Kaum war am Montagmorgen bekanntgeworden, dass Peter Bichsel am vergangenen Samstag im Alter von 89 Jahren verstorben ist, erschienen in den grossen Schweizer Medien Würdigungen und Nachrufe, alle mit dem gleichen Tenor: Hier hat uns einer der ganz Grossen der Schweizer Literatur verlassen.
NZZ (Roman Bucheli)
«Peter Bichsel schrieb schmale Bücher und kurze Texte mit der Wucht von epischen Werken. Er schaute aus seinem Fenster und hörte den Leuten zu, die ihm auf der Strasse, in der Kneipe oder im Zug begegneten. Was er sah und was ihm zu Ohren kam, verwandelte sich unter dem Zauber seiner einfachen, doch nie preziösen Sprache in ein poetisches Universum.»
Tages-Anzeiger (Martin Ebel)
«In der kolumnenverrückten Schweiz waren Bichsels Kolumnen die einzigen, deren man nie überdrüssig wurde; (…) Bichsel liebte die Kolumnenform, weil sie streng und frei zugleich war. Streng waren die Vorgaben der Redaktion: Länge und Abgabetermin waren unverrückbar. Frei war der Inhalt: Eine Kolumne kann alles oder nichts behandeln.»
CH Media (Julian Schütt)
«Er hat den Leuten früh aufs Maul geschaut und so zu erzählen gelernt, dass sie berührt sind. Wobei das noch eine Untertreibung ist: Wenn er erzählte, überkamen ihn beim Reden selbst die Gefühle. Als er in einem Film einmal von Frischs Liebe zur Zürcher Tramfarbe Blau erzählte, bekam er vor laufender Kamera feuchte Augen. Seine Gefühle waren so echt, dass sie ansteckend wirkten und seine Zuhörer und Leserinnen ebenso bewegten. Er bekannte sich dazu, ein ‹Sentimentalist› zu sein.»
Blick.ch (Daniel Arnet)
«Bichsel-Sätze bleiben wie Verse im Kopf haften, und die Bücher sind bloss Erinnerungskrücken, falls einem etwas entfallen ist. ‹Zu müd zum Lächeln und zu müd, um böse zu sein.› Dieser Satz zum Beispiel bleibt unvergesslich. Und so bleibt der Mensch Peter Bichsel in unseren Köpfen haften.»
Republik (Sieglinde Geisel)
«Geschichten sind nicht harmlos. Peter Bichsel lässt uns die Macht von Narrativen spüren – manche dieser metafiktiven Geschichten lassen sich heute als Gleichnis lesen für die Gefahr, die von den erfundenen ‹Fakten› und deren politischer Wirkung ausgeht.»
Keystone-SDA (Beat Mazenauer)
«Die Triebfeder von Bichsels Erzählen ist der Konjunktiv ‹Was wäre wenn›. Bichsel-Geschichten klingen verführerisch leicht. Wir lesen mit und denken: Genau so könnte es sein - oder umgekehrt. Und zwischen den Zeilen spüren wir, dass es das Wahre nur gibt, wenn wir das wahrhaftig Mögliche verteidigen.»
SRF Kultur (Michael Luisier)
«Es gab zu seiner Zeit kaum einen Schweizer Autor, der mit dem eigenen Land härter ins Gericht ging als er. Bichsel, der als jüngerer Freund Max Frischs auch dessen Engagement teilte, verstand sich als Sozialist.»
Journal 21 (Urs Meier)
«Das Aufklärerische ist das hintergründige Programm in Bichsels politischen und gesellschaftskritischen Kolumnen. Sie bilden einen Grossteil seines Werks, und sie stehen sprachlich auf dem gleichen Niveau wie seine vielfach ausgezeichneten literarischen Arbeiten.» (nil)