10.06.2021

Uefa Euro 2020

Von Schnapsideen und frischen Kleidern

Die Europameisterschaft ist das Fussballereignis des Jahres. Welches sind die Herausforderungen, wie schneidet die Schweizer Nati ab und wer wird Europameister? Einschätzungen von prominenten Sportjournalistinnen und Fussballexperten.

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Marcel Reif

Kommentatoren-Legende und Fussballexperte bei Blue

«Was ist speziell an der diesjährigen Fussball-Europameisterschaft? Es steht 2020 drauf – und sie findet 2021 statt. Zu den Favoriten zähle ich die üblichen Verdächtigen: Wer auf Frankreich oder Spanien setzt, schmeisst das Geld nicht zum Fenster raus. Oder auch die Engländer: Sie haben eine starke Generation, müssen diese Erwartungen aber noch auf den Platz bringen. Ich werde für Blue News die deutsche Mannschaft begleiten und regelmässig analysieren. Auch da bin ich sehr gespannt. Die Frage nach den Schweizern stellt sich immer. Und da wollen alle hören, dass es dieses Mal zum Titel reicht. Nein, für die Schweizer ist es bereits klasse, dass sie überhaupt qualifiziert sind. Und das waren sie im letzten Jahrzehnt fast durchwegs immer. Die Gruppenphase ist leider sehr stark besetzt. Aber wenn das Team das Herz in beide Hände nimmt und nicht verzagt in den entscheidenden Spielen, wenn sie alles probieren – dann traue ich ihnen auch zu, dass sie weiterkommen. Aber eben, lassen wir die Kirche im Dorf, zu den Favoriten gehören sie nicht!»



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Annette Fetscherin

Moderatorin SRF Sport

«Ein ganzer Monat, in dem sich alles nur um den Fussball dreht. Die Vorfreude auf meine erste EM, bei der ich als Moderatorin im Einsatz stehen werde, ist riesig. Da die Sendungen aus dem Studio in Zürich kommen, sind die Herausforderungen betreffend Corona für mich persönlich nicht grösser als sonst schon während des ganzen letzten Jahres. Ich glaube fest daran, dass die Schweiz die Hürde Achtelfinal dieses Jahr überstehen wird. Diese Mannschaft ist bereit für den nächsten Schritt. Und wie sagt man so schön: Danach ist alles möglich. Wenn es dann doch nicht die Schweiz sein sollte, glaube ich, dass Italien Europameister wird. Seit 26 Spielen nicht mehr verloren und dann noch mit Heimvorteil. Und aufgepasst auf die Deutschen, auch sie sind ein heisser Titelanwärter!»



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Steffi Buchli

Chefredaktorin Sport Blick-Gruppe

«Ich werde nach Langem wieder ein paar TV-Sendungen moderieren. Zusammen mit meinen beiden Kollegen Andreas Böni und Michael Wegmann begrüsse ich Fussballexperten bei uns im Studio. Ich weiss, dass das wie beim Velofahren ist, das Moderieren verlernt man nicht so schnell. Dennoch kenne ich meine Ansprüche. Was wir machen, muss gut sein. Dann habe ich noch einen privaten Challenge: Ich war mit meiner fünfjährigen Tochter neulich erstmals bei einem Fussballspiel. Sie fand das sehr interessant. Jetzt muss ich irgendwie dafür sorgen, dass sie nicht plötzlich tagelang vor dem TV sitzt und jedes EM-Spiel schaut, obschon ich das ja selber auch gerne machen würde. Meine Prognose? Die Schweiz kommt bis in den Viertelfinal. Weltmeister wird nicht Frankreich, das sagen alle, ich setze auf Deutschland.»



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Andreas Böni

Stv. Chefredaktor Sport Blick-Gruppe

«Die grösste Herausforderung für mich persönlich ist, dass man sich mit den Spielern nicht von Angesicht zu Angesicht austauschen kann. Gerade nach Spielen konntest Du einander dann durchaus auch menschlich spüren. Zudem sind die Flüge nach Aserbaidschan, wo wir zwei Mal in Baku spielen, umständlich und mühsam. Die EM in elf verschiedenen Ländern auszutragen, halte ich nach wie vor für eine Schnapsidee. Auch, weil die Atmosphäre eines Turniers verloren geht, die Seele fehlt. Wie weit die Schweiz kommt? Mindestens in den Viertelfinal, diese Nati-Generation ist ab diesem Sommer bis nach der WM 2022 in Katar auf dem Zenit, alters- und leistungsmässig. Als Europameister tippe ich auf die Franzosen, die haben eine der besten Mannschaften aller Zeiten.»



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Stephan Ramming

Sport-Redaktor NZZ und NZZ am Sonntag

«Wegen der Covid-Einschränkungen wird die Berichterstattung und die Reiserei noch komplizierter. Die offiziellen Kontakte mit Spielern und Trainern laufen alle virtuell, Eins-zu-eins-Begegnungen wird es wenig geben. Die Uefa und die Teams können die Kommunikation dadurch besser nach eigenem Gusto lenken. Szenen wie in der Mixed-Zone nach dem Serbien-Spiel an der WM wird man an dieser Euro nicht mitbekommen, weil es keine Mixed-Zonen geben wird. Die Schweizer wollen in den Achtelfinal. An diesem Ziel wird man sie messen und daran, ob sie auch unbesehen von den Ergebnissen Freude bereiten. Wie weit der Weg der Schweizer sein wird und wer den Titel holt – keine Ahnung. Deshalb geht man ja als Journalist ans Turnier. Nicht um zu Pokern, sondern um darüber zu schreiben, was sein wird. Trotzdem: Wer Europameister wird, muss voraussichtlich Frankreich schlagen.»



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Thomas Renggli

Autor und Fussballexperte

«Als Freelancer mit Heimbasis Zürich bringt das Turnier keine speziellen Herausforderungen. Für die Kollegen, die mit der Nationalmannschaft mitreisen, ist die Sache logistisch wie finanziell sehr kompliziert. Mit 9700 Reisekilometern allein während der Vorrunde ist der Schweiz der Vielflieger-Award gewiss. Grundsätzlich muss man sagen: Die ursprünglich schöne Idee, das Turnier aus Anlass des 60-Jahre-Jubiläums der EM in ganz Europa auszutragen, muss mittlerweile als Verhältnisblödsinn bezeichnet werden. Der Fussball setzt damit ein höchst fragwürdiges Zeichen. Denn er stellt sich über medizinische und politische Bedenken. Granit Xhaka hat angekündigt, dass er frische Wäsche für die Zeit bis zum Final einpackt. Er wird mit vielen sauberen Kleidern nach Hause kommen. Für die Schweiz ist nach der Vorrunde Schluss. Sorry! Und wer wird Europameister? Der Verstand sagt Frankreich, aber das Herz England. Und weil die Engländer dank der Spielplankonstellation – abgesehen vom Viertelfinal – immer im Wembley spielen können, besitzen sie den Heimvorteil: wie an der WM 1966!»



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Jan Zürcher

Leiter Sport Südostschweiz

«Ich sehe für unsere Redaktion (TV, Radio, Online und Print) bei der EM-Berichterstattung die geografische und thematische Nähe als grösste Herausforderung. Da wir mindestens während der Gruppenphase nicht vor Ort berichten können, ist es ungleich schwerer, die persönlichen Geschichten zur Euro an unsere Leserinnen und Leser zu bringen. Es wird dadurch auch nicht möglich, mittels Bildstrecken, Videos und Blogs Einblicke in das ‹Turnierleben› zu geben. Das Minimalziel für die Schweizer Nationalmannschaft muss die Achtelfinal-Qualifikation sein und, auch wenn das bislang stets Endstation bedeutete, mit Losglück und der nötigen Reife sollte es dieses Mal klappen. Europameistertipp: Völlig langweilig, aber Frankreich macht es, die Breite und individuelle Klasse sprechen für sich. Der mutigere Tipp wäre dann Italien.»



Die Uefa Euro 2020 ist auch Thema im «persoenlich.com Feierabend-Talk» auf Clubhouse. Dieser findet am Donnerstag um 20.30 Uhr statt.


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