22.02.2024

Prix Transparence

Simon Marti von der NZZ am Sonntag gewinnt den Preis

Die Jury hat die Artikelserie zu China-Sanktionen zur Transparenzstory des Jahres 2023 gekürt. Auch Recherchen von Das Lamm, der WOZ sowie ein Artikel, der in Le Temps, La Liberté und Arcinfo erschienen ist, wurden geehrt. Der Regio Preis geht an Jérémy Seydoux von Léman Bleu.
Prix Transparence: Simon Marti von der NZZ am Sonntag gewinnt den Preis
Hält den Prix Transparence 2023 in den Händen: Simon Marti von der NZZ am Sonntag. (Bild: zVg)

Lange wälzte der Bundesrat das heikle Dossier zu Sanktionen gegen China – und schwieg dazu in der Öffentlichkeit. Für die Rekonstruktion dieser Diskussionen hinter verschlossenen Türen wird Simon Marti von der NZZ am Sonntag mit dem Prix Transparence 2023 ausgezeichnet, wie es in einer Mitteilung heisst.

Gestützt auf Behördendokumente realisierten Schweizer Medienschaffende 2023 so viele Beiträge wie noch nie. Aus zehn von Öffentlichkeitsgesetz.ch nominierten Beiträgen kürte eine Fachjury die Artikelserie von Simon Marti in der NZZ am Sonntag zu China-Sanktionen zur besten Transparenzstory des Jahres 2023, wie es in einer Mitteilung heisst. Diese zeichnet nach, wie der Bundesrat ab Frühling 2021 mit der heiklen Frage rang, ob er EU-Sanktionen gegen China wegen Menschenrechtsverletzungen an Uiguren unterstützen solle.

Marti zeigt, wie die Regierung in einer Koordinationsgruppe rechtliche Aspekte sowie Chancen und Risiken eines solchen Entscheids monatelang abklären liess – und nach mehreren Beratungen Massnahmen gegen chinesische Funktionäre oder Unternehmen ablehnte. Der Beschluss stand im Widerspruch zur offiziellen China-Strategie des Bundes, die Menschenrechte stark gewichtet. Seinen Entscheid kommunizierte der Bundesrat der Öffentlichkeit nicht. Dieser hätte zweifellos für Aufsehen gesorgt und Kritik erregt.

Zum verborgen gehaltenen Vorgang in der Regierung verlangte NZZ am Sonntag-Journalist Simon Marti Dokumente von der Verwaltung und kämpfte in einem Schlichtungsverfahren für den zuerst verweigerten Zugang. «Diese Art von Recherche ermöglicht es, die Mechanismen einer sehr politischen Entscheidungsfindung effizient zu entschlüsseln», sagt Nicole Lamon (Le Temps), Mitglied der Fachjury, laut Mitteilung.

Öffentlichkeitsgesetz.ch verleiht den Prix Transparence zum sechsten Mal. Damit ausgezeichnet werden Medienschaffende, welche ein Öffentlichkeitsgesetz zielführend und wirkungsvoll anwenden. «Die vielen realisierten Beiträge zeigen, wie wichtig griffige Öffentlichkeitsgesetze für engagierten Journalismus in der Schweiz sind», sagt Martin Stoll, Geschäftsführer des Vereins Öffentlichkeitsgesetz.ch.


Zum zweiten Mal ausgezeichnet wird auch die beste journalistische Leistung, die mit kantonalen Öffentlichkeitsgesetzen umgesetzt worden ist. Dieses Jahr wird Jérémy Seydoux von Léman Bleu für seine Recherchen zur Wahlkampagne der Genfer Staatsrätin Fabienne Fischer geehrt. Er ging der Frage nach, ob die damalige Grünen-Staatsrätin für ihre Wahlkampagne Staatsgelder missbraucht hatte.

Ein Genfer Kantonsrat hatte mit dem kantonalen Öffentlichkeitsgesetz zahlreiche Dokumente und E-Mails erhalten, die auf Unstimmigkeiten bei der Wahlkampagne der Grünen- Staatsrätin hinwiesen. Die journalistische Auswertung von Jérémy Seydoux zeigte, dass tatsächlich eine offensive Kommunikationstätigkeit von Mitarbeitenden der Staatsrätin stattgefunden hatte.

Weitere Auszeichnungen

Der zweite Platz des nationalen Prix Transparence geht an das Online-Magazin Das Lamm für eine Recherche über den Schweizer Handel mit Emissionsrechten. Auf den dritten Platz setzte die Jury die WOZ. Sie enthüllte mittels Öffentlichkeitsgesetz eine EJPD-Kampagne gegen die Konzernverantwortungs-Initiative. Ebenfalls mit dem dritten Platz ausgezeichnet wird eine in Le Temps, La Liberté und Arcinfo erschienene Recherche über die Mängel in der medizinischen Begleitung von Ausschaffungsflügen von Asylsuchenden.

Beim Prix Transparence Regio wird die Lokalzeitung Freier Schweizer mit dem zweiten Platz ausgezeichnet. Sie hatte in einer Grossrecherche bei allen Schwyzer Gemeinden Dokumente zum Einbürgerungsverfahren verlangt. Diese zeigen, dass bei Einbürgerungen teils kuriose Fragen gestellt werden – und nicht alle Gemeinden transparent sind. Der dritte Platz des Prix Transparence Regio geht an die Zürcher Tageszeitung Der Landbote. Nach mehreren Suiziden bei der Stadtpolizei konnte diese mittels Öffentlichkeitsgesetz einen Bericht einsehen, der eine hierarchische Führungskultur und Mobbing belegt.

Insgesamt hat Öffentlichkeitsgesetz.ch 114 Beiträge von 33 Redaktionen aus Presse, Rundfunk und TV evaluiert, welche 2023 mithilfe eines Öffentlichkeitsgesetzes realisiert worden sind – ein neuer Rekord. Zehn davon wurden für den Prix Transparence 2023, fünf für den Prix Transparence Regio 2023 nominiert.

Der Verein Öffentlichkeitsgesetz.ch wird getragen von Medienschaffenden in der Deutsch- und Westschweiz. Er setzt sich für eine gute Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips ein und bietet für Medienschaffende Unterstützung in Form von Schulungen, Coachings, juristischer Beratung und hilfreichen Online-Ressourcen.(pd/wid)


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren