24.04.2016

Ringier

«Unsere Inhalte müssen besser werden»

Verleger Michael Ringier nimmt in einem Interview ausführlich Stellung zur Zukunft des Journalismus. Zudem schiesst er wegen der Inserateboykott-Diskussion gegen den Verlegerverband und sorgt sich um die NZZ.
Ringier: «Unsere Inhalte müssen besser werden»

Nach der Bilanzmedienkonferenz diese Woche nimmt Ringier-Verwaltungsratspräsident Michael Ringier im Interview mit der Zeitung «Schweiz am Sonntag» ausführlich Stellung zum Geschäftsgang seines Unternehmens im Speziellen und die Zukunft des Journalismus im Allgemeinen. «Online ist die Refinanzierung von aufwändigem Journalismus nicht sichergestellt», sagt Ringier. «Niemand weiss, wer in 10 oder 15 Jahren Recherchen finanziert.» Auf Werbung hofft er nicht: «Auf dem Smartphone können Sie Display-Werbung vergessen. In den Zeitungen stören ganzseitige Anzeigen niemanden. Im Gegenteil. Es ist das perfekte Modell, doch die Anzeigen gehen laufend zurück. Und Online – da will jeder die Pop-ups so schnell wie möglich von seinem Display haben. Aber es macht wenig Sinn, das zu beklagen.»

Stiftungsfinanzierten Journalismus sieht er nicht als Lösung: «Journalismus, den sich nur noch Mäzene leisten, verliert die Verankerung in der Gesellschaft.» Vielleicht müsse der Journalismus irgendwann wieder quersubventioniert werden: «Mein Wunschszenario ist das nicht. Es geht nicht nur um Demokratie und Gesellschaft. Es geht auch um die Ausstrahlung der Firma. Sollen wir nur noch Kleinanzeigen verkaufen? Fashion Nights organisieren? Wenn wir keinen Journalismus mehr verkaufen können, sind wir auch nicht mehr die gleiche Firma.»

Sorgen um die NZZ

Entsprechend gross sind Ringiers Erwartungen an seine Publikationen: «Unsere Inhalte müssen besser werden. Wir müssen exklusiver werden, das ist der Schlüssel. Jede noch so kleine Meldung im «Blick» sollte exklusiv sein. Das ist natürlich nicht möglich, aber es sollte das Ziel sein, damit man zumindest die Hälfte davon erreicht.» Jede Redaktion müsse heute eine Denkfabrik sein. Das intellektuelle Potenzial in den Redaktionen sei vorhanden: «Aber es braucht mehr. Es ist die einzige Chance, die wir haben. Mehr Boulevard als das Internet kann keine Zeitung machen. Deshalb müssen wir Zusammenhänge aufzeigen, die Welt erklären.» Und weiter: «Die Anforderungen an Journalisten sind enorm gestiegen. Früher war das ein relativ bequemer Job mit guten Löhnen. Heute ist es ein anstrengender Beruf, und finanziell sieht es auch nicht so rosig aus. Der finanzielle Druck auf die Journalisten ist immens.»

Besorgt zeigt sich Ringier über die politischen Wirren bei der NZZ: «Ich mache mir Gedanken. Auch darüber, ob der Journalismus in den richtigen Händen bleibt. Unsere Freunde von der NZZ wären eine wunderbare Beute, für wen auch immer. Und sie ist immer noch eine der wichtigen und grossen Stimmen in der Schweiz und für die Schweiz. Wenn es die NZZ nicht mehr gibt oder wenn sie in die falschen Hände fällt, fehlt diesem Land etwas.»

Von den Relativierungen der redaktionellen Unabhängigkeit, die Verlegerverbandspräsident Hanspeter Lebrument und BaZ-Chefredaktor Markus Somm bei einer Radio-Diskussion über den Einfluss von Werbekunden machten, hält Ringier gar nichts: «Diese Äusserungen bestärken mich darin, dass es höchste Zeit war, den Verlegerverband zu verlassen.» Eine Rückkehr in den Verlegerverband schliesst Ringier aus: «Was sollen wir dort? Der Verband hat keine Daseinsberechtigung mehr, solange ein Teil der Medienrealität ausgesperrt ist. Wir müssen die neuen Player an Bord holen. Einen Täubeli-Verein braucht niemand.» (SchwaS)

Bild: Keystone



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