26.06.2018

Regionalmedien-Allianz

Weko schaut bei NZZ und AZ Medien genau hin

Die Wettbewerbskommission prüft das geplante Joint Venture der beiden Medienhäuser vertieft. Als Grund nennt sie unter anderem die mögliche Marktbeherrschung in den Lesermärkten für Tageszeitungen in den Gebieten Solothurn, Aargau sowie Basel.
Regionalmedien-Allianz: Weko schaut bei NZZ und AZ Medien genau hin
Verkünden den Plan des Joint Ventures: Pascal Hollenstein, Leiter Publizistik NZZ, Peter Wanner, Verwaltungsratspräsident der AZ Medien, Axel Wüstmann, CEO AZ Medien, und Etienne Jornod, Verwaltungsratspräsident der NZZ. (Keystone/Ennio Leanza)

Die Wettbewerbskommission (Weko) prüft den geplanten Zusammenschluss von AZ Medien und NZZ vertieft. Sie vermutet, dass auf verschiedenen Märkten eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärken könnte. Anhaltspunkte dafür sieht sie in den Lesermärkten für Tageszeitungen in den Gebieten Solothurn und Aargau sowie im Zeitschriften-Werbemarkt im Bereich Gebäudetechnik, wie die Weko am Dienstag mitteilte.

Weiter bestünden Anhaltspunkte für die Begründung oder Verstärkung einer kollektiven Marktbeherrschung im Lesermarkt für Tageszeitungen im Gebiet Basel und im Lesermarkt für Sonntagszeitungen. Daher will die Weko vertieft prüfen, wie sich der geplante Zusammenschluss auf den Wettbewerb auswirkt, wie es weiter heisst. Diese Prüfung erfolgt innerhalb der gesetzlichen Frist von vier Monaten.

Zusammenschluss als Notwendigkeit

Die AZ Medien und die NZZ-Mediengruppe nehmen den Entscheid der Weko zur Kenntnis, teilen die Einschätzung aber nicht. Sie sehen den Zusammenschluss nicht als Problem, sondern als Notwendigkeit. AZ Medien und NZZ-Mediengruppe erachten den Zusammenschluss aufgrund des hochkompetitiven Marktumfelds und weil sich die Marktgebiete der beiden Unternehmen ergänzen als unproblematisch, wie sie am Dienstag gemeinsam mitteilten.

Sie stufen den Zusammenschluss vielmehr als notwendig ein, «um langfristig am Markt bestehen zu können». Die beiden Medienunternehmen sind deshalb zuversichtlich, dass die Weko das geplante Joint Venture bis zum Herbst 2018 genehmigen wird. So lange verzögere sich der Vollzug der Transaktion.

Die NZZ-Mediengruppe und die AZ Medien haben im vergangenen Jahr angekündigt, dass sie ihre Regionaltitel zusammenlegen und ein Unternehmen schaffen wollen, das 20 Bezahlzeitungen in 13 Kantonen unter einem Dach vereint (persoenlich.com berichtete). Die «Neue Zürcher Zeitung» bleibt bei der NZZ. Das Joint Venture soll den Namen «CH Media» tragen (persoenlich.com berichtete).

Neue Nummer eins in der Deutschschweiz

«CH Media» soll mit über 80 Marken jeden zweiten Einwohner in der Ost-, Nordwest- und Zentralschweiz über Print, Online, TV und Radio erreichen und wird an über 25 Standorten in der Region präsent sein. Damit wird das neue Unternehmen die Nummer eins in der Deutschschweiz werden, wie Etienne Jornod, Verwaltungsratspräsident der NZZ-Mediengruppe, bei der Präsentation im Dezember 2017 sagte.

Allerdings gibt es auch Kritiker des Zusammenschlusses: So forderte der Berufsverband Impressum damals unter anderem, die Weko solle die Fusion verbieten. Die Beherrschung des publizistischen Marktes könne sozial schädlich sein und damit greife Artikel 1 des Kartellgesetzes, argumentierte der Verband. (sda/wid)



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Kommentare

  • Ueli Custer, 26.06.2018 09:08 Uhr
    Wie ahnungslos geht denn die WeKo in diese Prüfung? In Kanton Solothurn und im Aargau sind die AZ Medien längst marktbeherrschend um nicht zu sagen Monopolist. Daran ändert der Zusammenschluss nicht das Geringste. Zumal bereits jetzt die gleichen Interviews und Artikel aus dem ausserlokalen Bereich sowohl in der Nordwestschweiz als auch im St. Galler Tagblatt (und vermutlich auch in der Luzerner Zeitung) publiziert werden. In Basel werden sich in Zukunft sogar zwei starke Medienmarken von zwei starken Playern gegenüberstehen. Die Konkurrenzsituation wird also eher verstärkt. Und aus dem Sonntagsmarkt hat sich die AZ Medien ja schon längst verabschiedet. Zudem: Die enge redaktionelle Zusammenarbeit der Tamedia-Tageszeitungen in der Deutsch- und Westschweiz hat die WeKo nie geprüft weil damit keine Veränderungen der Besitzverhältnisse verbunden waren. Sie hatte also gar keine Handhabe, dagegen vorzugehen. Würde der Zusammenschluss AZ/NZZ-Regionalzeitungen verboten, wäre dies aber eine krasse Ungleichbehandlung.
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