08.03.2023

Blick-Gruppe

Ringier verordnet Christian Dorer eine Auszeit

Im Raum stehen Vorwürfe von bevorzugter Behandlung einer bestimmten Mitarbeitenden-Gruppe. Ob Dorer nach sechs Monaten als Chefredaktor der Blick-Gruppe zurückkehrt, ist noch offen.
Blick-Gruppe: Ringier verordnet Christian Dorer eine Auszeit
Soll Privates und Geschäftliches zu wenig differenziert haben: Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe. (Bild: Ringier)

Der Chefredaktor der Blick-Gruppe, Christian Dorer, muss für die Dauer von sechs Monaten eine Auszeit nehmen. Er soll gegen den «Code of Conduct» verstossen haben. Ob er zurückkehrt, ist noch nicht entschieden, wie der Blick in eigener Sache am Mittwoch mitteilte.

Die Entscheidung für die Auszeit ab Montag, 13. März, habe das Management der Ringier-Gruppe in Übereinstimmung mit Dorer getroffen. Im Raum stehen Vorwürfe von bevorzugter Behandlung einer bestimmten Mitarbeitenden-Gruppe und eine zu wenig klare Differenzierung von Privat und Geschäft, wie es weiter heisst.

Ringier werde den Meldungen und Beobachtungen nachgehen, sie lückenlos aufklären und aufarbeiten. «Meine Abwesenheit wird die Aufklärung vereinfachen, daher ist diese Auszeit auch in meinen Sinn – obwohl mir der Schritt enorm schwerfällt», wird Dorer zitiert. Sollte er durch sein Handeln ohne Absicht dem Wohl der Gruppe oder Einzelner geschadet haben, so bedaure er dies über alle Massen.

Während seiner Auszeit übernehmen Steffi Buchli, Chefredaktorin Blick Sport, und Andreas Dietrich, Chefredaktor Blick, die publizistische Verantwortung. Alle anderen Führungsaufgaben werden an Ladina Heimgartner als CEO und Roman Sigrist als COO der Blick-Gruppe interimistisch übergeben.

Nun soll mithilfe externer Experten durchleuchtet werden, wie es um die Unternehmenskultur innerhalb der Blick-Gruppe im Detail steht. Das Thema «Betriebskultur» werde laut Heimgartner in den nächsten Wochen und Monaten «absolutes Fokusthema».

Medienkonzerne in der Kritik

Bereits Anfang des Monats hatte sich das Medienhaus Ringier Axel Springer von Werner de Schepper, Co-Chefredaktor der Zeitschrift «Interview by Ringier», wegen «Differenzen» und «unterschiedlichen Auffassungen» getrennt (persoenlich.com berichtete).

2017 hatte der Tages-Anzeiger einen Artikel über mutmassliche sexuelle Belästigungen de Scheppers am Arbeitsplatz veröffentlicht. Die Medienstelle von Ringier Axel Springer Schweiz gab damals an, sie habe keine Kenntnis von solchen Vorfällen. De Schepper äusserte sich öffentlich nicht dazu. Strafrechtliche Konsequenzen hatten die Vorwürfe nicht.

Anfang Januar hatte der Verwaltungsrat von Ringier bekannt gegeben, dass er eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines «publizistischen Leitbildes» einsetzen will. Zuvor hatte der angebliche direkte Draht des Sprechers von Gesundheitsminister Alain Berset zum Ringier-Chef Marc Walder für Schlagzeilen gesorgt, der sich auf die Berichterstattung des Blicks ausgewirkt haben soll.

Mit Kritik sieht sich auch der Tamedia-Konzern konfrontiert. Die ehemalige Mitarbeiterin Anuschka Roshani hatte dem früheren Magazin-Chefredaktor Finn Canonica Machtmissbrauch, Mobbing und Sexismus vorgeworfen. Canonica wehrte sich gegen die Vorwürfe, räumte aber auch teilweise Fehler ein. Auch Tamedia gab Versäumnisse zu. Die Aufklärung des Falles habe zu lange gedauert. (sda/cbe)


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KOMMENTARE

Maja Ziegler
08.03.2023 19:46 Uhr
Bin/war mit Herrn Dorer nicht immer einig. Ich bin jedoch sicher, dass er seine Arbeit gewissenhaft, mit Leidenschaft und korrekt ausgeführt hat. Dass er als tüchtiger und omnipräsenter Chef kaltgestellt wird, kann ich nicht nachvollziehen. Ich wünsche ihm alles Gute und viel Kraft.
Hans Peter Mauchle
08.03.2023 11:22 Uhr
Schon wieder ein Knall bei Ringier. Ich verfüge über keine Statistik, wieviel Chefredaktoren bei Ringier in der Vergangenheit gehen mussten oder kalt gestellt wurden. Aber es müssten doch einige sein. Kürzlich hat es erst Werner de Schepper getroffen. Ja es geht um die Unternehmenskultur. Und diese kommt in erster Linie von oben, d.h. vermutlich massgeblich von Marc Walder. In der Berset-Affäre hat Christian Dorer seinen Chef Marc Walder noch in den Schutz genommen. Und jetzt wird er gegen seinen Willen kaltgestellt. Der Chef gibt die Unternehmenskultur vor oder sollte sie wenigstens vorgeben und auch vorleben. Wenn über eine neue Unternehmenskultur nun diskutiert wird, müsste auch Marc Walder in Frage gestellt werden. Sein Umgang mit seinen Chefredaktoren zeugt nicht von einer positiven und vertrauensvollen Unternehmenskultur.
Isabel Hog
08.03.2023 11:08 Uhr
So ein Zufall aber auch, passiert das gerade jetzt, nachdem sich Dorer von Marc Walder emanzipiert hat...
Albertino Pierino Steiner
08.03.2023 10:38 Uhr
Dieser Entscheid ist sehr bedauerlich. Ich hatte mit Herrn Dorer einen normalen - aber einwandfreien - Kontakt. Auch habe ich ihm meine Kolumnen immer lückenlos zugestellt, wie ich seine Ausführungen immer mit Interesse gelesen habe. Ich wie er auch war nicht immer einverstanden kit seinen
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