04.10.2004

"Führen heisst zu zwei Dritteln kommunizieren"

Interne Kommunikation ist eine anspruchsvolle, hoch vernetzte Aufgabe. Sie gehört in die Hände von Fachleuten und zwar nicht erst, wenn Hopfen und Malz verloren sind. Der dies sagt ist Pierre Freimüller (Bild), Geschäftsleiter von appunto communications, Unternehmensberater für Kommunikations BR SPRG sowie Dozent an verschiedenen Hochschulen. Die sieben Todsünden der Internen Kommunikation:
"Führen heisst zu zwei Dritteln kommunizieren"

Unternehmen und Organisationen müssen sich verändern, meist in einem Tempo, das viele zu überfordern droht. Allzu oft gibt man sich der Illusion hin, mit dem Beschluss der Massnahmen am Direktionstisch sei die Sache geritzt. Kommunikation wird als mehr oder weniger "mechanischer Transmissionsriemen" aufgefasst, der die Mitarbeitenden schon auf Touren bringen wird. Aufwand wird allenfalls in die Kosmetik gesteckt: neues Logo, mit Slogans bedruckte T-Shirts, die Gestaltung des Intranet-Auftritts. Allein: so billig ist Erfolg nicht zu haben. Mit wirksamer Kommunikation hat derlei etwa so viel zu tun wie ein Rosenstrauss mit echter Liebe. Wer mit Veränderungen im Unternehmen vorwärts kommen will, muss zuerst einmal wissen, was er wirklich will, einen langen Atem haben und viel persönlichen Einsatz leisten. Die Verfügbarkeit und Zuwendung von Vorgesetzten -- allen voran des CEO -- sowie das Vorleben des Verlangten sind nach wie vor die stärksten Mittel der Führung.

Ein wertvolles Asset

Führen heisst zu zwei Dritteln kommunizieren: Ein Drittel kommunizieren, um zu guten Entscheiden zu gelangen. Ein Drittel gute Entscheide erarbeiten und fällen. Ein Drittel gute Entscheide kommunizieren, so dass sie Wirkung entfalten. Denn erst was gut kommuniziert ist, wird umgesetzt. Alles andere bleibt Papier. Visionen und Strategien müssen in operative Handlungsanweisungen heruntergebrochen werden. Und die Mitarbeitenden müssen von deren Richtigkeit überzeugt werden -- kommunikative Knochenarbeit. Es ist eine -- stark unterschätzte - Binsenwahrheit, dass der internen Kommunikation für den Wert des Unternehmens eine entscheidende Bedeutung zukommt, hängen doch davon die Motivation der Mitarbeitenden, der gute Kundenservice und die Reputation wesentlich ab. Fällt ein Unternehmen einer negativen Medienkampagne zum Opfer, kann man Gift darauf nehmen, dass es in der Gerüchteküche brodelt, weil die interne Kommunikation (IK) im Argen liegt.

Kommunizieren heisst auch zuhören

Da alle einigermassen reden und schreiben können, herrscht der Eindruck vor, interne Kommunikation könne mit links betrieben werden. Daraus entstehen dann die Mitteilungen auf der Türschwelle, Kommunikation im Dreieck und die Verbreitung widersprüchlicher, oft persönlich gefärbter Informationen. Dabei ist Kommunikation eine anspruchsvolle, hoch vernetzte Aufgabe, zu vergleichen z.B. mit dem Finanzwesen. In jenem Bereich würde man die Notwendigkeit, Top-Fachleuten beizuziehen, nie bezweifeln. Doch als Kommunikations-Fachmann wird man leider häufig erst gerufen, wenn bereits Hopfen und Malz verloren sind, ein Skandal droht und die Zahl der Handlungsmöglichkeiten auf beinahe Null geschrumpft ist.

Was Mitarbeitende ihren Vorgesetzten am wenigsten verzeihen, ist das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Halbheiten und Alibi-Massnahmen sind in dieser Hinsicht besonders schädlich. Denn Menschen haben feine Antennen, mit denen sie spüren, was echt und was unecht ist. Kommunizieren heisst auch zuhören. Etwas, was wir in der Schule praktisch nicht lernen. Probleme werden besser angegangen, solange sie noch zu bewältigen sind, und nicht erst, wenn bereits eine Katastrophe ausgebrochen ist.

Die sieben Todsünden der IK

-- Augen verschliessen: sich aufbauende Konflikte und Frustrationen nicht wahrhaben wollen.

-- Zu spät handeln: Erst wenn alles Geschirr zerschlagen ist, entschliesst man sich, etwas zu tun. Die grosse Zahl von Verletzungen erschwert dann die Lösungssuche.

-- Unterschätzung der Aufgabe: Das professionelle Angehen von Kommunikationsproblemen verlangt Spezialkenntnisse und viel Erfahrung.

-- Überschätzung der instrumentellen Mittel: Wird ein Problem der internen Kommunikation wahrgenommen, wird ein Intranet aufgebaut oder die Kantine neu gestrichen. Dies sind nur Hilfsmittel.

-- Scham: Man schämt sich, Probleme zu haben. Dabei gibt's solche überall.

-- Ungeduld: Man sucht nach Schnell- und Wunderlösungen, statt beharrlich an wirklichen Fortschritten zu arbeiten. Wer von Wunderlösung zu Wunderlösung hastet, verliert bald jede Glaubwürdigkeit.

-- Falsche Erwartungen: "Man darf jeden Fehler nur einmal machen." Das überfordert jeden Menschen und jede Organisation. Fehler und Scheitern sind vorprogrammiert. Lustvolles Fehler-Machen ist angesagt. Aber auch ehrliches Fehler-Zugeben und zielstrebiges Fehler-Korrigieren.

IK und Arbeitsklima überprüfen

Der praktische Weg dazu heisst: periodische Überprüfung der internen Kommunikation und des Arbeitsklimas. Die Erfahrung zeigt, dass der wirksamste Weg zu brauchbaren Ergebnissen über vertrauliche, vertiefte Interviews einer neutralen, d.h. externen Fachperson mit einer Stichprobe von Mitarbeitenden geht. Nach einem spezifischen Raster geführt, zeigen diese schnell, wo der Schuh am heftigsten drückt und warum. Bei Bedarf können Interviews durch eine Repräsentativbefragung ergänzt werden.

Ebenso wichtig ist das Coaching der Unternehmensleitung bei der Umsetzung von Verbesserungen. Da geht es einmal um die Wahl der geeigneten Mittel. Jetzt auf Placebos zu setzen, wäre töricht. Weiterer Rat wird bei mit Sicherheit auftretenden Schwierigkeiten benötigt.

In einem Unternehmen, das seine interne Kommunikation saniert hat, werden Entscheide konsequenter umgesetzt und Arbeitsabläufe beschleunigt. Die Mitarbeitenden vermitteln auch nach aussen wieder ein "Wir"-Gefühl. Zur Freude der Kunden.

(Quelle: Alpha, 25./26. September).

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