04.09.2002

RADIODAY als medienpolitische Plattform genutzt

Gut 500 Radioschaffende, Vertreter von Werbe- und Mediaagenturen sowie Journalisten strömten zum "ersten richtigen RADIODAY", wie sich OK-Mitglied Rolf Müller von Publica Data ausdrückte. Im Lake Side Casino Zürichhorn standen am Donnerstag für einmal nicht die Präsentation der neuesten Hörerzahlen und deren Messmethoden im Vordergrund, sondern Podiumsdiskussionen mit teils pointierten Aussagen von namhaften Teilnehmern.
RADIODAY als medienpolitische Plattform genutzt

Als "erste echte Gemeinschaftsproduktion mit praktisch allen Radiostationen der Schweiz und dem Vorarlberg" bezeichnete Rolf Müller den RADIODAY in seiner Eröffnungsrede. Tatsächlich erinnerte die Präsenz der Beteiligten an ein "Who is Who" der Schweizer Radiolandschaft: SRG-Generaldirektor Armin Walpen, BAKOM-Direktor Marc Furrer, DRS-1-Chef Walter Rüegg, VSP-Präsident Günter Heuberger, sein Vize Martin Muerner von Radio BEO oder der ehemalige Belcom-CEO Christian Stärkle - um nur einige Namen zu nennen -, gaben sich die Ehre. Als einer der wenigen Abwesenden fiel Giuseppe Scaglione, der Geschäftsführer von Radio 105, auf.

Wir wissen es: Die Schweiz ist das einzige Land der Welt, das elektronische Hörerforschung betreibt. Laut Professor Matthias Steinmann, geistiger Vater der Messmethode Radiocontrol, haben inzwischen gegen 29'000 Schweizerinnen und Schweizer mit einer Uhr an der Forschung teilgenommen, 128 Radiostationen sind aufgezeichnet worden. Bekanntlich sind die Marktverhältnisse unter den 91 Prozent Schweizern, die täglich Radio hören, im ersten Halbjahr 2002 trotzdem stabil geblieben: DRS 1 hält einen Marktanteil von 41 Prozent, die Privatradios insgesamt 28 Prozent, und die Rangliste der Kommerziellen hat in den ersten acht keine Verschiebung ergeben ("persoenlich.com" berichtete bereits detailliert darüber).

Es standen denn auch nicht so sehr die Zahlen im Vordergrund, sondern grundsätzliche Diskussionen. Stärkle traf in seiner Rede des Pudels Kern: "Es könnte ja sein, dass nicht alle Fische die gleichen Würmer lieben", spielte er auf die Formatradios an. Dabei erhielt er unerwartete Schützenhilfe von Furrer: "Vor gut 20 Jahren waren die Privatradios mit dem Anspruch angetreten, anders und frischer zu agieren als das SRG-Radio. Publizistische Vielfalt wurde versprochen. Die Medienpolitik trug dieser Ansicht Rechnung, und es wurden über 40 Konzessionen erteilt." Nun müsse man sich aber Fragen, ob der Anspruch der Vielfalt noch in die heutige Zeit passe. Die Formatradios würden ohnehin einen ähnlichen Musikmix ausstrahlen. Es sei legitim, dass jeder das senden kann, was er für gut befindet. Nur habe das BAKOM lediglich beschränkt Frequenzen zur Verfügung. "Wollen wir eine bessere UKW-Qualität oder mehr Sender auf UKW?", fragte Furrer. Und gab die Antwort gleich selbst: "Wir benötigen nicht 50 verschiedene Sender, wenn alles mehr oder weniger gleich tönt."

Obschon die Organisatoren des RADIODAY nach den Zahlenpräsentationen und den Kommentaren Dominik Landwehr, Leiter Abteilung Forschung und Zukunft beim Migros-Kulturprozent, zu Wort kommen liessen, geriet auch die von TV-Mann Patrick Rohr geleitete Podiumsdiskussion ins medienpolitische Fahrwasser. Günter Heuberger forderte darin zum wiederholten Mal mehr Markt und Wettbewerb und gleich lange Spiesse bei den Radiofrequenzen, sprich mehr Programmplätze für die Privaten und weniger bei der SRG, namentlich bei DRS 3.

Armin Walpen konterte, DRS 3 unterscheide sich sehr wohl von den Privaten - einerseits durch eine höhere Anzahl gespielter Musiktitel. andererseits durch Information. "Die Diskussion hat ganz klar medienpolitischen Hintergrund, um uns Frequenzen wegzunehmen", meinte der Generaldirektor von SRG SSR idée suisse weiter. Er sehe in den nächsten fünf Jahren, was die grundsätzliche Ausrichtung betrifft, keine grossen Änderungen in der Schweiz. Jedenfalls müsse auch die SRG die Chance erhalten, eigene Produkte wie RSR Info weiterentwickeln zu können.


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