14.11.2002

"Wer spricht denn hier von ramponiertem Image?"

Die Ringier AG hat am Mittwochabend den Abbruch ihrer Beteiligungs-Gespräche mit dem deutschen Axel Springer Verlag bekanntgegeben. Ausschlaggebend sei gewesen, dass Michael Ringier die Eigenständigkeit seines Verlages bewahren wolle, heisst es in der Mitteilung. Für Springer wiederum kommt gemäss Sprecherin des Berliner Verlags nur eine volle Fusion in Frage. "persoenlich.com" hat sich mit dem operativen Ringier-Konzernleiter Martin Werfeli (Bild) unterhalten. Das Interview:
"Wer spricht denn hier von ramponiertem Image?"

Springer will eine vollständige Übernahme, Ringier möchte seine Unabhängigkeit bewahren...

Das ist nicht so! Wir haben eine Auslegeordnung der verschiedenen Zusammenarbeitsvarianten gemacht und dabei herausgefunden, dass nur eine vollständige Verschränkung der beiden Unternehmen Sinn machen würde. Eine solche hat für uns aber nie zur Diskussion gestanden.

Trotzdem: Warum hat es zwei Monate gedauert, solche Grundlagendifferenzen festzustellen?

Springer war in dieser Phase auch mit der Kirch-Liquidation beschäftigt. Unklar war auch, ob Herr Kirch seine Springer-Anteile nicht selber zu Preisen anbieten würde, die zu bezahlen wir nicht bereit waren. -- Gespräche dieser Tragweite dauern ganz einfach lange, schliesslich geht man so eine Kooperation nicht alle Tage ein.

Dass Springer eine vollständige Übernahme vorzieht, schien in dieser Zeit immer wieder durch. Ihre offizielle Begründung wirkt daher etwas fadenscheinig. Welches sind die wirklichen Gründe für das Scheitern?

Nach den Plänen von Springer müssen Sie Springer schon selber fragen. Für uns hat die vollständige Übername jedenfalls, wie gesagt, nie zur Diskussion gestanden. Andere Gründe als die genannten gibt es für das Ende der Gespräche nicht.

Welche Synergien hätte es bei einer Zusammenarbeit überhaupt gegeben? Die Druckpreise beispielsweise sind heute bereits am Tiefpunkt.

Der Hauptvorteil bestand in einer gewissen Einkaufsgrösse. Papier, um nur einen Bereich zu nennen, beziehen Springer und Ringier europaweit in etwa von den gleichen Lieferanten. Attraktiv wäre auch ein Know-how-Transfer gewesen, etwa bei den Magazinen oder bezüglich der Märkte Osteuropa und Asien. Hinzu kommen weitere Synergiepotentiale.

Die Gespräche mit Springer liessen den Eindruck eines starken, aktiven Unternehmens entstehen. War das Ganze letztlich eine PR-Aktion, um Ringiers ramponiertes Image aufzupolieren?

Wer spricht denn hier von ramponiertem Image? Dass Springer uns als möglichen Partner in Betracht zog, beweist jedenfalls, dass wir tatsächlich ein ernstzunehmender Marktteilnehmer auch in Europa sind.

Wird Ringier jetzt nach anderen Partner suchen?

Wir haben nicht nach einem Partner gesucht. Die Opportunität entstand vielmehr durch die Illiquidität des Kirch-Konzerns. Jetzt einfach nach jemand anderem zu suchen, wäre strategielos.


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren