08.01.2018

Schweizerische Depeschenagentur

SDA baut bis zu 40 Stellen ab

Die Schweizer Nachrichtenagentur wird umfassend reorganisiert. In den kommenden zwei Jahren werden 35 bis 40 der insgesamt 180 Stellen gestrichen. Der Journalistenverband Impressum spricht von einem «drastischen, äusserst schmerzhaften» Schritt.
Schweizerische Depeschenagentur: SDA baut bis zu 40 Stellen ab
Die Teams von Inland und Ausland werden zusammengelegt: Mitarbeitende der SDA in der Redaktion in Bern. (Bild: Keystone/Gaetan Bally)

Die sehr schwierige Lage der Schweizer Medien schlägt auf die Schweizerische Depeschenagentur (SDA) durch. Die nationale Nachrichtenagentur der Schweiz wird umfassend reorganisiert. Das führt in den nächsten zwei Jahren zu einem Abbau von bis zu 40 der 180 Stellen. Obwohl die SDA die Verträge mit den wichtigsten Kunden erneuern konnte, rechnet die Nachrichtenagentur wegen des grossen Preisdrucks mit einem Rückgang des Umsatzes um 9,6 Prozent auf 29,5 Millionen Franken, wie die SDA-Geschäftsleitung am Montag mitteilte. Auf Ebene Betriebsergebnis (Ebit) dürfte ein Verlust von 1,9 Millionen Franken resultieren.

Vor diesem Hintergrund sei eine Restrukturierung der SDA unvermeidlich. Insgesamt werde es zu einem Abbau von 35 bis 40 Stellen kommen. Um den Stellenabbau abzufedern, sei ein Sozialplan im Umfang von 1,5 bis 2 Millionen Franken vorgesehen, hiess es weiter. Mitarbeitende, die von einer Entlassung betroffen seien, werde die Möglichkeit geboten, sich im Rahmen eines Outplacements beraten zu lassen. Wie Winfried Kösters, stellvertretender SDA-Chefredaktor, auf Anfrage von persoenlich.com sagt, fallen alle abzubauenden Stellen auf die Redaktion.

Damit trifft ein, was die SDA-Redaktion bereits seit Wochen vermutet. Mitte Dezember hatten sich die Mitarbeiter in einem Brief an das Management und den Verwaltungsrat der SDA gewendet. «Wir befürchten grosse Restrukturierungen, einen erneuten Stellenabbau und eine Abkehr von journalistischen Grundsätzen» hiess es in dem Papier (persoenlich.com berichtete).

AWP übernimmt Wirtschaftsdienst

Um die Zahl der Entlassungen so tief wie möglich zu halten, gilt bereits seit Herbst 2017 ein Stellenstopp. Auslaufende Verträge mit Stagiaires werden nicht erneuert. Ferner kommt es zu Frühpensionierungen und Pensenreduktionen. Im Rahmen eines Konsultationsverfahrens erhalten die Kader und die Redaktionskommission der SDA die Gelegenheit, Vorschläge zur Restrukturierung einzubringen, um optimale Lösungen zu finden. Die Wirtschaftsberichterstattung übernimmt künftig die zur SDA-Gruppe gehörende Nachrichtenagentur AWP. Die SDA-Regionalredaktionen liefern weiterhin Wirtschaftsmeldungen aus ihrer Region.

Regionales Netz bleibt erhalten

Die SDA wird die Teams der Inland- und Auslandredaktion zusammenlegen. Die Berichterstattung über nationale und internationale Themen aus Politik, Kultur, Wissenschaft, Gesellschaft und Sport ist gewährleistet. Der Umfang nimmt jedoch ab. Das Netz der Regionalbüros an 13 Standorten in der Schweiz bleibt erhalten. Zudem wird die SDA ihre Präsenz in den Regionen und die Kundennähe in den nächsten Jahren stärken.

Die Restrukturierung der SDA erfolgt unabhängig von der Ende Oktober 2017 angekündigten Fusion mit der Bildagentur Keystone, die noch von der Eidg. Wettbewerbskommission genehmigt werden muss. Die Fusion soll rückwirkend per 1. Januar 2018 vollzogen werden. Im Zeitraum 2018 bis 2020 schüttet die Keystone_SDA keine Dividende aus. Mit der Fusion soll die Keystone_SDA zu einem innovativen, multimedialen Medienhaus mit starker Verankerung in den Regionen.

Impressum zeigt sich bestürzt

Der Journalistenverband Impressum zeigt sich bestürzt über den angekündigten Stellenabbau bei der SDA. Es sei ein «drastischer, äusserst schmerzhafter» Schritt, schreibt der Verband am Montagabend. Impressum werde den Mitarbeitenden im Konsultationsverfahren und bei allen von ihnen gewünschten Massnahmen zur Verfügung stehen. Wie Impressum schreibt, will die SDA bereits Ende Januar mit den Mitarbeitenden Gespräche führen über Frühpensionierungen, Pensumsreduktionen und Entlassungen.

Die Gewerkschaft bezweifelt, dass der Abbau nichts mit der Fusion mit Keystone zu tun habe. Zu den massgebenden Eigentürmern gehörten finanzstarke Medienkonzerne, die auch Kunden der SDA und damit mitverantwortlich für den Einnahmerückgang seien. Die Schwächung der SDA erfolge nicht aus ökonomischen Zwang.

Die Nachrichtenagentur spiele eine wichtige Rolle für die Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit Informationen, ruft Impressum in Erinnerung. Unter dem Gesichtspunkt, dass der Bund der SDA Subventionen in Aussicht gestellt habe, sei der angekündigte Schritt «besonders stossend». (sda/wid)



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Kommentare

  • Hardy Jäggi, 08.01.2018 17:34 Uhr
    Mir blutet das Herz, wenn ich diese Hiobsbotschaft lese. Ich bezweifle, ob das wirklich in diesem Ausmass nötig wäre. Der Zeitpunkt ist auch etwas auffällig. Kurz nachdem der langjährige Chefredaktor in die Wüste geschickt und eine Geschäftsleitung installiert wurde, der kein Journalist angehört (und das bei einer Nachrichtenagentur!), da wird die Redaktion mit einem Kahlschlag um einen Drittel verkleinert. Das tut weh.
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