16.04.2013

Ringier

"Unterstützung für Konzerte ist kein fixes Produkt ab Stange"

In den letzten Jahren hat Ringier seine Konzernstruktur stark umgebaut. Eine immer grössere Bedeutung kommt dabei dem Bereich Entertainment zu, der momentan rund 15 Prozent des Umsatz von Ringier Schweiz ausmacht. Verantwortlich dafür ist Michael Voss. Der COO und Leiter Entertainment gilt als rechte Hand von CEO Marc Walder. Bevor heute Mittwoch Ringier seine neusten Geschäftszahlen publiziert, spricht der 44-jährige Deutsche im Interview mit persoenlich.com über Rundum-sorglos-Pakete für Krokus und Gölä sowie über die Zusammenarbeit mit den "Blick"- und "Glückspost" Chefredaktoren.
Ringier: "Unterstützung für Konzerte ist kein fixes Produkt ab Stange"

Herr Voss, seit 2012 sind Sie neben CEO Marc Walders die Nummer zwei bei Ringier. Was macht eigentlich ein COO? 
Erstens führe ich das COO-Office. Dazu gehören Ringier Deutschland, Ringier Print Adligenswil, Swissprinters, Legal, IT & Services und Procurement. Zweitens verantworte ich den gesamten Geschäftsbereich Entertainment bei Ringier – also alle Beteiligungen rund um Radio, TV sowie Events und Ticketing. Die meisten Gesellschaften und Joint-Ventures werden von starken Geschäftsführern geleitet. Meine Rolle ist es, eine übergeordnete Brücke zu schlagen zwischen den drei Geschäftsbereichen "Publishing", "Entertainment" und "Digital". Zudem bin ich zuständig für die strategische Weiterentwicklung des Geschäftsbereichs "Entertainment".

Sie suchen auch nach neuen Ertragsquellen für Ringier.
Ja, ich bin sozusagen der Mittelsmann zwischen den drei Ertragssäulen Ringiers, und der Mann, der Geschäftsabsichten in Ringier hineinträgt: Ein Beispiel für eine bereichsübergreifende Kooperation, die allerdings vor meiner Zeit als Entertainment Chef entstanden war, ist die Energy-Fashion-Night, in welche SI-Style und Radio Energy sehr stark involviert sind. Hier ist das Zusammenspiel zwischen traditionellem Printgeschäft und dem Radio sehr wichtig.

Wie konkret gehen Sie vor: Gibt es Sitzungen mit Ihnen, der Redaktion von SI-Style, Radio Energy und den Event-Organisatoren?
Dies geschieht immer projektbezogen. Fürs Robbie-Williams-Konzert beispielsweise kamen die Veranstalter – in diesem Fall die Eventorganisatorin Appalooza productions GmbH – auf mich zu und fragten nach Möglichkeiten, wie wir seitens Ringier Unterstützung bieten könnten. Danach setzte ich eine Telefonkonferenz auf, an welcher Caroline Thoma, die damalige Geschäftsführerin der Blick-Gruppe teilnahm, sowie Dani Büchi, Geschäftsleiter von Radio Energy, Gérard Jenni von Konzertveranstalter Good News sowie Andreas Angehrn, CEO von Ticketcorner. Zusammen wurde diskutiert, bis wir festlegen konnten, welches Angebot an Dienstleistungen wir Appalooza vorlegen wollten. Dabei handelte es sich z.B. um ein "Medienpaket Blick-Gruppe" oder ein "Medienpaket Energy". Es gibt aber auch eine Unterstützungsleistung, wonach Ticketcorner 50 Prozent der Robbie-Williams-Konzert-Tickets verkauft. Wir ermöglichen dem Konzertveranstalter also sozusagen ein Rundum-sorglos-Paket für diesen Event.

Ein solches "Rundum-sorglos-Paket", wie Sie es nennen, kann man als Veranstalter bei Ringier also so kaufen.
Ja, Unterstützung für Konzerte oder Veranstaltungen kann man bei uns natürlich als Medienpartner kaufen. Wobei es sich nicht um ein fixes Produkt ab Stange handelt, sondern immer um ein individuell abgestimmtes Paket. Meist kommen Anfragen à la: "Wir veranstalten ein ganz tolles Volksmusikfestival". Ich überlege mir dann, wie ich die "Glückspost" involvieren könnte oder eben Ticketcorner – Radio Energy würde hier jetzt eher weniger passen.

Was kann eine "Medienpartnerschaft" beinhalten? Inserate, Publireportagen, redaktionelle Beiträge oder auch PR-Texte im redaktionellen Teil, wie im Falle der "Schweizer Ilustrierte"-Titelstory mit Roger Federer, die aus der Kommunikationsabteilung der Credit Suisse stammte (personelich.com berichtete)?
Ein Angebot an den Kunden richtet sich natürlich an den Bedürfnissen und den Inhalten der Medienpartnerschaft aus. D.h. ein individuell erstelltes Supplement, wie bei unserem Event Moon&Stars sowie klassische Werbung, Radiospots, Flyer, Online-Integration oder Publi-Reportagen bis zu kundenindividuellen Meet&Greets mit den Künstlern werden als Unterstützung angeboten.

Für alle, die Ende März den "Blick" lasen, ist offensichtlich: Krokus konnten Sie auch so ein Paket verkaufen.
In diesem Fall nicht ich direkt, aber ja, das Management von Krokus kam auf uns zu und fragte, wie Ringier die Konzerttournee und die Lancierung der neuen CD/DVD mit begleiten könnte. Hierbei geht es um das Ticketing, um die Eventorganisation bis hin zum Thema, ob es für den "Blick" Sinn macht, Krokus zu unterstützen. So suchten wir nach einer bestmöglichen Lösung für den Kunden und die Leser des "Blick".

Wenn Sie "Blick" oder die "Schweizer Illustrierte" involvieren wollen: Spüren Sie Widerstand von den Chefredaktoren oder braucht es keine grosse Überzeugungskraft Ihrerseits?
So ein Projekt funktioniert nur, wenn der Veranstalter den Redaktionen auch Inhalte liefern kann, die Chefredaktoren überzeugen. Keine Redaktion kann ein Projekt wie jenes von Krokus oder Robbie Williams unterstützen, wenn die Künstler nicht mitmachen oder das Produkt selber nicht gut ist. Nur so lassen sich Redaktionen von einer Partnerschaft überzeugen. Findet die Chefredaktion der "Glückspost" eine Volksmusikband, der wir eigentlich gerne ein Unterstützungspaket anbieten würden, schlecht, gehen wir die Kooperation nicht ein. Für uns ist die journalistische Unabhängigkeit das grösste Gut, das wir unbedingt zu bewahren haben.

Sie reden von "journalistischer Unabhängigkeit als höchstem Gut". Man glaubt Ihnen auch, dass top-down explizit kein Druck auf "Blick"-, SI- oder "Glückspost"-Journalisten ausgeübt wird. Doch sobald ein Chefredaktor Bescheid weiss über solche Kooperationen mit Krokus, Gölä oder Robbie Williams kann er doch nicht mehr unabhängig entscheiden! Wie gut kennen Sie die Chefredaktoren, die neue "Blick"-Chefredaktorin zum Beispiel?
Ich finde Andrea Bleicher sehr kompetent und sympathisch, genauso übrigens schätze ich auch die Kollegen Rolf Cavalli oder Peter Röthlisberger. Unser Kontakt ist unregelmässig. Es gibt Wochen, da haben wir gar nicht miteinander zu tun und andere, da laufen wir uns immer mal wieder über den Weg. Ich würde mich aber hüten, auf der Redaktion vorbei zu gehen, um für eine Kooperation Werbung zu machen.

Seit Marc Walder – und auch Sie - Ringier führen, wurden mindestens zehn Führungskräfte verabschiedet, z.B. Christian Unger, Matthias Graf oder Caroline Thoma. Im Job mindestens, dürften Sie kein besonders zimperlicher Mensch sein. 
In dieser Funktion, die ich ausübe, ist man immer wieder auch mit Themen konfrontiert, die nicht leicht sind. Da ist es selbstverständlich, dass auch unbequeme oder aber auch harte Entscheidungen getroffen werden müssen. Grundsätzlich ist Ringier aber ein sehr faires und soziales Unternehmen; mit dieser Unternehmenskultur fühle ich mich persönlich sehr wohl.

Sie sind Deutscher, wie viele andere Ringier-Mitarbeiter mit Führungsaufgaben. Diese "Deutschen-Akkumulation" wurde immer wieder kritisiert, zu autoritär sei der Stil und zu wenig wüssten Deutsche über das hiesige politische System.
Ich fühle mich nicht wirklich als Deutscher, sondern viel mehr als Europäer, weil ich nicht nur in Deutschland sondern auch mehrere Jahre in Rumänien, Griechenland, Serbien und auch in Kroatien gearbeitet habe. Daher weiss ich, wie unterschiedlich Menschen in einem Land sind und kann daher wahrscheinlich besser mit dieser Unterschiedlichkeit umgehen.

Sie haben demnach keinen Kurs gemacht "Wie führe ich Schweizer" oder einen Ratgeber zum Thema gelesen?
Nein (lacht). "Du bist ja gar kein richtiger, typischer Deutscher", ist sicher das beste Kompliment, das man in dieser Frage bekommen kann. Wenn man nicht der ganz laute, besser-wissende Deutsche ist, fällt es einem wahrscheinlich leichter, sich hier in der Schweiz zurecht zu finden.

 

 

Die drei Ringier-Ertragssäulen: Der von Voss geführte Bereich Entertainment erwirtschaftet heute etwa 15 Prozent des Umsatzes von Ringier Schweiz. Diesen Anteil will Riniger in den nächsten Jahren weiter steigern. (zVg)

 


Biografie: Michael Voss stieg nach seinem Studien-Abschluss in Betriebswirtschaft bei Gruner+Jahr in die Verlagsbranche ein. In verschiedenen nationalen und internationalen Tochterunternehmen von Gruner+Jahr sowie der Spiegel-Gruppe, arbeitete er seit 1994 in verschiedenen leitenden Funktionen. Voss kam 2010 zu Ringier, wo er heute im Grunde zwei Aufgaben wahrnimmt: Zum einen führt der 44-Jährige das COO-Office, zum anderen ist er zuständig für die Führung und strategische Weiterentwicklung des Geschäftsbereichs "Entertainment". (eh)


Interview: Edith Hollenstein

 


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