16.08.2023

Tamedia

«Wir haben die Büros möglichst attraktiv ausgestaltet»

Die Architektin Anna Paola Supino, Schwester des Tamedia-Vorsitzenden Pietro Supino, hat zusammen mit Jörg Schwarzburg die ehemalige Druckerei des Tages-Anzeigers umgebaut. Aus dem historischen Gebäude wurden Open-Space-Büros, Sitzungszimmer und der Tamedia-Newsroom.
Tamedia: «Wir haben die Büros möglichst attraktiv ausgestaltet»
Sie haben die ehemalige Tagi-Druckerei umgebaut: Anna Paola Supino und Jörg Schwarzburg. (Bild: zVg)

Frau Supino, was war der Grund für den Umbau des Tamedia-Gebäudes?
Anna Paola Supino: Unser Auftrag lautete, in einem bereits mehrfach umgebauten – und doch in die Jahre gekommenen – Gebäude zeitgemässe Arbeitsplätze zu schaffen.

Herr Schwarzburg, wo stellten sich die grössten Herausforderungen?
Jörg Schwarzburg: Den behutsamen Umgang mit historischer Substanz zu pflegen, ist oft erschwert durch die heutigen Normen und Anforderungen, die nicht immer der Logik der alten Bauten Rechnung tragen. Dies gilt entsprechend auch für den Bauablauf, das Können der Handwerker und die eingesetzten Produkte; die Herangehensweise muss eine andere als bei den üblichen Neubauten sein.

«Für die neue Arbeitswelt wurden verschiedene Arbeitsplatzqualitäten geschaffen»

Neu arbeiten 285 Mitarbeitende in den neuen Räumen. Welche Anforderungen stellten sich an die Arbeitsplätze?
Jörg Schwarzburg: Man hat sich dazu entschlossen, den historischen Bau herauszuschälen und seine Qualitäten zu stärken. Die üblichen technischen Anforderungen wie Raumklima, Belichtung und Akustik mussten selbstverständlich mit der Arbeitsorganisation und den gestalterischen Fragen abgeglichen werden.

Anna Paola Supino: Für die neue Arbeitswelt wurden verschiedene Arbeitsplatzqualitäten geschaffen, für ruhiges Arbeiten, für physische und virtuelle Meetings, aber auch für die Möglichkeiten des informellen Austauschs in Kaffeeküchen und Lounges oder auch in den Bewegungszonen.


Ist Homeoffice in Ihrer Planung mit einberechnet?
Anna Paola Supino: Natürlich gibt es durch die Digitalisierung neue Möglichkeiten zu arbeiten, und dies wurde auch in den neuen Konzepten berücksichtigt. Wir haben die Büros möglichst attraktiv ausgestaltet und glauben als Architekten, dass ein physischer Ort für die Zusammenarbeit oft immer noch das Beste ist, vor allem in einer so zentralen und urbanen Umgebung.

Früher waren in diesen Räumen die Druckmaschinen, die den «Tages-Anzeiger» herstellten, untergebracht. Ergaben sich dadurch gewisse Hindernisse?
Jörg Schwarzburg: Ganz im Gegenteil, die für die damalige Zeit sehr fortschrittliche und robuste Betonstruktur mit den grosszügigen räumlichen Verhältnissen und grossen Fensterflächen kam den neuen Ansprüchen sehr entgegen, und man konnte in den überhohen Räumen eine angenehme Atmosphäre schaffen. Die grossen Newsscreens haben den Platz der Druckmaschinen eingenommen.

Wodurch unterscheidet sich das Tamedia-Gebäude von anderen Industriestandorten, die renoviert wurden?
Anna Paola Supino: Es wurde darauf geachtet, die Materialität zu zeigen, um den authentischen Ausdruck des alten Gebäudes nicht zu übertünchen, beispielsweise hat man einerseits darauf verzichtet, alte Strukturen mit Flächen glattzurenovieren, und andererseits hat man Farben und Materialien aus der bauzeitlichen Epoche bevorzugt. Die Fenster wurden nach alten Vorlagen rekonstruiert, sodass die Fassaden nach innen und aussen ein historisch korrektes Bild ergeben und sich klar von den angrenzenden moderneren Gebäuden absetzen. Man hat aber für die Fassaden farblich eine Harmonie geschaffen.

«Das Gebäude musste in Etappen umgebaut werden, blieb aber während der gesamten Zeit in Betrieb»

Die Planungsphase dauerte 55 Monate, also über vier Jahre. Warum ging das so lange?
Jörg Schwarzburg: Es handelt sich um ein 100-jähriges Gebäude, das im Vorlauf grundlegend zu analysieren war. Während der Freilegung kam es zudem zu neuen Erkenntnissen, die in die Planung eingeflossen sind und diese teilweise auch sehr bereichert haben. Die Arbeitsatmosphäre hat dadurch einen entsprechenden einzigartigen Charakter bekommen. Das Gebäude musste in Etappen umgebaut werden, blieb während der gesamten Zeit in Betrieb und musste wie alle Baustellen während der Pandemie auf die geltenden Vorschriften Rücksicht nehmen. Das war für die Bauleitung nicht einfach, und der Umbau wurde mit all diesen Erschwernissen im Prinzip trotzdem zügig durchgesetzt.

Vor zehn Jahren wurde das Gebäude von Shigeru Ban eingeweiht, vor zwanzig Jahren der Glaspalast von Theo Hotz. Wie funktioniert beides mit Ihrem Bau?
Anna Paola Supino: Wir haben versucht, einen gemeinsamen Nenner zu finden und den Zwischenbau, der bereits mehrmals aufgestockt wurde, als historischen Kern des Areals zu bewahren und zu stärken. Es handelt sich um den ältesten verbliebenen baulichen Zeugen des «Tages-Anzeigers» und ist somit Teil der über 100-jährigen Geschichte dieses Standortes.

Jörg Schwarzburg: Wir haben zudem ein Farb- und Materialkonzept erarbeitet, das dieser Tatsache Rechnung trägt und gleichzeitig die architektonischen Eigenheiten des historischen Industriegebäudes aufzeigt.

Wie sind die ersten Reaktionen auf Ihren Bau?
Anna Paola Supino: Bisher gab es keine nennenswerten Beschwerden, was gemäss Pietro Supino, VR-Präsident und Verleger, als grosses Kompliment zu werten sei. Der Fotograf hat uns aber freudig berichtet, dass sich während seiner Aufnahmearbeiten in den neuen Räumlichkeiten viele Personen positiv beeindruckt gezeigt hätten. Die Redaktionen sprechen von einer guten Arbeitsatmosphäre und Auslastung der Arbeitsflächen, worüber wir uns natürlich sehr freuen.


TX Group
Der Medienkonzern TX Group hat über 50 Marken, darunter die Tamedia mit ihren Zeitungstiteln und der Pendlerzeitung «20 Minuten». Zum heutigen Portfolio gehören zusätzlich die Werbevermarkterin Goldbach und neu Clear Channel. Die TX Group ist ausserdem Mehrheitsaktionärin der SMG Swiss Marketplace Group, von JobCloud, Doodle und Zattoo. Verwaltungsratspräsident ist Pietro Supino. Das Stammhaus am Stauffacherquai und an der Werdstrasse beinhaltete neben den Redaktionen auch ein historisches Druckgebäude, das umgebaut wurde.

Credits
Anna Paola Supino, Architektur APS GmbH &
Jörg Schwarzburg, Schwarzburg Architekten AG  
Licht Design: Lite Lab Milano
Supergraphics und Beschriftungen: Anne Scott
Fotograf: Davide Galli


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