Das Zürcher Medienhaus Tamedia lud am Dienstagvormittag zur Begehung der neuen Liegenschaft an der Sihl. Das Fichtenholzhaus stammt vom japanischen Stararchitekten Shigeru Ban, der am Dienstag sowohl bei der Medienkonferenz für Fragen zur Verfügung stand als auch vor versammelter Tamedia-Belegschaft eine Ansprache hielt. persoenlich.com war dabei und hat sich auf Entdeckungsreise durch das nagel- und schraubenlose Gebäude gemacht.
Der Leiter der Unternehmenskommunikation von Tamedia, Christoph Zimmer, führte als Vertreter der Bauherren durch den 50-Millionen-Bau. Er demonstrierte die technischen Raffinessen, die das neue Bürogebäude zu bieten hat und holte bis zum Jahr 1902 aus, als das erste Gebäude von Tamedia auf dem Werdareal bezogen wurde. Vor dem Bezug des Neubaus, welcher vor rund zwei Wochen begonnen hat, arbeiteten etwa 1200 Personen auf dem Areal. Rund ein Drittel der Belegschaft von Tamedia, etwa 480 Personen, soll nun im Glashaus einen neuen Arbeitsplatz beziehen.
Der Neubau von Tamedia mit seiner Glasfassade.
Grosszügiger Empfangsbereich.
Die Holzkonstruktion ragt durch fünf Stockwerke.
Das Gebäude von Shigeru Ban besticht mit seiner Tragestruktur aus 2'000 Kubikmeter Fichtenholz und kommt ohne zusätzliche Stahlverstärkung aus. Zudem wurden 80 Prozent der Konstruktion vorgefertigt und die millimetergenau gefrästen Elemente vor Ort montiert. Für Licht und Verbundenheit sorgt die grosszügige Glasfassade. Zimmer betonte, dass nicht der Baustoff an sich speziell am imposanten Neubau sei, sondern die Verarbeitung der verwendeten Materialien. Auf die Frage, ob Tamedia ein architektonisches Zeichen setzen wollte, antwortete der Mediensprecher, dass eher von einer "Renaissance des Holzbaus" die Rede sein könne.
Holzbalken, die ohne Schrauben ineinander befestigt sind.
Viel Platz für die Mitarbeitenden
Der Besichtigungsrundgang führte vom grosszügigen Empfang des Medienhauses in die oberen Stockwerke, wo Verlage und Redaktionen in Grossraumbüros eingerichtet sind. Jedem Mitarbeitenden stehen 12.5 m2 Platz zur Verfügung. An etlichen Orten sind Polstermöbel und Loungetische anzutreffen, die zum Verweilen einladen, oder hinter den Glasscheiben als ruhige Rückzugsorte dienen. Besonders fallen die Sitzungsräume auf, die direkt an der Glasfassade angelegt sind und per Knopfdruck zu einem Freiluft-Meetingroom umfunktioniert werden können – die Sitzungen von Tamedia finden auf dem Balkon statt.
Die Sitzungen finden fast draussen statt.
Auch der Newsroom vom Gratisblatt "20 Minuten" ist imposant: Er befindet sich direkt unter dem kuppelartigen Dach und erinnert mit der Anordnung der Bildschirme, die in der Mitte des Raumes an Pfeilern angebracht sind, an den Handelsraum einer alten Börsen.
"Shigeru Ban war die richtige Wahl"
Mit dem entstandenen Werk, welches 2009 mit der Baueingabe seinen Lauf nahm, ist Verleger Pietro Supino mehr als zufrieden, wie er gegenüber den eingeladenen Medienschaffenden erklärte. Er betonte wie gut der Bau zu Tamedia passe. Die Verantwortlichen seien heute überzeugter als zuvor, dass die Wahl von Shigeru Ban als Architekt die richtige war. Die drei Ziele des Baus, attraktive und moderne Arbeitsplätze für die Mitarbeitenden zu schaffen, nachhaltig zu bauen und ein aussergewöhnliches, jedoch nicht "zu teures" Bauwerk zu konstruieren seien erreicht worden. Zusammengefasst sei der heutige Tag "ein grosser Tag für Tamedia!" Auf Nachfrage von persoenlich.com konnte Supino nur von positiven Rückmeldungen von Mitarbeitenden berichten und strahlte: "Ich würde nichts anders machen." Schlussendlich bedankte er sich beim japanischen "Visionär" für seine "beeindruckende" Arbeit.
Verleger Pietro Supino erklärt mit Architekt Shigeru Ban die Konstruktion.
Darf sich zurücklehnen: Ein strahlender Tamedia-Chef.
Shigeru Ban spricht zur Tamedia-Belegschaft.
Ein sehr schweizerisches Bauwerk
Shigeru Ban selbst bezeichnet sein Projekt als "very swiss building", denn nur in der Schweiz gebe es ein Bauunternehmen, das solche Holzkonstruktionen am Stück herstellen könne. Es sei eines der schönsten Projekte, an dem er bisher gearbeitet habe und er sei stolz auf das Resultat. Ihm sei die Verbindung zwischen Aussen- und Innenwelt wichtig gewesen und dass das Gebäude als Klimapuffer funktioniere.
Auch wenn er dafür bekannt ist, wiederverwertbare und widerstandsfähige Materialien wie Kartonröhren für seine Bauten zu verwenden und grossen Wert auf natürliche Bausubstanzen legt, möge er es nicht, als "umweltfreundlicher Architekt" bezeichnet zu werden. Natürlichkeit und Nachhaltigkeit seien zwei Begriffe, die heute kommerzialisiert würden. Er wolle diesem Credo hingegen nicht folgen, nur um Leute zu überzeugen.
Text und Bilder: Lea Friberg