von Edith Hollenstein
Der Freie Journalist hatte verschiedenen Verlagen ein Interview angeboten. Er bekam nur Absagen. Schliesslich druckte Tamedia den Text – zahlte aber kein Geld dafür.
Der Fall vom Freien Journalisten Reto Hunziker sorgt seit letzter Woche für intensive Diskussionen in der Schweizer Medienbranche. Hunziker hatte in der «Medienwoche» öffentlich gemacht, wie er ein Interview mit dem Astrophysiker und Philosophen Harald Lesch, das eigentlich in der NZZ hätte erscheinen sollen, verschiedenen Redaktionen angeboten hatte, und dabei ausschliesslich Absagen kassierte. Schliesslich willigte Hunziker ein, dass es Tamedia in ihren Zeitungen druckte, er verzichtete jedoch auf ein Honorar.
Das findet die Bewegung Courage Civil nicht richtig. «Wir haben Reto Hunziker heute 400 Franken überwiesen», heisst es auf der Website. Zudem habe man den CEOs von NZZ und Tamedia per Brief vorgeschlagen, dieselbe Summe zu überweisen.
«Es geht um eine symbolische Geste, die zugleich signalisieren soll, dass die Medienhäuser den freien Journalistinnen und Journalisten mehr Wertschätzung entgegenbringen. Wir wissen um die einbrechenden Werbeerlöse der Medienbranche. Wir wissen aber auch, dass Tamedia 2017 einen Gewinn von 170 Millionen erwirtschaftet hat, bei der NZZ waren es 28,7 Millionen Franken», schreibt Courage Civil weiter. Die Bewegung, der etwa Mark Balsiger, Aleksandra Gnach, Matthias Zehnder oder Thomas Paszti angehören, setzt sich laut eigenen Angaben ein für Grundwerte, Rechtssicherheit, eine international gut vernetzte Schweiz und unabhängige Medien.
Der Fall Hunziker soll ein Einzelfall bleiben. Auf die Frage, ob sich nun künftig Freie Journalisten, die sich nicht genügend abgegolten fühlen, bei ihnen melden können, erklärt Courage-Civil-Mitglied Pascal Jenny: «Andere Fälle werden wir nicht so handhaben. Wir hoffen, dass sich diese Thematik durch unsere Aktion verbessert.»
Kommentare
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Carmen Merz, 20.05.2019 09:30 Uhr
@Robert Weingart, dem Reto Hunziker hat es jedenfalls etwas "gebracht" und das sei ihm sehr gegönnt. Generell, wenn wir uns jedesmal die Frage nach dem Gewinn, bzw. "ob es was bringt" stellen, sind wir keine progressive und kreative Gesellschaft mehr. -
Robert Weingart , 12.03.2019 12:02 Uhr
Das ist gut, ein Zeichen zu setzen, begrüssenswert. Nur ob es was bringt? -
Mark Balsiger, 12.03.2019 10:44 Uhr
@Robert Weingart Wenn Sie obigen Artikel gelesen oder die Website der Bewegung Courage Civil aufgerufen hätten, wüssten Sie die Antwort. Es geht um eine Geste und Wertschätzung. Man kann das Ganze auch in einen Kontext stellen: NZZ weist für 2018 einen Gewinn von 28 Millionen Franken, die Tamedia von 131 Mio. aus. 400 Franken sind für die beide Medienhäuser gut investierte Imagepflege. https://www.courage-civil.ch/aktuell/ -
Roman Müller, 11.03.2019 10:47 Uhr
@Weingart: Die Qualität war nicht das Problem, das Interview hatte fantastische Clickzahlen. Das Problem ist, dass die Freien immer mehr ausgebeutet werden. Dagegen ein Zeichen zu setzen, finde ich nicht verkehrt. -
Robert Weingart , 10.03.2019 07:22 Uhr
Warum dieses Theater? Herr Hunziker hatte verloren, sein Interview mit Lesch war offenbar nicht gefragt. Dass Tamedia es nur gratis nehmen wollte offenbar wundert wiederum nicht, kooperiert man doch mit der Süddeutschen und arbeitet offenbar kaum noch mit Freien im überregionalen Bereich zusammen. Will sich Courage Civil nun künftig für jeden freien Journalisten einsetzen???