Darryl von Däniken, Sie sind nebst Miguel Alvarez Mitinitiant des Internationalen Radio Festivals, das dieses Jahr bereits zum vierten Mal an den Start geht. Haben Sie vor vier Jahren gedacht, dass sich der Event etablieren wird?
Die Voraussetzungen für das International Radio Festival waren und sind immer noch sehr gut. Wir sind das einzige Radiofestival dieser Art weltweit. Das ist eigentlich erstaunlich, denn für jedes andere Medium oder Fach gibt es Konferenzen, Get-togethers und Plattformen, um sich auszutauschen.
Es gibt den Radio Day.
Dort trifft sich bis jetzt jedoch hauptsächlich die Chefetage und es geht um Businessaspekte. Bei uns steht der Inhalt im Zentrum, den "content is king“. Wir zelebrieren den Inhalt. Ich kann an dieser Stelle jedoch verraten, dass der Swiss Radio Day ab nächstem Jahr Bestandteil unseres Festivals sein wird. Wir haben von der SRG, RRR und der VSP das Mandat erhalten, den Tag zu organisieren.
Was ist mit dem Event Rundfunk.FM, der jährlich in Zürich stattfindet? Dieser versteht sich ebenfalls als Plattform für die international spannendsten und hoch stehenden Radio-Shows und präsentiert diese in einem Festival-Rahmen.
Rundfunk ist ein grossartiger Event, der sich an eine Allgemeinheit richtet und die Menschen in der Stadt durch den Tag begleitet. Das IRF hingegen präsentiert Radioformate aus aller Welt und sendet diese live aus Zürich zu den Hörern in den jeweiligen Heimatländern der Gäste.
Waren Sie schon immer ein Radiofan?
Ich habe das Medium Radio eigentlich erst durch mein Engagement beim Radiofestival richtig kennengelernt. Davor habe ich es als etwas Selbstverständliches angesehen, etwas, das immer schon da war. Mit Radio hat man die Möglichkeit, alt und jung anzusprechen. Man muss nichts dazu erklären. Es ist das elektronische Medium mit dem grössten Impact weltweit und gilt immer noch als wichtigster Verbreiter von Musik. Das beste am Radio ist jedoch, dass man sich zur Musik seine eigenen Bilder macht und diese sind stets immer positiv.
Musikplattformen wie Spotify legen immer mehr zu.
Klar. Aber es ist keine Konkurrenz für die Radios. Ein Erfolgsfaktor des Radios sind die Personen dahinter, die die Musik zusammenstellen und die Hörer unterhalten. It‘s all about curated music.
Es braucht also einen Moderator?
Ja. Es gibt auch Studien zu diesem Thema. So kann man Spotify, das nichts mehr ist als eine stundenlange Playlist, nicht unendliche lange hören. Lokal, gut moderiertes und begleitetes Radio hingegen kann immer gehört werden, da es seine Zuhörer durch den Tag führt.
Nach welchen Kriterien werden eigentlich die verschiedenen Sender und Gäste zum Festival eingeladen?
Dafür ist vor allem mein Partner Miguel Alvarez zuständig, der schon viel länger in der Radioszene zuhause ist. Er hört sich das ganze Jahr neue Radios an. Das Programm soll interessant und abwechslungsreich sein. Über vier Tage soll auf einem Kanal Einblick in verschiedene moderne Kulturen der ganzen Welt gewährt werden. Wie klingt Helsinki? Wie klingt Istanbul?
Wie klingt denn Zürich?
Dieses Jahr wie SRF3.
Was hören Sie persönlich?
Da bin ich faul und ziemlich oldschool: Meine Sender sind Sonica & Global aus Ibiza – von morgens bis abends. Ich habe schon mehrmals auf der spanischen Insel gelebt und von dort stammt meine Begeisterung für elektronische Musik. Dank Sonica & Global habe ich den Rhythmus der Insel stets bei mir. Ibiza ist das Silicon Valley der Dance Music Industrie!
Am Festival sind Sender aus aller Welt zu hören. Wie stehen die Schweizer Radiosender im internationalen Vergleich da?
Eigentlich hat jedes Land eine ähnliche Radiolandschaft. Und überall lästert man über die sogenannten Hitradios und meint, die seien in anderen Ländern besser. Dem ist aber nicht so. Auch Hitradios wie Radio 24 und auch Radio 1 bieten spezielle sehr gute Formate. Zum Beispiel das Format "Friday Night" mit aufputschender Housemusik, das ideal auf das Wochenende einstimmt. Das Wichtigste für eine Radiolandschaft ist jedoch die Vielfalt. Die Schweiz muss sich hier keineswegs verstecken. Es gibt für alle etwas. Auch interessante Webradios wie z.B. Piratenradio. Man muss nur lernen, wie man Radio am besten konsumiert. Wie eine gute tägliche Ernährung.
Wie haben das Internet, insbesondere Webradios den Radiomarkt verändert?
Eigentlich hat früher nicht Video den Radio Star gekillt, sondern der Staat. Dieser hat den Fortschritt des Mediums stets behindert. Heute könnte man sagen: "Social media saved the radio star" denn wie beim Fall der Berliner Mauer, hat der Staat - unter anderem wegen den Webradios - die Kontrolle verloren. Endlich haben Radiosender mehr Möglichkeiten, frei ihre Businessmodelle zu entwickeln und umzusetzen. Diese Entwicklung ist noch lange nicht fertig.
Wie sieht ein modernes Businessmodell eines Radiosenders denn aus? Was sind neue Werbeformen?
Miguel und ich sind keine Autorität im Radio Business. Unser Ziel ist es jedoch, die einflussreichsten Leuten der Industrie zusammen zu bringen, um sich genau mit solchen Themen auseinanderzusetzen. Dafür ist das IRF B2B Forum da. Einer der interessantesten Trends ist aber sicher das Phänomen der gebrandeten Formate.
Das Festival findet zum vierten Mal in Zürich statt. Soll dies so bleiben oder stehen andere Austragungsorte zur Diskussion?
Nein, Zürich eignet sich sehr gut für diesen Event. Die Schweiz ist neutral, hat insbesondere auch keine versteckte Musik-Agenda wie andere Länder. Zudem wohnen Miguel und ich beide in Zürich. Es gibt keinen Grund, den Austragungsort zu wechseln. Das Festival ist zudem ganz klar Swiss Made und so soll es auch bleiben.
Schweiz Tourismus, Zürich Tourismus und Swiss unterstützen das Festival. Was für ein Bild der Schweiz wird der Welt dank dem Event vermittelt?
Unsere internationalen Gäste sind stets sehr angetan von der Schweiz und vorallem überrascht, was das Land alles zu bieten hat – darunter auch einige der besten Plattenläden der Welt. Gibt es bessere Botschafter als begeisterte Gäste, die zurück zuhause von der Schweiz schwärmen. Dabei nutzen sie das einflussreichste Medium: das Radio.
Was für Projekte sind daneben mit den Partnern entstanden?
An der Olympiade in London waren wir als Schweizer Radio präsent und haben drei Wochen aus der britischen Hauptstadt auf Schweizerdeutsch, Französisch und English gesendet, auf dem weltweit grössten DAB-Netz. Während der Weltmeisterschaft 2014 werden wir mit unserem Lifestyle-Pop-Up-Radio in Rio de Janeiro on Air gehen – als Partner der Schweiz.
Im September steht nun zuerst noch die 4. Ausgabe des International Radio Festival vor der Tür. Auf was sind Sie besonders stolz?
Dass wir BBC Radio 1 bei uns "live" begrüssen dürfen. Dieser Sender mit über 15 Millionen Zuhörern täglich ist ein Diamant in der Krone der Radiolandschaft. Diesmal bringen sie die jüngsten Moderatoren mit, die sie je gehabt haben: 16 und 17 Jahre alt. Zudem freue ich mich auf das B2B Forum, an dem unter anderem der ehemalige Präsident von Fox Music Robert Kraft und Scott Cohen, Gründer von The Orchard, die "Maschine" hinter iTunes, teilnehmen werden.
Was für weitere Ziele haben Sie noch mit dem International Radio Festival?
Wir wollen DER Treffpunkt sämtlicher Interessenvertreter der Radioindustrie werden. Auch weitere Pop-Up-Ausgaben an internationalen Grossevents wie die Olympischen Spiele sowie an führenden Open Air Festivals wie Bestival, MINI United & EXIT werden nicht fehlen.
Interview: Corinne Bauer