18.10.2016

Teleclub

«Von einem Exodus zu sprechen, ist etwas zu früh»

Teleclub verliert Eishockey. Gehen damit nicht «nur» die TV-Rechte, sondern auch ein grosser Teil der Mitarbeiter? CEO Wilfried Heinzelmann bleibt zuversichtlich. Er kritisiert jedoch die Strategie von UPC.
Teleclub: «Von einem Exodus zu sprechen, ist etwas zu früh»
Referierte über die Programmoffensive: Wilfried Heinzelmann an der Medienkonferenz vom 6. Oktober (Bild: Still Videostream)
von Christian Beck

Herr Heinzelmann, gleich drei Teleclub-Mitarbeiter wechseln im Frühjahr 2017 zur Konkurrenz. Das muss weh tun.
Klar, ist das kein Wunschszenario. Auf der anderen Seite kann man das auch anders sehen, nämlich als Kompliment und Bestätigung unseres Leistungsausweises. Wir haben unsere Sache offenbar sehr gut getan, wenn sich die Konkurrenz, nach vorerst langem Wehklagen und Lamentieren, dazu entschliesst, sich selbst um die gleichen Programmrechte zu bemühen, um anschliessend nicht etwa etwas eigenes zu gestalten, sondern eben Leute abzuwerben, um Inhalte, Programme und Formate kopieren zu können. Es ist wie in anderen Industrien und Branchen: Es braucht zuerst etwas Gutes, Erfolgreiches. Das ruft dann Nachahmer auf den Plan, die auf dieser Erfolgswelle mitreiten wollen. Dieses Kompliment spornt uns an.

Liniger und Müller werden dann in der Deutschschweiz ein Redaktionsteam zusammenstellen. Kommt es nun zum Exodus bei Teleclub?
Vor allem Reto Müller war bei uns das Gesicht, das unser Hockey Produkt zu einem rechten Teil verkörpert hat. Wir haben allerdings ein Redaktionsteam von 50 Festangestellten und rund 200 Teilzeitangestellten. Von einem Exodus zu sprechen, ist da doch etwas zu früh.

Kommentatoren, die hauptsächlich für den Schweizer Eishockey im Einsatz sind, werden Sie kaum halten können.
Natürlich ergaben sich Spezialisierungen und auch persönliche Vorlieben bei der Sportberichterstattung. Wir haben uns immer als vielseitige Sportplattform verstanden, weshalb die meisten Mitarbeiter verschiedene Aufgaben wahrnehmen. Wir haben gerade kürzlich unsere neuen Rechte im Eishockey vorgestellt, die viele internationale Wettbewerbe umfassen. Um diese neuen Rechte werden wir neue Formate gestalten. Da gibt es sehr viel kreative Programmarbeit zu leisten, die aber auch viel abverlangt, weil Neues zu gestalten und zu schaffen ist. Das bedingt natürlich auch, dass man sich in diese Wettbewerbe, die teilnehmenden Teams, Mannschaften und Einzelspieler einarbeitet, sie kennenlernt, verfolgt etc. Denn nur so kann man dann auch spannend darüber berichten. Wer sich nur mit Schweizer Eishockey beschäftigen möchte, kann und wird sich da nicht wirklich wohlfühlen und seine Befriedigung finden, da geben wir Ihnen Recht.

Internationale Turniere, die teils mitten in der Nacht stattfinden und vor dem Monitor kommentiert werden müssen, sind nicht so reizvoll für einen Mitarbeiter.
Wir haben bei der NHL, die sprechen Sie wohl primär an, auch Rechte an Spielen gesichert, die in der sogenannten european prime time stattfinden. Bei der Champions Hockey League ist das grundsätzlich anders, beim Schweizer Cup auch nicht und auch hinsichtlich der WM-Spiele werden wir das Problem, dass die Spiele ausschliesslich in «unserer» Nacht stattfinden, kaum haben. Es ist also nicht wirklich so, wie Sie das schildern.

Ab der Saison 2017/2018 besitzt UPC die Übertragungsrechte für Schweizer Eishockey. Gibt es Bemühungen, dass auch Teleclub Schweizer Spiele ausstrahlen kann?
Wir werden uns sicherlich um die Eishockey-Rechte bemühen und sind optimistisch. Schliesslich hat sich im Rahmen des Verfahrens vor der Weko nicht zuletzt die UPC bitterlich über das angeblich wettbewerbswidrige Verhalten von Swisscom/Cinetrade/Teleclub beschwert. Wenn sich UPC nicht in kaum zu überwindende Widersprüche mit ihren dortigen Vorbringen und öffentlichen Verlautbarungen verstricken möchte, dann dürfte sich eine Lösung finden lassen.

Falls nicht: Befürchten Sie, dass reihenweise Eishockey-Fans ihr Swisscom-TV-Abo kündigen werden und zu UPC wechseln?
Da ist es jetzt noch zu früh, um Prognosen anzustellen.

Claudia Lässer war früher Programmleiterin beim Schweizer Sportfernsehen – später hiess der Sender Sport Szene Fernsehen. Der Sendebetrieb wurde mittlerweile eingestellt. Hat sie damals ein sinkendes Schiff verlassen?
Das SSF unternahm mit viel unternehmerischem Risiko einen Versuch als spezialisierter Sportsender im FreeTV. Sich in diesem Umfeld im Schweizerischen Medienumfeld behaupten zu wollen, ist ausserordentlich schwierig. Es ist nicht richtig, diese Pionierleistung mit Häme zu übergiessen oder die erbrachte Leistung kleinzureden. Frau Lässer hatte viel Herzblut investiert und begleitete nach der Ankündigung der Investoren, sich aus dem Projekt zurückziehen zu wollen, dessen kontrollierte Abwicklung.

Lässer jedoch bleibt Teleclub treu. Oder gab es auch schon Abwerbungsversuche von MySports?
Bis jetzt gab es noch keine solchen Versuche. Sie werden wohl noch auf sich warten lassen, denn das Angehen von Frau Lässer hiesse letztlich nichts anderes, als dass es auch mit der Übernahme der Rechte und dem Abwerben von «Frontleuten» nicht zu schaffen ist, dem Teleclub Paroli zu bieten. Oder eben mit der bestehenden Leitung von my sports nicht zu schaffen ist. Diese Blösse möchte man sich kaum ohne Not geben. Dann wäre es wohl bald günstiger gewesen, beim Teleclub eine Auftragsproduktion in Auftrag zu geben.



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