Aargauer-Zeitung
«Es ist sicher der grösste Sozialausbau, den man je per Initiative erreicht hat. (…) Es ist eine grosse Sensation. (…) Es gibt den Kontext unter anderem mit Corona und mit dem Armee-Ausbau, wo es um Milliarden geht. Viele sagen sich ‹Jetzt bin ich dran›, jetzt ist es Zeit, der Bürgerin und dem Bürger etwas zurückzugeben und die AHV-Rente etwas auszubauen. (…) Für die Umsetzung gibt es einen breiten Fächer. Etwa der Ansatz bei den Lohnbeiträgen, aber auch eine Erbschaftssteuer oder eine Finanzmarkttransaktionssteuer. Unter Gewerkschaften und Linken ist klar, dass man mit dem Rentenalter vorerst sicher abgeschlossen hat.
Blick
«Von einem ‹rabenschwarzen› Tag sprach Matthias Müller (31) nach Urnenschluss am Sonntag. Und tatsächlich hätte der Tag für den ehrgeizigen Präsidenten der Jungfreisinnigen schwärzer gar nicht sein können. Und schwerer als das Ja zur 13. AHV-Rente dürfte das wuchtige Nein zur Renten-Initiative des Jungfreisinns gewogen haben. Damit muss Müller eine der übelsten Abstimmungsklatschen in der Geschichte der Volksinitiativen hinnehmen. Keine einzige Gemeinde im ganzen Land stimmte dafür. (…) Vom Tisch ist das Thema damit aber nicht. In den kommenden Monaten, vielleicht Jahren, wird sich niemand die Finger an einer Erhöhung des Rentenalters verbrennen. Doch mittelfristig führt wohl kein Weg daran vorbei.»
NZZ
«Was will man lieber: mehr Geld oder mehr Arbeit? So präsentierten sich wohl für viele Stimmbürger die beiden AHV-Volksinitiativen für höhere Renten beziehungsweise für ein höheres Rentenalter. Das Volksverdikt vom Sonntag kann aus einer engen ökonomischen Sicht nicht überraschen: Ja zu höheren Renten, Nein zu einem höheren Rentenalter. (…) Zu wünschen wäre, dass nun sehr rasch die Frage der Finanzierung der höheren AHV-Renten aufs Tapet kommt. Wer wenigstens noch ein bisschen Generationengerechtigkeit will, müsste einen Teil der Kosten durch eine Erhöhung des ordentlichen Rentenalters von 65 auf 66 Jahre hereinholen; das würde etwa 40 bis 50 Prozent der Zusatzkosten abdecken. Doch das wuchtige Volksverdikt vom Sonntag gegen die Initiative zum Rentenalter lässt an diesem Weg zweifeln; allerdings ging jene Initiative weit über die Erhöhung des Rentenalters um ein Jahr hinaus. Sonst gibt es nur schlechte Alternativen.»
SRF
«Das Ja zu einer 13. AHV-Rente ist mehr als ein Ja zu einer Volksinitiative der Gewerkschaften. Es ist ein historischer Entscheid: Es ist die erste sozialpolitische Initiative von links, die eine Mehrheit erreicht. (…) Die politischen Gräben blieben indes: Hier die politische Linke, welche die AHV als sozialste Altersvorsorge-Säule stärken wollte, dort die bürgerlichen Parteien, welche stets auf zweite und dritte Säule verwiesen. (…) Ob die Finanzierung über höhere Lohnbeiträge oder höhere Abgaben realisiert werden soll, kann nun der Bundesrat vorschlagen. Dieser übernimmt aktuell einen Fünftel der AHV-Ausgaben. So werden am Ende wohl alle ihren Beitrag dazu leisten - auf die eine oder andere Art.»
Tages-Anzeiger
«Es ist ein historisches Verdikt: Fast 60 Prozent sagen Ja zu einer 13. AHV-Rente. Noch nie hat das Schweizer Stimmvolk eine Initiative zur AHV angenommen. Noch nie schaffte die Linke mit einem Ausbau des Sozialstaats eine Mehrheit an der Urne. Noch nie hat sie so viele bürgerliche Stimmende überzeugt. (…) Die heutigen Abstimmungsergebnisse weisen der künftigen AHV-Finanzierung eindeutig den Weg: Trotz des starken demografischen Drucks sind einseitige Reformen nicht mehrheitsfähig. Eine Rentenaltererhöhung muss zum Beispiel mit der Anhebung der tiefsten Renten kombiniert werden. (…) Die Bedeutung dieses historischen Abstimmungssonntags kann gar nicht überschätzt werden. (…) «Es ist aber gut möglich, dass nach dem AHV-Ja Erwerbstätige und jüngere Familien argumentieren werden: Jetzt sind auch wir einmal dran. Die grosse Umverteilungsdebatte ist nicht vorbei – sie fängt gerade erst an.»
Watson
«Die Babyboomer haben gerockt – wohl nicht zum letzten Mal. Die 13. AHV-Rente kommt. Sie wurde viel deutlicher angenommen als erwartet. Es ist die Quittung für die Arroganz von Bürgerlichen und Wirtschaft. Und es war erst der Anfang. (…) Es ist definitiv ein Tabubruch, eine Sensation. Und doch ist sie erklärbar. Lange ist das Stimmvolk bereitwillig der Aufforderung von Bundesrat, Bürgerlichen, Wirtschaft (und vielen Medien) gefolgt, sich gegenüber ‹Wohltaten› zurückzuhalten. Sie selbst aber halten sich immer weniger an diese Vorgabe. Warum soll sie für die ‹kleinen Leute› gelten? (…) Die pensionierten Babyboomer werden die Schweizer Politik auf Jahre hinaus prägen. Politik und Wirtschaft müssen darauf eine Antwort finden. In ersten Reaktionen auf das Ja zur 13. AHV-Rente zeigen sie sich als miserable Verlierer. Mit dieser Arroganz provozieren sie weitere ähnliche Ergebnisse, etwa bei der beruflichen Vorsorge.»
Le Temps
Für Le Temps haben die Behörden das Ausmass der Verärgerung der Bürgerinnen und Bürger über die öffentlichen Ausgaben und die Kaufkraftkrise nicht richtig eingeschätzt. Das Verdikt für die 13. AHV-Rente zeige, dass die erste Säule für das Schweizer Volk zu einem «sicheren Hafen» geworden ist: «Die Bürger waren der Ansicht, dass eine Erhöhung der garantierten Renten trotz der hohen Kosten dieser Massnahme besser sei, als auf Mikromassnahmen kleinmütiger Behörden zu warten.» (sda/cbe)