlicher Begleiter jeden Mittwoch auch andere, positive Inhalte, die nachvollziehbar sind.»




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Oliver Prange, Verleger & Chefredaktor «Du»

Die Anforderungen sind nicht anders als in jedem der zwölf Jahre, in denen ich das «Du» nun herausgebe: Es geht darum, spannende «Du»-Themen zu finden, die ein ganzes Heft tragen, zumal wir monothematisch sind. Vielleicht sind einige Themen latent aktuell wie im letzten Jahr die Ausgaben über «Bruno Manser», «Leben und Sterben in Amazonien», «100 Jahre Dürrenmatt» und «Stadtplanung» mit Vittorio Lampugnani. Und dann geht es natürlich auch darum, die Finanzierung sicherzustellen. Allerdings haben wir schon einiges im letzten Jahr für 2021 aufgleisen können.



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Bruno Hug, Verleger von Linth24 und weiteren lokalen News-Portalen

«Unseren Verbund von lokalen News-Portalen möglich schnell auszubreiten und dazu lokale Verleger zu finden, welche diese auf eigene Rechnung betreiben.»



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Tristan Brenn, Chefredaktor TV SRF

«Meine grösste Herausforderung ist es, noch stärker als bisher auf digitale Formate zu setzen, ohne Einbusse bei der Qualität der Sendungen – und das alles mit weniger Mitteln. Klingt nach der Quadratur des Kreises und fühlt sich auch so an. Doch wir werden es schaffen.»



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Andrea Masüger, Delegierter des Verwaltungsrates Somedia

«Das vergangene Jahr hat einmal mehr – und nun wohl für alle – eindeutig gezeigt, dass die Schweizer Medien in einer Krise wichtige Informationspfeiler sind. Deshalb steht für mich in diesem Jahr die Presseförderung im Vordergrund. Es muss der Branche und dem Verlegerverband unter allen Umständen gelingen, das Parlament von der Notwendigkeit des bundesrätlichen Medienpakets zu überzeugen. Dieses steckt leider in der zuständigen Nationalratskommission fest. Corona hat nicht nur die Relevanz der Medien aufgezeigt, sondern diese durch massive Einbrüche bei den Werbeeinnahmen auch geschwächt. Eine wirksame Presse- und Medienförderung ist deshalb dringender denn je.»




 Stefan Barmettler

Stefan Barmettler, Chefredaktor Handelszeitung

«Wir setzen auf vertiefte Recherche, überraschende Ansätze und viel Nutzwert. Dazu sind vertrauliche oder klärende Hintergrundgespräche wichtig. Diese kommen in Zeiten von Homeoffice leider viel zu kurz. Und dann möchte man sich ab und zu wieder einmal persönlich mit den Kolleginnen und Kollegen austauschen.»



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Kommentare

  • Maya Ziegler, 05.01.2021 05:24 Uhr
    Wenn Chefredaktoren das Wort haben, ergreifen sie die Gelegenheit. Erfreulich ist, dass es einige direkt auf den Punkt bringen und klare Ziele vorbringen. In der Kürze liegt die Würze, und wohl auch die Wahrheit.
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