17.05.2017

Medienclub

Warum in der Runde erstmals die Frauen fehlten

Die SRF-Talksendung vom Dienstagabend ist kritisiert worden, weil ausschliesslich Männer mitdiskutieren. Moderator Franz Fischlin rechtfertigt gegenüber persoenlich.com die Zusammensetzung. Er plant nun eine Sendung ausschliesslich mit Frauen zum Thema «Sichtbarkeit von Frauen in den Medien».
Medienclub: Warum in der Runde erstmals die Frauen fehlten
Franz Fischlin, Moderator vom «Medienclub»: «Ich lege meine Hände ins Feuer: Ich engagiere mich stark in der Frauenfrage.» (Bild: SRF/Oscar Alessio)

Der SRF-«Medienclub» vom Dienstagabend widmete sich dem Thema «Project R – David gegen Goliath» (persoenlich.com berichtete). Nicht nur der Hebräer David und der Philister Goliath im Sendungstitel waren männlich, auch der «Medienclub» selber war ein «Männerclub». Schon vor der Sendung fragte deshalb Politikberater Mark Balsiger auf Twitter: «Braucht es eigentlich Eier, um Frauen einzuladen?»


«Wir haben die Eier», sagt Moderator Franz Fischlin und lacht durchs Telefon – und ist gleichzeitig betroffen, dass die Kritik «ausgerechnet» seine Sendung treffe. Auf Anfrage von persoenlich.com betont er, dass in den letzten sechs Ausgaben des «Medienclubs» jeweils immer mindestens eine Frau in der Runde sass. «Wir bemühen uns immer stark darum, die Frauen sichtbar zu machen. Wir wollen den Zuschauern zeigen, dass es ausgesprochen viele Top-Journalistinnen gibt in diesem Land», so Fischlin. Bei der siebten Ausgabe sei es jedoch nicht gelungen, eine Frau in die Runde zu bringen.

Wie die Runde zusammengesetzt wurde

Da das «Project R» und dessen geplantes Onlinemagazin «Republik» im Zentrum der Sendung standen, sei klar gewesen, dass zwingend jemand von «Project R» dabei sein müsse – und zwar die Köpfe des Projektes. «Das sind nun mal zwei Männer, Constantin Seibt und Christof Moser», erklärt Fischlin. Tatsächlich sei in Erwägung gezogen worden, eine Frau von «Project R» einzuladen. «Meiner Meinung nach war Moser aber die richtige Wahl, weil er bereits seit zehn Jahren überlegt, ein solches Medienmodell zu machen. Und zudem ist er ein langjähriger Medienkritiker», sagt der Moderator.

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Eine reine Männerrunde (v.l.): Viktor Giacobbo, Christof Moser, Franz Fischlin, Markus Somm und Christian Dorer. (Bild: Screenshot SRF)


Zwingend sei auch die Teilnahme eines Vertreters des Verlegerverbandes gewesen. Nach mehreren Anfragen fiel die Wahl auf Markus Somm, der den Verband mitprägte – und «er ist nicht nur jemand aus der Praxis, sondern auch ein Verleger». Klar war auch, dass jemand von Tamedia oder Ringier an der Runde teilnehmen sollte. «In den oberen Hierarchiestufen dieser Konzerne gibt es leider nicht viele Frauen», so Fischlin. Die vierte Position wurde durch Satiremacher Viktor Giacobbo besetzt. Hätte hier nicht genauso gut eine Frau Platz nehmen können? «Viktor Giacobbo ist seit vielen Jahrzehnten ein bekennender Newsjunkie und auch einer, der durch sein Bekenntnis zum ‹Project R› für eine ausgewogene Runde sorgte. Aber ich nehme die Kritik ernst.»

Frauen werden selbst zum Thema

Franz Fischlin hätte gerne jeweils mehr Frauen in den Diskussionsrunden. Vor den Sendungen würden unzählige Gespräche geführt – auch mit sehr vielen Frauen. «Ein Prozess, der sich manchmal über mehrere Wochen hinwegzieht», so Fischlin. Nur: «Das Sendekonzept sieht vor, dass wir häufig auch die Macher in führenden Positionen am Tisch haben. Aber die Auswahl ist leider eng», so der 54-Jährige. «Mit dieser Kritik, es sei eine reine Männerrunde gewesen, rennt man allerdings gerade bei mir offene Türen ein. Der ‹Medienclub› wurde nicht zuletzt auch mit dem Anspruch lanciert, Frauen dabeizuhaben. Dafür habe ich mich von Anfang an persönlich stark gemacht», sagt der Moderator. Häufig würden sich aber angefragte Frauen im Fernsehen auch nicht exponieren wollen. «Das hören wir leider sehr oft.»

Fischlin ist sich des Problems bewusst – er verspricht: «Eine reine Männerrunde wird es höchstwahrscheinlich nicht mehr geben.» Und zum anderen soll die ganze Thematik gleich zum Sendungsthema werden: «Wir diskutieren einen ‹Medienclub› zum Thema: ‹Sichtbarkeit von Frauen in den Medien›.» Dass das bereits in der nächsten Folge im August der Fall sein wird, kann Fischlin noch nicht versprechen. «Ich plane nicht so lange im Voraus. Aber ich möchte dieses Thema so schnell als möglich realisieren. Es ist spannend, aber auch komplex.» Klar sei jetzt schon: «Das wird eine reine Frauenrunde.» Mit Ausnahme des Moderators natürlich.

 

 

 

 

 

 

 


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KOMMENTARE

Roland Kaiser
18.05.2017 09:42 Uhr
Was ist so schlimm an einer reinen Männerrunde? Ist das nicht mehr erlaubt? "Fischlin ist sich des Problems bewusst"? Sind nur noch gemischte Gruppen erlaubt? Aber eine reine Frauenrunde ist ok? "Eine reine Männerrunde wird es höchstwahrscheinlich nicht mehr geben.". Warum? Anscheinend ist es ok, das Geschlecht vor Kompetenz & Inhalt zu setzen. Mir ist die Realität und die Wahrheit lieber als Wunschdenken wenn es um Inhalte geht.
Hanspeter Bundi
18.05.2017 08:55 Uhr
Um die einseitige Zusammenstellung der letzten Gesprächsrunde vergessen zu machen, plant Herr Fischlin also eine reine Frauenrunde. Thema: Sichtbarkeit von Frauen in den Medien. Eine Satirikerin braucht es dann nicht mehr, denn allein die Anordnung ist Realsatire pur.
Thomas Binder
17.05.2017 16:20 Uhr
Und schon wird nicht über den Inhalt der Sendung eigentlich zum Thema "Desinformationspresse im Auftrag deren Besitzer oder Informationspresse im Auftrag deren Konsumenten" debattiert, sondern die berechtigte Empörung der Konsumenten vom unangenehmen Thema ab- und umgelenkt auf Sexismus, die älteste und an zuverlässigsten funktionierende Methode zur Ablenkung und Spaltung der Gesellschaft - divide et impera. Verleger und Journalisten, welche im Ernst noch nicht begriffen haben, weshalb ihnen ihre Konsumenten davon laufen, sollten sich vielleicht doch einmal über Journalismus nachdenken und öffentlich darüber reden, vielleicht nach einem Blick auf diese klitzekleine Spitze deren fake news Eisbergs, notabene ante Trump... Wir müssen über Journalismus reden! https://www.vimentis.ch/dialog/readarticle/wir-muessen-ueber-journalismus-reden/
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