27.08.2013

Presselandschaft Schweiz

Tamedia kontrolliert über fünfzig Prozent des Lesermarktes

Kaum mehr konzernunabhängige Tageszeitungen in der Schweiz.

Mit dem "Landboten" verliert eine der letzten grösseren Schweizer Tageszeitungen, die keinem Medienkonzern angehören, ihre Unabhängigkeit. Die neue Besitzerin Tamedia kontrolliert heute bei der Tagespresse schon über die Hälfte des Lesermarktes.
 
Die schweizerische Presselandschaft ist wegen eines massiven Leserschwundes und rückläufigen Werbeeinnahmen seit Jahren einem grossen Kostendruck unterworfen. Immer mehr Zeitungen suchen deshalb das Heil in einer Anlehnung oder gar, wie jetzt im Fall des "Landboten", im Anschluss an einen der Grossverlage.
 
Prominente Beispiele für diesen Konzentrationsprozess sind die Übernahme des Edipresse-Verlags, der "Berner Zeitung" und der Zürcher Landzeitungen durch Tamedia oder der "Basellandschaftlichen Zeitung" und der "Solothurner Zeitung" durch die AZ Medien ("Aargauer Zeitung").
 
Damit sei praktisch kein Zeitungsverlag übrig geblieben, "der nicht mit einem der grossen Player verbandelt ist", wie Ueli Custer vom "Media Trend Journal" erklärt. Custer relativiert allerdings die Bedeutung der jüngsten Übernahme. Ein Besitzerwechsel bedeute nicht zwingend eine Veränderung des Inhalts.
 
Gemäss dem Medienwissenschafter Matthias Künzler von der Universität Zürich konnte sich bis heute die "Basler Zeitung" mit einer Vollredaktion als eigenständige Komplettzeitung behaupten. Dabei handle es sich mit SVP-Nationalrat Christoph Blocher als Mitbesitzer allerdings um einen Spezialfall. Wirtschaftlich weitgehend unabhängig und mit einer Vollredaktion ausgestattet sind ausserdem noch die "Schaffhauser Nachrichten" und der "Walliser Bote".
 
Grossverlage bauen Marktanteile aus
 
Die Konzentration im Schweizer Verlagswesen drückt sich auch in der Entwicklung der Leserschaftszahlen der WEMF aus. Nach den jüngsten, vom "Media Trend Journal" aufbereiteten Daten von 2012 steigerten die Grossverlage, zu denen auch die Grossverteiler gehören, ihren Marktanteil von 58,5 Prozent im Jahr 2004 auf 69,3 Prozent. Tamedia allein konnte ihren Marktanteil von 9,8 auf 20,5 mehr als verdoppelt.
 
Bei den Tageszeitungen ist der Vorsprung des Zürcher Medienkonzerns noch augenfälliger. Gesamtschweizerisch dominierte Tamedia 2012 den Leserschafts-Markt mit einem Anteil von 52,7 Prozent, vor Ringier mit 16,6 und der NZZ-Gruppe mit 10,8 Prozent. In der Deutschen Schweiz entfallen 43 Prozent der Leserschaft auf Tamedia, in der Westschweiz gar 69 Prozent.
 
Nach der jüngsten Bereinigung der Zeitungslandschaft, zu der auch der kürzliche Wechsel von vier kleineren Ost- und Innerschweizer Zeitungen vom Südostschweiz-Verbund zur NZZ-Gruppe gehört, sieht Künzler die Konsolidierung für den Moment "fast abgeschlossen". Mittelfristig schliesst schliesst er einen Zusammenschluss von grossen Medienhäusern nicht aus, wenn sich für einen der beteiligten Grossunternehmer die Frage der Nachfolgeregelung stelle. (sda)



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240424