24.04.2018

Schweizer Journalisten-Studie

Viele wollen bei der SRG arbeiten

Nur eine Minderheit der befragten 332 Journalisten beschreibt die derzeitigen Arbeitsbedingungen als «sehr gut» oder «eher gut». Druckversuche gibt es am ehesten von Seiten der PR-Agenturen und Pressesprecher.
Schweizer Journalisten-Studie: Viele wollen bei der SRG arbeiten
An diesen Hebeln sässen viele Journalistinnen und Journalisten gerne: Die Regie von «Schweiz aktuell» im Zürcher Leutschenbach. (Bild: Keystone/Ennio Leanza)

Glück für die Schweizer Medienschaffenden, dass die Stimmberechtigten am 4. März die No-Billag-Initiative verworfen haben. Denn die SRG ist der absolute Wunscharbeitgeber der Schweizer Journalistinnen und Journalisten. Dies zeigt die «Journalisten-Studie 2018» des Markt- und Meinungsforschungsinstitutes Marketagent.com Schweiz AG, an der 332 Medienschaffende aus der ganzen Schweiz teilgenommen haben.

Die Befragung der Journalistinnen und Journalisten fand im Februar 2018 statt. Sie zeigt ein durchaus düsteres Bild der Schweizer Medienszene. So beschreibt lediglich eine Minderheit der Befragten (39 Prozent) die derzeitigen Arbeitsbedingungen im Journalismus als «sehr gut» oder «eher gut». Demgegenüber sind 51 Prozent der Auffassung, die heutigen Arbeitsbedingungen seien «eher weniger gut» oder «überhaupt nicht gut». 10 Prozent bezeichnen die Situation als unverändert.

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Weitgehend Einigkeit herrscht unter den befragten Journalistinnen und Journalisten, dass sich die Arbeitsbedingungen gegenüber früher verschlechtert haben: 79 Prozent teilen diese Auffassung. Lediglich 6 Prozent sagen, die Arbeitsbedingungen seien im Vergleich zu früher besser geworden. Nach Auffassung weiterer 11 Prozent haben sich die Arbeitsverhältnisse nicht verändert, 4 Prozent machten zu dieser Frage keine Angaben.

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Am besten werden die Arbeitsbedingungen bei der SRG eingestuft. So geben 19 Prozent der Befragten an, die SRG wäre ihr «Wunscharbeitgeber», gefolgt von Selbstständigkeit/eigenes Unternehmen mit 4 Prozent sowie Google und NZZ mit je 3 Prozent. Bei der Frage nach der Mediengattung, bei der sie am liebsten arbeiten würden, antworten sogar 32 Prozent der Befragten: ein Radio- oder TV-Sender der SRG. Dahinter folgen Illustrierte/Magazin (18 Prozent) und Tageszeitung Print (17 Prozent).

Kostendruck als Herausforderung

Als grösste Herausforderungen der heutigen Medienlandschaft sehen die Medienschaffenden vor allem die anhaltende Konsolidierung und den Kostendruck (62 Prozent), neue Finanzierungsmodelle (52 Prozent) und die Digitalisierung (38 Prozent).

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Versuche der Politik, auf die mediale Berichterstattung Einfluss zu nehmen, werden hingegen lediglich von 9 Prozent der Befragten als grosse Herausforderung beurteilt. Und nur 23 Prozent der Befragten geben an, dass sie schon von Politikern unter Druck gesetzt worden seien. Häufiger sind demgegenüber Druckversuche von PR-Agenturen und Pressesprechern von Unternehmen (33 Prozent), Anzeigenkunden (30 Prozent) und Lesern, Hörern, Zuschauern oder Usern (27 Prozent).

Trotz schlechterem Image nicht reumütig

Keine Illusionen macht sich die Mehrheit der befragten Journalistinnen und Journalisten über ihr Image: Nur 4 Prozent geben an, es sei «etwas besser» oder sogar «viel besser als früher». Die überwiegende Mehrheit ihrer Berufskollegen sieht dies diametral anders: 71 Prozent geben an, das Image des Journalismus sei «etwas schlechter» oder «viel schlechter als früher». Weitere 22 Prozent sagten aus, das Image sei unverändert, 3 Prozent machten dazu keine Angaben.

Ein nüchternes Bild zeichnen die Medienschaffenden, die an der Studie teilgenommen haben, auch hinsichtlich der persönlichen Eigenschaften ihres Berufsstandes: Lediglich 59 Prozent beurteilen ihre Berufskolleginnen und -kollegen als  «gewissenhaft». Als «couragiert/engagiert» werden 58 Prozent der Kollegen taxiert und als «dynamisch» 34 Prozent.

Mit sich und der eigenen Arbeit sind die Studienteilnehmer/innen in der Regel zufrieden: Eine Mehrheit (54 Prozent) der befragten Journalistinnen und Journalisten sagte, sie hätte «noch nie» einen eigenen Beitrag bereut, 21 Prozent gaben an, dies sei «ein Mal» der Fall gewesen. Lediglich 18 Prozent antworteten, sie hätten schon «mehrmals» eigene Beiträge bereut. 7 Prozent machten dazu keine Angaben. Der grösste Fehler in der klassischen Medienberichterstattung ist nach Ansicht der befragten Journalistinnen und Journalisten die zu wenig intensive Recherche (52 Prozent).

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8 von 10 würden wieder Journalismus wählen

Trotz der schwierigeren Arbeitsbedingungen und dem verschlechterten Image würde eine klare Mehrheit der Befragten (84 Prozent) wieder Journalismus als Beruf wählen: 40 Prozent bejahen dies «auf jeden Fall» und weitere 44 Prozent sagen dazu «eher schon». Allerdings können sich auch 42 Prozent der befragten Journalistinnen und Journalisten einen Job als «Pressesprecher für die öffentliche Hand» vorstellen. Jede/r Dritte (35 Prozent) sagt bei der Frage nach einem Alternativjob: «Alles andere ausserhalb des Medienbereichs».


Zur Studie

Die Journalisten-Studie 2018 von Marketagent.com Schweiz wurde vom 15. Februar bis 2. März 2018 mittels Online-Interviews durchgeführt. Es beteiligten sich 332 Journalistinnen und Journalisten. 96 Prozent davon sind hauptberuflich Medienschaffende, wobei 72 Prozent schon mindestens 20 Jahre als Journalist/in tätig sind. 65 Prozent der Befragten sind männlich, 35 Prozent weiblich. 74 Prozent leben in der deutschen Schweiz, 21 Prozent in der Romandie, 3 Prozent im Tessin und 2 Prozent in der rätoromanischen Schweiz oder im Ausland. 45 Prozent der befragten Journalistinnen und Journalisten stufen sich als «links» ein, 33 Prozent rechnen sich der «Mitte» zu und 16 Prozent bezeichnen sich als «rechts». 7 Prozent machen keine Angaben zu ihrer politischen Ausrichtung. (pd/wid/eh)



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