06.09.2020

Trotz Streaming

Zeitungsleser nutzen gedrucktes TV-Programm

Die New York Times kippt nach über 80 Jahren das Fernsehraster aus der Printausgabe. Was machen die Schweizer Verlage? persoenlich.com hat bei Tamedia, Ringier, NZZ und CH Media nachgefragt.
Trotz Streaming: Zeitungsleser nutzen gedrucktes TV-Programm
In der Schweiz offenbar immer noch beliebt: das TV- und Radioprogramm in den gedruckten Zeitungen, hier im Tages-Anzeiger. (Bild: persoenlich.com/cbe)
von Christian Beck

Nach 81 Jahren ist Schluss: Die New York Times kippt das TV-Programm aus der Printausgabe. Die Mehrheit der Abonnenten werde den Wegfall nicht einmal bemerken, schreibt die US-Zeitung. «Wir befinden uns fest im Zeitalter des Streaming», wird Times-Kulturredaktor Gilbert Cruz zitiert. «Der TV-Raster spiegelt nicht mehr die Art und Weise wider, wie die Menschen Fernsehen konsumieren.»

Fraglich, ob das täglich gedruckte Fernsehprogramm (inklusive ein paar Spalten Radio) heutzutage auch in der Schweiz überhaupt noch einem Bedürfnis entspricht. Immerhin bieten Swisscom, Sunrise, UPC, Zattoo, Teleboy und andere Anbieter eigene elektronische Programmübersichten an. Kommt hinzu, dass es auch unzählige On-Demand-Angebote gibt.

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«Dass das TV- und Radioprogramm aus den Printausgaben verschwindet, ist momentan nicht geplant», sagt Stefan Heini, Leiter Unternehmenskommunikation bei CH Media, auf Anfrage von persoenlich.com. Es werde noch immer viel lineares TV geschaut. Die Nachfrage sei noch da. «Es ist ja auch so, dass die Altersklassen, die tendenziell zu den Zeitungslesern gehören, auch jene sind, die lineares TV schauen.» Kommt hinzu, dass CH Media mittlerweile ein ansehnliches Portfolio an TV- und Radiosendern hat.

Auch bei Tamedia klingt es ähnlich. «Derzeit bestehen keinerlei Pläne, das TV- und Radioprogramm nicht mehr in unseren Zeitungen zu publizieren», so die Kommunikationsverantwortliche Nicole Bänninger. Gerade bei langjährigen Leserinnen und Lesern sei das gedruckte TV- und Radio-Programm nach wie vor ein sehr stark nachgefragter Service. «Dies zeigen uns Umfragen sowie auch die vielen Reaktionen, wenn uns mal ein Fehler unterläuft.»

«TV-Programm des Vortages abgedruckt»

Für den Blick ist der Rauswurf der TV-Seite im Moment ebenfalls kein Thema. «Nicht alle Leute streamen, lineares Fernsehen hat immer noch Bedeutung und Publikum», so Blick-Chefredaktor Andreas Dietrich. Und so habe auch die tägliche TV-Seite im Blick ihre treuen Leserinnen und Leser. «Für sie sind die Übersicht und die Tipps ein wichtiger, nützlicher Service, den sie nicht missen möchten. Wir haben einmal aus Versehen das TV-Programm des Vortags abgedruckt – das gab sehr viele, naturgemäss wenig begeisterte Reaktionen. An diesem Morgen war die Telefonzentrale heftig gefordert.»

Denkbar sei grundsätzlich alles, heisst es bei der NZZ. «In nächster Zeit ist aber keine Einstellung geplant», sagt NZZ-Kommunikationschefin Seta Thakur. Ob das gedruckte TV- und Radioprogramm noch einem Leserbedürfnis entspreche, sei eine Generationenfrage: «Für ältere Leserinnen und Leser eher. Für Jüngere, die sich weder an linearem TV noch an Print orientieren, hingegen nicht.»

Geld von den TV- und Radiosendern für die Publikation des Programmrasters fliesst übrigens keines, heisst es bei CH Media und Tamedia. Laut NZZ verhalte es sich eher umgekehrt: «Die TV- und Radioseite wird von einem externen Anbieter, den wir bezahlen, nach unseren Vorgaben zusammengestellt.»



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