12.09.2020

Watson Romandie

«Wir verhalten uns tatsächlich antizyklisch»

Die AZ Medien expandieren mit dem Internetportal Watson in die Westschweiz. Ab März 2021 werden 20 Journalistinnen und Journalisten vom Standort Lausanne aus berichten. Watson-Geschäftsführer Michael Wanner über den Ableger, die Finanzierung und die Medienförderung.
Watson Romandie: «Wir verhalten uns tatsächlich antizyklisch»
«Wir würden nicht expandieren, wenn das Geschäft nicht so gut laufen würde», sagt Watson-Geschäftsführer und AZ-Verwaltungsrat Michael Wanner. (Bild: Watson)
von Matthias Ackeret

Herr Wanner, Sie haben bekannt gegeben, dass Sie definitiv in die Romandie expandieren (persoenlich.com berichtete). Was ist der Grund?
Das gleiche wie in der Deutschschweiz: Wir wollen das Leitmedium unserer Generation werden. Wir sind überzeugt, dass es in der Suisse Romande publizistisch Raum für ein neues Angebot gibt und dass Watson sehr gut in die Romandie passt.

Sie klingen zuversichtlich.
Das sind wir. Auch weil wir mittlerweile viel Erfahrung haben. Wir haben Watson nicht nur erfolgreich in der Deutschschweiz etabliert, wir haben auch die Erfahrung aus Deutschland, wo wir watson.de zusammen mit unserem Lizenzpartner Ströer seit zweieinhalb Jahren erfolgreich betreiben. Darüber hinaus haben wir mit Sandra Jean die bestmögliche Besetzung für die Chefredaktion. Dank ihres Namens haben wir in kürzester Zeit schon weit über hundert Bewerbungen von Journalistinnen und Journalisten bekommen, ohne dass wir dafür gross geworben hätten.

Ist die Finanzierung gesichert?
Ja, die Finanzierung ist gesichert und wir arbeiten mit Hochdruck auf einen Start im ersten Quartal hin, voraussichtlich im März. Für den Werbemarkt werden wir damit der zweite digitale Anbieter, der eine nationale Abdeckung für mehrsprachige Kampagnen bieten kann.

«Die Suche nach Investoren ist nicht abgeschlossen»

Sie wollten Investoren aus der Romandie gewinnen. Ist das kein Thema mehr?
Wir streben nach wie vor eine breitere Abstützung auf Investorenseite sowie eine regionale Verankerung an. Die Suche nach Investoren – speziell aus der Romandie – ist auch nicht abgeschlossen. Gespräche hierzu sind am Laufen.

Was passiert, wenn Sie keinen weiteren Investor finden?
Dann stellt AZ Medien die Finanzierung sicher.

Ist es nicht etwas waghalsig, mitten in der Coronakrise einen welschen Ableger zu gründen?
Wir verhalten uns tatsächlich antizyklisch. Aber Watson ist sowohl auf Traffic- wie auch auf Umsatzseite hervorragend unterwegs. Wir übertreffen unsere Jahresziele recht deutlich, das macht die Entscheidung natürlich einfacher.

Trotz Kurzarbeit?
Wir waren bei Watson nie in Kurzarbeit. Corona hat uns zwar ins Home- beziehungsweise Split-Office gezwungen, wir haben aber nie jemanden in Kurzarbeit geschickt. Die Entscheidung war nicht ohne Risiko, es wäre verlockend gewesen, auf Vorrat zu sparen in ungewissen Zeiten. Es hätte sich aber falsch angefühlt, die journalistische Manpower in ausgerechnet jenem Moment zu reduzieren, in dem es sie am meisten braucht. Der Entscheid war richtig, die guten Zahlen geben uns Recht.

Hat Watson jetzt den Break-even erreicht?
Wir geben keine Geschäftszahlen bekannt. Wir sind aber sehr gut unterwegs, übertreffen unsere Jahresziele und würden nicht expandieren, wenn das Geschäft nicht so gut laufen würde.

Wie viele Journalisten stellen sie an?
Wir planen mit einem Team von rund 20 Journalistinnen und Journalisten am Standort Lausanne.

«Der Gesetzgeber darf nicht nach Geschäftsmodell diskriminieren»

Wie stehen Sie zur geplanten Förderung von Onlinemedien?
Das geplante Medienförderungspaket ist wichtig, insbesondere die indirekte Presseförderung ist überlebensnotwendig für die Zeitungen. Sie erhalten damit Zeit, die digitale Transformation zu bewältigen. Ich befürworte auch die Förderung von Online, bin allerdings der Meinung, dass der Gesetzgeber nicht nach Geschäftsmodell diskriminieren darf.

Würde Watson kein Geld erhalten?
Nach dem aktuellen Vorschlag würde Watson keine Förderung erhalten, weil wir unser Geld nur mit Werbung verdienen und nicht auch noch mit einer Bezahlschranke. Gefördert werden sollen aber nach dem aktuellen Vorschlag ausschliesslich Paywall-Modelle. Für diese Ungleichbehandlung von Anbietern gibt es keinen nachvollziehbaren Grund. Ich hoffe, diese staatlich sanktionierte Wettbewerbsverzerrung wird noch korrigiert, sodass Reichweitenmodelle genauso förderungsfähig sein werden wie Bezahlmodelle. Am Ende geht es ja um die journalistische Leistung, die gefördert werden soll, und nicht um das Geschäftsmodell.



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Kommentare

  • Esther Jost, 14.09.2020 08:16 Uhr
    Ob sich die AZ Medien tatsächlich antizyklisch verhalten? Vielmehr schreiben sie mit Watson zu tiefroten Zahlen in der Deutschschweiz nun bald auch noch solche in der Westschweiz. Früher nannte die Familie Wanner noch einen Zeitpunkt für den Break-even in der Deutschschweiz, von einem konkreten Zeitpunkt ist schon lange nicht mehr die Rede. Gespart wird dafür auf dem Buckel der Printausgaben.
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