01.02.2020

Freddy Burger

«Ich bin derzeit daran, die Nachfolge zu regeln»

Denkt man an Freddy Burger, so sieht man sogleich viele klingende Namen aus dem Showbusiness vor sich. Doch dahinter versteckt sich harte Arbeit, Organisationstalent und ein guter Riecher. Ein Gespräch über Udo Jürgens, die Digitalisierung und die Zukunft.
Freddy Burger: «Ich bin derzeit daran, die Nachfolge zu regeln»
Freddy Burger (1945) ist ein Schweizer Unternehmer und Musikmanager. Ursprünglich machte er eine Lehre als Hochbauzeichner. (Bild: Jerry Gross)
von Matthias Ackeret

Herr Burger, welches sind Ihre wichtigsten Erfahrungen, die Sie in Ihrem 50-jährigen Geschäftsleben gemacht haben?
Ich weiss nicht, ob es überhaupt die wichtigsten Erfahrungen gibt. Es ist mehr die Summe aller Situationen und Erkenntnisse, die einem im Laufe der Geschäftskarriere hoffentlich das Rüstzeug dazu verschaffen, weniger Fehler und vor allem nicht zweimal die gleichen Fehler zu begehen. Mein Lebensmotto heisst «Never give up», übrigens auch ein Liedtitel von Udo Jürgens. Und ich glaube an Konstanz, Langfristigkeit und Durchhaltewillen. Ich versuche, alles mit Liebe, Lust und Leidenschaft zu unternehmen, und prüfe jeden Entscheid so, dass Hirn, Herz und Bauch dazu Ja sagen können. Meine Lebenserfahrungen haben aber auch zu einer tiefen Dankbarkeit und Demut geführt, denn es ist nicht selbstverständlich, dass man neben den erlittenen privaten und beruflichen Niederlagen so viel Positives erfahren darf. Wenn ich zurückblicke, erschrecke ich manchmal selbst. Zum einen darüber, wie schnell die 50 Jahre vergangen sind, zum anderen darüber, in welch einem Flow ich heute noch bin. Während all der Jahre hat mir mein Job immer viel Spass gemacht. In meinen Anfängen während der Ausbildung zum Hochbauzeichner musste ich noch schauen, dass ich überhaupt Geld genug hatte, um mein Leben zu finanzieren. Als ich als 19-Jähriger mit den ersten Veranstaltungen anfing, hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich einmal ein derartiges Unternehmen aufbauen würde. Überhaupt nur einen einzigen solchen Gedanken zu haben, wäre absurd gewesen. Ich konnte mich aber auch immer auf sehr engagierte und treue Mitarbeiter verlassen, ohne die der ganze Erfolg nicht möglich gewesen wäre.

Als Sie in den 1960-Jahren starteten, gab es den Beruf des Künstlermanagers noch nicht, Sie mussten ihn zuerst erfinden. Wie haben Sie das gemacht? Sind Sie zu Toni Vescoli gegangen und haben ihm gesagt, dass Sie jetzt sein Manager seien?
(Lacht.) Ganz so war es nicht. Ich habe Toni Vescoli während meiner Zeit als Vizepräsident des Jugendtanzclubs Zürich kennengelernt, als er noch kein Profi war. Wir hatten einiges gemeinsam, wir waren beide Hochbauzeichner und hatten ähnliche Auseinandersetzungen mit unseren Vätern gehabt. Als es mit Les Sauterelles losging, sagte ich zu ihm: «Ich bin euer fünftes Mitglied, ihr vier seid die Musiker und ich der Manager!» Das heisst, ich renne jetzt los und schaue, dass ihr Jobs bekommt. Ich bin mit meinem Auto quer durch Europa gefahren und habe nach Auftrittsmöglichkeiten gesucht. Ich hatte immer eine Fotomappe der Band und eine Schreibmaschine dabei. Die Verträge schrieb ich jeweils im Auto. Nach jedem Abschluss rief ich Toni an und sagte ihm, wo die Band in nächster Zeit auftreten werde, von Lyon bis Hamburg war alles dabei. Zwei Mal tourten wir durch Italien und nahmen an der viel beachteten Cantagiro teil. In guten Zeiten verdiente jeder von uns um die 5000 Franken im Monat, was für die damalige Zeit viel Geld war. Es gab aber auch Monate, in denen wir uns das Essen teilen mussten, weil wir nicht genug Geld eingenommen hatten.

«Diese Abzockerei ist natürlich absolut schlecht für den Veranstalter»

Zu heute: Die Digitalisierung beschäftigt derzeit alle Branchen, und praktisch jede leidet kommerziell. Inwieweit sind Ihre Unternehmen von der Digitalisierung betroffen?
Das Positive ist, dass mit Social Media neue Vertriebskanäle entstehen. Da die Medienlandschaft massiv unter der Digitalisierung leidet, müssen wir andere Plattformen finden, um an die Öffentlichkeit zu gelangen. Gleichzeitig müssen wir uns aber auch absichern, da es oft zu Missbräuchen kommt. Ein Beispiel: Ich war in New York und besuchte das Musical «Hamilton», das über Monate hinaus ausgebucht ist. Auf dem Schwarzmarkt werden aber noch immer Tickets für unglaubliche 3000 Franken verkauft. Diese Abzockerei ist natürlich absolut schlecht für den Veranstalter, der das Risiko allein tragen muss. Dagegen müssen wir uns wehren, was wir auch tun. Beispielsweise indem von einem einzelnen Kunden nur noch eine bestimmte Anzahl Tickets gekauft werden kann oder indem der Ticketkäufer sich ausweisen muss.

Was ist die Freddy-Burger-DNA bei all Ihren Projekten?
Bei all meinen Geschäften habe ich mich stets auf «middle of the road» fokussiert. Ich wollte immer ein breites Publikum ansprechen. Das galt sowohl für meine Clubs als auch für das Entertainment und die Gastronomie. Ich habe mich nie ausschliesslich auf exotische Spezialitäten wie asiatisches oder mexikanisches Essen konzentriert. Auch im Entertainmentbereich sind die Musicals und anderen Bühnenshows auf ein breites Publikum ausgerichtet. Abgehobene Nischen interessieren mich nicht, denn die Unterhaltung deckt ein Urbedürfnis jedes Menschen ab, der in seiner Freizeit auch mal in eine andere Welt eintauchen und seine Probleme für ein paar Stunden vergessen möchte. Wenn wir das bieten können, ist das Ziel erreicht.

Aber gibt es mittlerweile nicht zu viele Anbieter?
Wenn es jetzt in Zürich auf einmal vier Musicaltheater gäbe, wäre das natürlich ein Problem, weil das den Markt überfordern würde. Dasselbe gilt aber genauso für Sporthallen und andere Freizeitangebote. Überkapazitäten setzen die Branche immer unter Druck, was sich auf die Einspielergebnisse der Veranstalter einerseits und auf die Mieteinnahmen der Hallenbesitzer andererseits auswirkt. Mit unseren langfristigen Verträgen als Betreiber des Theaters 11 in Zürich und des Musical Theater Basel haben wir hier einen grossen Vorteil. Wir können selbst bestimmen, wann wir die eigenen Veranstaltungen aufführen möchten, können unsere freien Kapazitäten aber auch anderen Veranstaltern anbieten. So haben wir den Fünfer und das Weggli und decken mit unseren Spielmöglichkeiten praktisch die ganze Deutschschweiz ab.

«Ich litt jahrelang unter Existenzängsten»

Haben Sie immer noch schlaflose Nächte?
Ja, das kann schon noch vorkommen, aber natürlich nicht mehr so oft wie früher. Ich litt jahrelang unter Existenzängsten, denn ich bekam natürlich auch mit, wie manche Leute ihre Millionen falsch einsetzten und dann alles verloren. Das hat mich geprägt. Deshalb interessiert mich bei den Projekten nicht mehr der Best Case, sondern nur noch der Worst Case. Es ist für mich wichtig, ob ich überlebe, wenn das schlimmste aller Szenarien eintrifft. Ich bin deshalb auch nie ein zu grosses Risiko eingegangen, und zum Glück ist mir nach meinen Anfangsfehlern nie mehr etwas passiert, was das Unternehmen ernsthaft hätte gefährden können.

Wie haben Sie Ihre Nachfolge geregelt?
Ich bin derzeit mit meinem Sohn Oliver daran, die Nachfolge zu regeln. Er ist aktuell Geschäftsführer bei den Thunerseespielen, die ich Anfang 2019 übernommen habe. Für die FBM-Gruppe stehen verschiedene Möglichkeiten offen: entweder den Betrieb autonom weiterzuführen oder auch in einem internationalen Verbund. Unser Ziel ist es aber, weiterhin unabhängig zu bleiben. Eine Partnerschaft kommt für mich nur auf Augenhöhe und im Fifty-fifty-Beteiligungsverhältnis infrage. So war es auch bei der internationalen TV-Produktionsfirma B&B Endemol Shine. Ich bin weltweit der wohl einzige lokale Fifty-fifty-Partner von Endemol – und diese Partnerschaft wird nächstes Jahr 20 Jahre alt. Ich erinnere mich noch gut, als ich mit John de Mol verhandelte. Seine Anwälte bestanden aus Gründen der Unternehmenspolitik auf einer Mehrheitsbeteiligung. Ich sagte: Wenn das so ist, könnt ihr entweder das Ganze kaufen, dann aber ohne mich, oder ich bin dabei, dann aber nur als gleichberechtigter Partner. Drei Monate dauerten die Verhandlungen, bis John de Mol mich für eine letzte Aussprache nach Holland rief. Ich bekräftigte nochmals, dass für mich nur die von mir vorgeschlagene Partnerschaft infrage käme. Da er den Deal nicht ohne meine weitere Mitarbeit eingehen wollte, einigten wir uns auf fifty-fifty, und das hat sich bis heute bewährt. Man sollte solche Erfolgsprinzipien nicht ohne Not ändern.



Das ausführliche Interview mit Freddy Burger finden Sie in der aktuellen Ausgabe von «persönlich». Dort lässt er die letzten 50 Jahre ausführlich Revue passieren.

 

 

 



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