26.11.2002

"Wir arbeiten oberhalb der Wasserlinie"

Auch an Ringier ist der Anzeigen-Einbruch nicht spurlos vorbeigegangen -- stark betroffen ist vorallem der Wirtschaftstitel Cash. Dennoch erwartet das Medienhaus für 2002 einen Gewinn in zweistelliger Millionenhöhe, wie der operative Konzernleiter Martin Werfeli am traditionellen Herbstpressegespräch vom Dienstagmorgen bekannt gab. Als eigentlichen Lichtblick bezeichnete Verleger Michael Ringier das Ostgeschäft. Dennoch wolle man das angekündigte konzernweite Sparprogramm fortführen -- Entlassungen inklusive. Partnerschaften mit anderen Verlagshäusern seien auch nach der geplatzten Fusion mit Springer eine Option.
"Wir arbeiten oberhalb der Wasserlinie"

Verleger Michael Ringier zeigte sich vor den rund 20 Journalisten gut gelaunt. Und mokierte sich darüber, dass beim letzten Pressegespräch wegen dem damals aktuellen "Fall Borer" sehr viel mehr Leute ihren Weg an die Dufourstrasse 23 gefunden hätten. Dann wurde Ringier aber schnell ernst, als er die wirtschaftliche Situation der Schweizer Medien analysierte. Auch an seinem Verlagshaus sei der Anzeigeneinbruch nicht spurlos vorbeigegangen, wie er ausführte. So laufe das Inland-Geschäft "nicht besonders gut". Ganz schlecht weggekommen sei die Wirtschaftszeitung Cash, die seit 2000 45 Prozent der Inserate verloren habe. Man habe bekanntlicherweise aber bereits reagiert, u.a. mit der "Reduzierung auf zwei Bunde plus einem neuen Chefredaktor".

Gemäss COO Martin Werfeli verdankt Ringier den im Vergleich zu anderen Häusern geringen Einbruch u.a. der Tatsache, dass man nicht auf Stellenanzeigen angewiesen sei. Natürlich habe es bei den kommerziellen Anzeigen Einbrüche gegeben, bei den Zeitschriften würden sich diese aber in einem bescheidenen Rahmen bewegen. "Im Unterschied zu anderen Verlagen arbeiten wir noch immer über der Wasserlinie", meinte er denn auch.

Gemäss COO Martin Werfeli verdankt Ringier den im Vergleich zu anderen Häusern geringen Einbruch u.a. der Tatsache, dass man nicht auf Stellenanzeigen angewiesen sei. Natürlich habe es bei den kommerziellen Anzeigen Einbrüche gegeben, bei den Zeitschriften würden sich diese aber in einem bescheidenen Rahmen bewegen. "Im Unterschied zu anderen Verlagen arbeiten wir noch immer über der Wasserlinie", meinte er denn auch.

Den Auflagenverlust beim SonntagsBlick bezeichnete Werfeli als weniger stark als befürchtet. Dies, obwohl man trotz der Lancierung der NZZ am Sonntag das Preisgefüge beibehalten habe. So seien "alle Anzeigen, die bei uns erscheinen, bezahlt", wie er süffisant anmerkte.

Am Westschweizer Sonntagstitel dimanche.ch will Ringier weiter festhalten, eventuell auch mit Partnern. Man rechne damit, dass der Verlust im kommenden Jahr halbiert werden könne. Zwar habe dimanche.ch auf dem Markt keinen einfachen Stand, dies auch wegen dem hauseigenen Titel L'Hebdo. Handkerum sei ihm die eigene Konkurrenz lieber als fremde.

'Schwarze Null' in Zofingen -- TV-Geschäft positiv

Auf die Druckereien in Adligenwil und Zofingen angesprochen, zeigten sich sowohl Werfeli als Ringier optimistisch, obwohl momentan nahezu jede Woche irgendwo eine Druckerei zum Verkauf stehe. So habe sich Adligenswil "ordentlich gehalten". Beim Illustrationdruck in Zofingen spüre man zwar die Überkapazitäten, und die Kostenbasis sei weiterhin zu hoch. Werfeli vermeldete aber dennoch -- mit einem Wink zur Konkurrenz -- eine "schwarze Null". Ein Begriff, den er "erst kürzlich gelernt" habe. Ringier fügte hinzu: "Wenn eine Druckerei die Marktbereinigung in der Schweiz überlebt, dann wird es wohl diese sein". Ein Verkauf sei somit kein Thema, eine Partnerschaft schon eher.

Recht gut entwickelt hat sich gemäss Michael Ringier das TV-Geschäft. Zwar resultiere in diesem Jahr noch ein kleines Minus, das sich aus den eingekauften Fussball-Rechten ergebe. Im nächste Jahr sei aber ein schöner Gewinn zu erwarten -- "obwohl wir gemäss Roger Schawinski alles falsch gemacht haben".

Lichtblick Ostgeschäft -- stabiler Asien-Markt

Als eigentlichen Lichtblick bezeichnete der Verleger das Ostgeschäft. Zwar seien auch hier die Zeiten härter geworden, doch habe Ringier vor allem in Tschechien eine sehr starke Marktposition. Unter anderem, weil im Boulevard-Bereich die letzte Konkurrenz vor rund zwei Monaten die Segel gestrichen habe und der Blesk nun allein am Markt sei. "Im Osten zeigt die Auflage der Printtitel für diese schlechten Zeiten in eine ungewohnte Richtung -- nämlich nach oben", freute sich der Verleger. Ringier Europa realisiere zur Zeit 15 Prozent am Gesamtumsatz.

Stabil sei aber auch das asiatische Geschäft, wo man in kleinem Umfang operiere. Ganz bewusst, da sowohl in Vietnam als auch in China die Medien noch immer unter staatlicher Kontrolle seien, was die Planung erschwere. Dennoch gibt sich Ringier positiv: "In China haben wir soeben eine Kochzeitung lanciert -- ein Bereich, der selbst dort kein politisches Thema ist". Wenn sich die beiden Märkte öffnen sollten, habe der Ringier-Verlag eine ausgezeichnete Ausgangsposition.

Festhalten an den Sparmassnahmen plus Entlassungen

Trotz des erwarteten Jahresgewinn in zweistelliger Millionenhöhe will man im Hause Ringier an den angekündigten Sparmassnahmen festhalten. Betroffen seien vor allem Management und Verwaltung, die in den guten Jahren "Fett angesetzt" hätten. Gemäss Michael Ringier soll es, wie bereits Ende September angekündigt, auch zu Entlassungen kommen. Wie viele es seien, wisse er zum jetztigen Zeitpunkt aber noch nicht. "In keinem Fall eine dreistellige Zahl", präzisierte daraufhin Werfeli. Angewandt werden soll dabei jedoch nicht ein Kahlschlag in Prozenten wie zur Zeit etwa bei der Süddeutschen Zeitung, sondern die sogenannte Detailmethode, die von Fall zu Fall abwäge.

Betroffen von den Entlassungen sind auch die Redaktionen, wobei es hier nicht das Hauptziel sei, weniger Leute zu beschäftigen. Ringier: "Wir können nicht sparen und gleichzeitig qualitiativ zulegen". Ziel sei es, die richtige Person am richtigen Ort zu haben. So gesehen seien auch Einstellungen ein Thema. Ringier: "Im Mittelpunkt soll die Effizienz stehen." Ringier habe einen Sozialplan mit den Gewerkschaften ausgearbeitet, über den die Mitarbeiter in dieser Woche informiert werden sollen und der eine Verlängerung der Kündigungsfristen, Abgangsentschädigungen sowie Überbrückungen bis zur Pensionierung beinhalte. Der Verleger: "Unsere Mitarbeiter verdienen einen anständigen Sozialplan".

Kosten sollen auch bei der Werbung eingespart werden, wobei es gemäss Werfeli nicht darum gehe, die Budgets einfach zusammenzustreichen. Vielmehr wolle man abklären, was wirklich relevant sei, nachdem die Budgets während den guten Jahren kontinuierlich gewachsen seien. Werfeli: "Es kann nicht in unserem Interesse sein, auch das letzte Exemplar verkaufen zu wollen -- das ja bekanntlich das teuerste ist". Aus diesem Grund wolle man generell bei jedem Titel eine vernünftige Auflage anstreben, fügte Ringier hinzu.

Rückblick: Springer und Borer

Auf die abgebrochenen Kooperationsgespräche mit Springer angesprochen, fasste Michael Ringier nochmals die bekannten Punkte zusammen. Durch eine Fusion, die in seinen Augen die einzig sinnvolle Kooperationsmöglichkeit gewesen wäre, hätte das Haus Ringier einen grossen Teil seiner Identität verloren. Zwar wäre es ein "Merger under Equals" geworden, auch wenn Ringier weniger Aktien als Springer gehabt hätte. Dennoch hätten sich er und seine Schwestern aus unternehmerischen Gründen dagegen entschieden. Allerdings nicht, ohne vorher die Hausaufgaben gemacht zu haben, wie er anfügte. "Ein Verlag wie der unsrige ist absolut in der Lage, auch in den nächsten 10 bis 15 Jahren alleine zu überleben." Partnerschaften mit anderen Medienhäusern sehe er weiterhin als Option, vorausgesetzt, es sei ein Quantensprung damit verbunden und die Unabhängigkeit von Ringier garantiert.

Kein Thema war die Borer-Geschichte -- aus rechtlichen Gründen. Michael Ringier: "Das Thema Borer ist für uns erledigt -- Herr Borer macht allein weiter". Auf die Frage, ob denn besagte Bilder nun echt seien, meinte er mit einem Schmunzeln: "Zu dieser Frage darf ich noch nicht einmal lächeln!".

Ausblick: Projekte, Express und FAM

Im Hinblick auf laufende Projekte brachte das Herbstpressegespräch nicht viel Neues. Die beiden Ex-Beobachter-Leute Ivo Bachmann und Philippe Rudin arbeiteten weiterhin am Vorprojekt für eine Servicezeitschrift -- ein Entscheid über die Machbarkeit soll gemäss Michael Ringier im nächsten Sommer fallen. Das Projekt einer Wochenzeitung unter Rudolf Bächtold sei zwar spruchreif. Hier ortet Ringier das Hauptproblem jedoch beim Vertrieb. "Auch wenn das Blatt journalistisch besser wäre als die Weltwoche, heisst das noch lange nicht, dass die bisherigen Weltwoche-Leser umgehend an den Kiosk gehen würden, um unser Produkt zu kaufen". Man sei zur Zeit auf der Suche nach einem kreativen Vertriebsweg. Anschliessend würde man über eine Lancierung entscheiden.

Auf den neuen Pendlertitel Express angesprochen, gab sich Michael Ringier cool. Natürlich behalte man den Markt im Auge und es hätten auch Gespräche sowohl mit der Tamedia als auch mit 20 Minuten stattgefunden. Solange sich das Ganze aber nur im Grossraum Zürich abspiele, sei ihm das "eigentlich egal". "Die neue Marktsituation fängt uns erst dann an zu stören, wenn sie über das Lokale hinausgeht. Abgesehen davon wäre es kaum sinnvoll, wenn die beiden grössten Schweizer Medienhäuser in einen Zeitungskrieg eintreten würden". Für den Druck des geplanten Express habe Ringier im Übrigen eine Offerte eingereicht, von der man bereits wisse, ob sie angenommen worden sei. Die Kommunikation über die Druckvergabe liege aber bei der Tamedia.

Ab kommendem Frühling wird auch der zur Zeit beurlaubte Frank A. Meyer bei Ringier wieder mit von der Partie sein, wie Michael Ringier mit einem "ja sicher" bestätigte. Meyer werde in einer ähnlichen Funktion wie bis anhin an die Dufourstrasse zurückkehren. Ringier: "Ich kann ihn doch nicht plötzlich als Manager einstellen!".


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren