06.12.2022

Medienmonitor

Onlinemedien sind bei Meinungsbildung führend

Onlinemedien haben 2021 laut einer Studie in der Schweiz erstmals das TV als meinungsmächtigste Mediengattung abgelöst. Print rutschte in der Bedeutung ab. An Einfluss verloren grosse Marken wie 20 Minuten und Radio und Fernsehen SRF zugunsten von kleinen Titeln.
Medienmonitor: Onlinemedien sind bei Meinungsbildung führend
Ist Meinungsmedium Nummer eins: 20 Minuten. (Bild: Keystone/Christian Beutler)

Bei der Bedeutung für die Meinungsbildung rutschten Printtitel noch hinter Radio und Social Media ans Ende des Gattungsrankings ab, wie es in dem am Dienstag veröffentlichten Medienmonitor Schweiz 2021 hiess. Die Untersuchung von Publicom im Auftrag des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) soll messen, wie es in der Schweiz um die Medienvielfalt und die Möglichkeit für eine freie Meinungsbildung steht.

Die jüngste Ausgabe kommt zum Schluss, dass Online im Vergleich zum Vorjahr hinsichtlich Meinungsmacht deutlich profitieren konnte. Neben einem Ausbau der Berechnungsgrundlage machten die Studienautorinnen und -autoren aber Zunahmen auf Kosten traditioneller Verbreitungskanäle aus. Einerseits geschehe dies innerhalb ein und derselben Medienmarke, indem diese stärker online statt in Print genutzt werde. Dies sei vor allem bei regionalen Medienmarken zu beobachten.

Andererseits gehörten reine Onlinemarken zu den grössten Profiteuren, hiess es in dem 204-seitigen Bericht. Insbesondere Watson.ch aber auch die untersuchten Newsangebote der SRG, während deren TV- und Radio-Marken meist rückläufig waren.

Grosse verlieren

Im Zuge dieser Entwicklungen musste die Mehrzahl der national oder sprachregional grössten Reichweitenmarken 2021 Einbussen bei der Meinungsmacht hinnehmen. Dazu zählten etwa 20 Minuten (national -4 Prozent), SRF 1 (-9 Prozent), Radio SRF 1 (-7 Prozent), Blick (-21 Prozent), RTS 1 (-8 Prozent) oder La 1ère (-8 Prozent).

Die Studie im Auftrag des Bundes wertete dies als «grundsätzlich erfreulich» für die Meinungsvielfalt. Die grössten Angebote würden zugunsten von kleineren an Bedeutung verlieren. Unter dem Strich bilanzierte die Studie, dass die Voraussetzungen für eine ausgewogene Meinungsbildung in der Bevölkerung gegeben seien.

Neben dem Online-Boom zeigte die Untersuchung auch eine anhaltende überdurchschnittliche Mediennutzung insgesamt. Zwar ging im letzten Jahr ein kleiner Teil des Anstiegs an Reichweite und Meinungsmacht aus dem Corona-Jahr 2020 wieder verloren. Verglichen mit den Jahren vor der Pandemie nahmen die beiden Werte aber nach wie vor zu.

Immer mehr Alte im SRG-Publikum

Der Medienmonitor beobachtete eine weitere Zunahme des Alters im Publikum vieler etablierter Medienmarken. Besonders stark davon betroffen sind das Fernsehen und die SRG. Social Media und vor allem Instagram genoss wieder vermehrt die Gunst des jungen Publikums in der lateinischen Schweiz. Online legte vor allem in den mittleren und älteren Segmenten der Deutschschweiz zu.

Der Medienmonitor untersuchte zum fünften Mal die Leistungen der Medien für die Meinungsbildung in der Schweiz. Laut dem Bund ist für das Funktionieren von Demokratien eine ausgewogene Meinungsbildung der Bevölkerung essenziell. Dabei erfüllen die Medien als Plattform für Inhalte und Meinungen eine wesentliche Rolle.

Die Studie dokumentierte Kräfteverhältnisse und unternehmerische Verflechtungen im Medienmarkt und berücksichtigte unter anderem 172 Schweizer Medienmarken und 10 Konzerne. Eingeflossen sind auch eine Onlinebefragung mit 4700 Personen sowie Branchenstudien. (sda/cbe)


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KOMMENTARE

Stefan Thommen
07.12.2022 09:31 Uhr
Auf der Website ist zu diesem tatsächlich wichtigen Vorgang eine Meldung vom 29.10.2020 publiziert, dem Tag der Ankündigung der redaktionellen Zusammenarbeit per April 2021 durch die TX Group. Auf dem Factsheet ist die Meldung deshalb nicht aufgeführt, weil dazu in 2021 keine Kommunikation des Medienhauses mehr stattgefunden hat. Das ist unschön und passen wir an. Danke für den Hinweis!
Beat Fux
06.12.2022 16:52 Uhr
Wie immer eine spannende Studie, die einen guten Gesamtüberblick über die Medienbranche gibt. Die Frage ist nur, wie die "wichtigen Veränderungen" ausgewählt werden. Weder im Factsheet noch auf der Webseite ist z.B. das faktische Verschmelzen der beiden Berner Tageszeitungen der TX Group, der Bund und die Berner Zeitung, aufgeführt. Dies wäre in meinen Augen medienpolitisch wichtiger als irgendwelche Personalwechsel, wie z.B. die neue Leiterin Kommunikation, die sich in einem Unternehmen früher oder später ohnehin erfolgen... Dass das Thema kontrovers ist, sieht man in rund einem Dutzend Beiträgen auf persönlich.com, exemplarisch: https://www.persoenlich.com/medien/grosser-arger-beim-berner-stadtrat Hat man das Thema beim Bakom oder bei der Studienverfasserin verschlafen?
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