21.09.2021

Ehrenfrauen

«Wir hatten Lust auf unser eigenes Ding»

Die früheren SRF-3-Journalistinnen Tina Nägeli und Jacqueline Visentin haben einen Podcast lanciert. Im Interview erklären sie, wie sie auf Gesprächsthemen wie E-Scooter kommen. Und Tina Nägeli erzählt, wie sie die Zeit seit ihrem Abgang bei SRF noch genutzt hat.
Ehrenfrauen: «Wir hatten Lust auf unser eigenes Ding»
Am Mittwoch erscheint die fünfte Folge des Podcasts der beiden Freundinnen Tina Nägeli (links) und Jacqueline Visentin. (Bilder: zVg)
von Tim Frei

Frau Nägeli, Frau Visentin, was war der Auslöser für den gemeinsamen Podcast?
Tina Nägeli: Das Thema Podcast kam bereits vor längerer Zeit mal auf, versandete aber immer wieder. Solche Projekte brauchen Raum und natürlich auch Zeit. Nach meiner Kündigung bei SRF 3 hatte ich beides, da ich mir eine kreative Auszeit gönnte. Und zu meinem Glück hat Jacqueline sofort zugesagt.

Jacqueline Visentin: Wir hatten beide Lust auf unser eigenes Ding und darauf, möglichst ohne Kompromisse kreativ zu sein. Das klappt gut, weil wir uns sehr gut kennen und unsere Vorstellungen sich meist decken. In diesem Podcast bestimmen und machen wir von A bis Z alles selbst. Das sind zu 100 Prozent wir: unsere Themen, unsere Ideen, unser Humor.

Diese Woche erscheint bereits Folge fünf. Weshalb sind Sie still und heimlich gestartet?
Nägeli: Wir wollten «einfach mal machen» und ausprobieren – ohne grosses Tamtam. Wenn man ein Herzensprojekt realisiert und das von Anfang an riesengross ankündigt, schürt man ganz viele Erwartungen. Wir wollten uns aber von nichts beeinflussen lassen, sondern genau das machen, was uns gefällt.

Wie sind Sie zum Namen «Ehrenfrauen» gekommen?
Visentin: Ich bin ja der Meinung, dass der Name bei einem Podcast keine Rolle spielt. Trotzdem war die Namensfindung bei uns ein längerer Prozess, weil wir viele Ideen hatten. «Ehrenfrauen» war von Anfang an unter den Favoriten. Kurz und knackig. Wir assoziieren damit Frauen, die zu sich und ihrem Wort stehen und ihre Meinung laut und deutlich sagen – so wie wir.

Cover Ehrenfrauen

Wie kommen Sie eigentlich zu den Themen?
Nägeli: Die Themen kommen eher zu uns als umgekehrt. Wir sprechen über Situationen aus unserem Alltag, gesellschaftliche Phänomene oder über menschliche Eigenheiten, die uns auffallen – sei es an uns selbst oder an anderen. Das können einfache Themen sein wie E-Scooter oder lustige Erlebnisse. Wir thematisieren aber auch komplexere Fragen nach gesellschaftlichen Normen und Konstrukten. Bei uns hat all das Platz, was uns privat interessiert, beschäftigt oder ausmacht.

Frau Nägeli, vor fast einem halben Jahr haben Sie gesagt, dass Sie offen für neue Ideen, Projekte, Aufgaben sind. Nebst dem Podcast: Haben Sie bereits eine neue Herausforderung gefunden?
Nägeli: Die Frage kommt für mich minimal zu früh, da ich noch mit mindestens einem Bein in meiner Auszeit stehe. Ein halbes Jahr klingt nach viel und es ist natürlich ein riesengrosses Privileg, sich diese Zeit nehmen zu können. Das war mir deshalb so wichtig, weil wir das in unseren Breitengraden meiner Meinung nach viel zu selten machen: innehalten und den Kompass neu ausrichten. Ein Leben dauert nicht ewig. Ich möchte meine begrenzte Zeit hier nicht dem Zufall überlassen, sondern sie gestalten und geniessen. Wenn man jahrelang einen Beruf ausübt und eine bestimmte Rolle hat, braucht es einen Moment, um sich davon freizumachen. Wie Clueso so schön singt: «Veränderung braucht 'nen klaren Kopf.» Bevor man sich auf ein neues Abenteuer einlässt, muss man wissen, in welche Richtung man rennen will.

«Inzwischen bin ich sehr erholt und weiss: Aus mir wird nicht plötzlich eine Buchhalterin oder eine Lamazüchterin» 

Wie haben Sie diese Zeit genutzt?
Nägeli: Ich habe mich gefragt: wo stehe ich, wo will ich hin? Was schlummert noch in mir, was ich noch nicht ausprobiert habe? Ein eigener Podcast zum Beispiel. Aber ich habe mir ja nicht nur Gedanken gemacht in diesem halben Jahr. Ich habe ganz viel aufgeholt, was vorher mit Frühdienst nicht immer möglich war. Am Abend Freunde treffen zum Beispiel. Oder ausschlafen – dies lange, richtig lange.

Wo sehen Sie sich denn in der Zukunft?
Nägeli: Inzwischen bin ich sehr erholt und weiss: Aus mir wird nicht plötzlich eine Buchhalterin oder eine Lamazüchterin. Ich bin richtig in der Moderation, ich liebe den Livemoment, das Unvorhersehbare. Sowohl am Mikrofon wie auch vor der Kamera oder auf Bühnen. Ich funktioniere am besten unter Druck, wenn ich jetzt sofort liefern muss. Ich möchte weiterhin als Moderatorin tätig sein. Mich würde es auch reizen, Themen vertiefter anzugehen, etwa in einer Dokumentation oder einem Reportageformat. Und vielleicht beherzige ich irgendwann den wiederkehrenden Vorschlag aus meinem beruflichen und privaten Umfeld und wage einen Ausflug in die Comedy? Wer weiss – warum nicht?


Jacqueline Visentin arbeitet heute als Journalistin und Kommunikationsberaterin. Die 38-Jährige war mehrere Jahre Moderatorin bei SRF Virus, ehe sie in der gleichen Funktion zu SRF 3 wechselte. Unter anderem moderierte sie die Musiksendung «Sounds!». Danach war sie Programmleiterin bei SRF Virus.

Tina Nägeli moderierte seit 2010 diverse Sendungen für Radio SRF und begleitete als Morgenstimme von SRF 3 die Hörerinnen und Hörer in den Tag. Während drei Jahren führte die heute 36-Jährige unter anderem als Host für Radio und Fernsehen durch den «SRF 3 Festivalsommer». Im April hatte sie ihren letzten Auftritt für Radio SRF.

Hier gehts zum wöchentlichen Podcast «Ehrenfrauen».



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Kommentare

  • Andi Neukomm, 22.09.2021 08:16 Uhr
    Wie viele Podcasts braucht das Land (noch)? Gespräche mit Freunden sind mir weit wichtiger als Podcasts wie «Ehrenfrauen» oder noch viel schlimmer «Zivadiliring». Einfach mal ein bisschen bla bla bla.
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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