26.05.2004

"Urs Ellenberger, zahlt 20 Minuten so gut?"

Am 1. Juni startet 20 Minuten mit ihrer angekündigten Innerschweizer Ausgabe. Die Verantwortung für den Lokalteil des in einer Auflage von 40'000 Exemplaren angekündigten Regionalsplit trägt als Blattmacher Urs Ellenberger (Bild), der bis anhin Produzent bei der Weltwoche war. Was veranlasste ihn zum Wechsel? Wie hoch ist das Budget? Und was wird von der Konkurrenz erwartet? "persoenlich.com" hat mit Ellenberger gesprochen. Das Interview:
"Urs Ellenberger, zahlt 20 Minuten so gut?"

Die Luzerner E-Mail-Adressen von 20 Minuten funktionieren noch nicht. Sind Sie im Verzug?

Nein, wir sind absolut im Plan, die E-Mails sind spätestens Ende Woche aktiv. Wir tauschen uns bereits täglich über mögliche Geschichten aus. Eine Nullnummer wird es aber nicht geben, denn in der Zürcher Redaktion, wo übrigens auch mein Arbeitsplatz als Blattmacher ist, besteht bereits genügend grosse Erfahrung mit Regional-Splits.

Sie selber stehen derzeit noch als "Produktiönler" im Impressum der Weltwoche. Was brachte Sie dazu, zu 20 Minuten zu wechseln?

Ein interessanter Job bei der lässigsten Tageszeitung. Produzieren bei der Weltwoche war zwar toll, und ich habe viel profitiert. Aber Blattmacher ist halt etwas anderes, weil man mehr Einfluss auf den Inhalt des Produkts nehmen kann.

Sie arbeiten mit einer recht illustren Mannschaft. Zahlt 20 Minuten so gut, oder half die desolate Arbeitsmarktslage bei der Rekrutierung?

Weder noch. Zwar zahlt 20 Minuten sicher anständig, wichtiger ist aber, dass sich die Journalisten gemeinsam mit dem Publikum auf eine Veränderung im Innerschweizer Markt freuen. Dieser Umstand hat bei den Verhandlungen sicher mitgespielt. Zudem hatten alle Mitarbeiter noch freie Kapazität, wir haben also niemanden abgeworben.

Geplant waren drei zusätzliche Journalisten und die Zusammenarbeit mit diversen Freien, jetzt sind es mindestens sechs. Warum wurde das Konzept geändert?

Das Konzept wurde nicht geändert. Die fünf Leute vor Ort haben ein gemeinsames Fixum und teilen sich einen Korrespondenten-Posten, so dass immer jemand im Büro ist. Das hat den enormen Vorteil, dass die Mitarbeiter auch auf Geschichten stossen können, wenn sie nicht gerade für 20 Minuten unterwegs sind. Dazu kommt der Journalist Marc Meyer, der wöchentlich eine Ausgeh-Seite für die Region Innerschweiz anliefert. Plus verschiedene ganz Freie, die pro Story bezahlt werden.

Was bedeutet es budgetmässig, wenn die auflagenstärkste Tageszeitung der Schweiz einen Regionalsplit lanciert?

Diese Frage müssten Sie Chefredaktor Marco Boselli oder Geschäftsführer Rolf Bollmann stellen.

Anders gefragt: Wieviele Stellenprozente sind eingeplant?

Das kann man so nicht beantworten. Ich selber arbeite in Zürich, mindestens ein Journalist ist jeweils in Luzern, Robert Marty ist für die Inserate zuständig, und Marc Meyer beobachtet für uns, wie gesagt, die Party-Szene. Ausserdem werden in Zürich eine neue Vollzeit-Produzentenstelle geschaffen und das Pensum eines Sportredaktors aufgestockt. Hinzu kommen diverse Kooperationen, so etwa mit der Zuger Presse sowie demnächst möglicherweise mit weiteren Medien.

Ihre Mitarbeiter haben alle schon für die Konkurrenz gearbeitet. Muss man das als Drohgebärde interpretieren?

Wir haben beim Anwerben nicht an die Konkurrenz gedacht, sondern wollten einfach die besten Leute. Und die haben wir auch bekommen.

Wie gut sind Sie selber mit der Innerschweiz vertraut?

Von Klassenlagern, Ausflügen, Fumetto- und Konzertbesuchen (lacht). Doch ich bin vetraut damit, was eine gute Story ist -- und für regionale Verankerung haben wir ja eben unsere Leute vor Ort.

Die Innerschweiz ist nicht Zürich, Bern oder Basel. Je ländlicher ein Gebiet, desto stärker ist die lokale Presse verankert. Reichen Ihre zwei Seiten "Regionales" da aus?

Die Zeitung besteht ja nicht nur aus diesen zwei redaktionellen Regionalseiten, sondern auch aus Services wie lokalem Wetter, Kino- und Veranstaltungsprogramm. Hinzu kommen der gute In- und Auslandteil, eine super Sportberichterstattung und die besten People-Seiten.

Die SBB-Boxenstandorte in den Innerschweiz sind nicht exklusiv, die NLZ will "noch vor dem Sommer" über ihre Pendlerzeitungs-Strategie entscheiden. Was erwarten Sie?

Was auch immer -- wir schauen dem gelassen entgegen.

Tatsächlich? Immerhin verfügt die NLZ in der Region doch über mehr Erfahrung, Beziehungen und über die grösseren redaktionellen Ressourcen als 20 Minuten.

Eine gute Zeitung und gute Geschichten hängen eben nicht von der Grösse einer Redaktion ab. Denn Grösse macht auch träge und wir sind flink und jung. Und die Luzerner sind sicher offen für eine gute Zeitung, die frischer daherkommt, als die bestehenden Blätter der Region. Das zeigen mir auch die zahlreichen Gespräche, die ich in den vergangenen Wochen geführt habe. 20 Minuten hebt sich nicht nur vom Format her ab, und das tut sicher nicht schlecht.


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