26.11.2019

Tamedia wird TX Group

Tamedia positioniert sich als Tech-Holding

Der Name TX Group zeigt: Tamedia verabschiedet sich mehr und mehr vom publizistischen Geschäft in Richtung Digital und Daten. Was heisst das für die Mitarbeitenden? Steigt die Aktie? Kommt Tamedia leichter zu allfälligen Fördergeldern aus Bern? Vier Fragen, vier Antworten.
Tamedia wird TX Group: Tamedia positioniert sich als Tech-Holding
So könnte der Eingang an der Zürcher Werdstrasse künftig aussehen: Eine Fotomontage mit dem Tamedia-Logo und dem neuen TX-Logo. (Bild: Keystone/Montage)
von Edith Hollenstein

1. Steigt der Druck auf die Mitarbeitenden in den Redaktionen weiter?

«Wir spüren, dass die Nervosität bei Arbeitnehmenden hinsichtlich des Drucks auf die Stellen und die Arbeitsbedingungen zunimmt», so Christian Capacoel, Mediensprecher der Gewerkschaft Syndicom. Auch der Berufsverband Impressum ist besorgt. Dort mutmasst man sogar, dass Tamedia mit der Umstrukturieren die Voraussetzungen schafft, um die Mediensparte verkaufen zu können. «Das wäre aber ein Albtraum, denn wir uns nicht zu träumen trauen», sagte Impressum-Zentralsekretär Michael Burkard gegenüber persoenlich.com.





 

2. Ist die Holding TX Group positiv für den Aktienkurs von Tamedia?

Zur Beantwortung dieser Frage, hat persoenlich.com mit Daniel Bürki, Senior Equity Analyst bei der Zürcher Kantonalbank, telefoniert. Er ist spezialisiert auf Medienunternehmen: «Die Neubenennung und die Änderungen in der Struktur zeigen, dass sich Tamedia bewusst ist, dass das Zeitungsgeschäft weiter an Bedeutung verlieren wird. Dieses ist ja weltweit auf dem Rückzug. Ob die neue Holdingstruktur der richtige Schritt ist, wird sich weisen. Derzeit zweifeln wir daran, denn es gibt künftig keinen CEO mehr, der den Konzern eng führt, sondern vier verschiedene Geschäftsführer für die einzelnen, voneinander unabhängigen Unternehmen der TX Group. Christoph Tonini gibt seine Funktion als CEO im 2020 ab, er hat einen sehr guten Job gemacht. Pietro Supino wird die TX Group vermutlich nur lose führen».


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Laut Bürki honoriert auch die Börse diesen Schritt bisher nicht. «Sie glaubt nicht, dass diese neue Struktur allein hilft, mehr Wert aus dem Konzern herauszuholen. Entscheidend dafür wäre die Bereitschaft der Eigentümerfamilie, den Konzern aufzuspalten oder Teile an die Börse zu bringen oder zu verkaufen, so etwa die attraktivsten Assets Jobcloud oder Homegate. Ein solcher Schritt würde der Aktie zu mehr Wert verhelfen. Der Free Float von Tamedia liegt unter 20 Prozent.»

Insgesamt hat die Tamedia-Aktie ein schlechtes Jahr hinter sich. Sie ist, so Bürki, im 2019 um 11 Prozent gefallen, während der SMI um 24 Prozentpunkte zugelegt hat.

 






3. Hilft die neue Struktur, dass Tamedia künftig von Geldern der geplanten Medienförderung profitieren kann?

Ja, das könnte durchaus sein. Matthias Künzler, Medienwissenschaftler und Professor an der Fachhochschule Graubünden in Chur, sagt: «Im Falle eines Ausbaus der Medienförderung ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass Unternehmen, die davon profitieren, für kommerzielle und öffentliche Tätigkeit getrennte Buchhaltungen führen müssen. Dies lässt sich mit der Überführung der journalistischen Tätigkeit in ein eigenes Unternehmen besser umsetzen. Es ist auch denkbar, dass dieser wenig rentable Teil mittelfristig verkauft wird. Künzler nennt auf Anfrage von persoenlich.com einen möglichen Abnehmer: «Eventuell zum Beispiel CH-Media».

 

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Künzler weist darauf hin, dass die Aufteilung in autonome Unternehmen in der Wirtschaft oft angewendet wird, um zu einem späteren Zeitpunkt einzelne Unternehmensteile zu verkaufen, internationale Partner zu beteiligen, aber auch, um einen Unternehmensteil durch Zukauf von Konkurrenten zu stärken.

 



4. Was soll der neue grüne Markenauftritt symbolisieren?

«Name und Logo symbolisieren Technologieaffinität und Internationalität, die englische Schreibweise Group deutet darauf hin», so Künzler. Gleichzeitig wirke der Markenauftritt auf ihn beliebig und ohne Verbindung zur journalistischen Tradition des Unternehmens am einheimischen Standort.

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Was für Werte Tamedia und die verantwortliche Agentur Made Identity mit dem Namen transportieren wollen, und wie das grüne Logo ankommt, lesen Sie hier.



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