Beim Bund soll öffentlich werden, was nicht ausdrücklich geheim ist. Als zweite Kammer hat der Nationalrat am Montag das Öffentlichkeitsgesetz gutgeheissen. Alle Fraktionen begrüssten den Paradigmenwechsel zur transparenteren Verwaltung.
Heute gilt beim Bund alles als geheim, was nicht ausdrücklich zur Veröffentlichung freigegeben ist. Das Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ) sieht den Wechsel vom Grundsatz der Geheimhaltung mit Öffentlichkeitsvorbehalt zum Grundsatz der Öffentlichkeit mit Geheimhaltungsvorbehalt vor.
Das Öffentlichkeitsprinzip erstreckt sich auf die Bundesverwaltung sowie auf Organisationen wie SBB, Post, Pro Helvetia und Nationalfonds. Ausgenommen sind die Nationalbank, die Bankenkommission, Stellen von AHV, IV und Arbeitslosenversicherung sowie Kranken- und Unfallversicherer und die SUVA.
Künftig kann jede Person in amtliche Dokumente Einsicht nehmen, ohne ein besonderes Interesse nachweisen zu müssen. Dieser Zugang kann nur eingeschränkt werden, wenn öffentliche Interessen überwiegen oder private Interessen geschützt werden müssen.
Wie bereits der Ständerat will der Nationalrat das Öffentlichkeitsprinzip nur für Dokumente anwenden, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erstellt werden. Die grosse Kammer stellte sich in diesem Punkt gegen den Antrag ihrer Staatspolitischen Kommission.
Schützen will der Nationalrat die freie Meinungsbildung. Er legte im Gesetzesentwurf ausdrücklich fest, dass amtliche Dokumente erst zur Einsicht freigegeben werden dürfen, wenn der politische oder administrative Entscheid gefallen ist, für den sie erstellt wurden.
Justizminister Christoph Blocher warnte vergeblich vor dieser allzu starren Ausnahmeregelung. Der Schutz des Bedürfnisses der Bürger, sich zu informieren, müsse an erster Stelle stehen. Diesem Grundsatz würden Interessenabwägungen und Entscheide im Einzelfall eher gerecht.
Das Einvernehmen zwischen Bund und Kantonen wollte der Nationalrat nicht aufs Spiel setzen. Im Einklang mit Christoph Blocher lehnte er mit 90 zu 55 Stimmen den Antrag der Kommissionsmehrheit ab, eine Bestimmung zum Schutz kantonaler Interessen zu streichen.
Müssten Kantone damit rechnen, dass der Bund ihre geheimen Informationen öffentlich macht, würden sie diese Informationen nicht mehr liefern, gab Blocher zu bedenken. Davon könne zum Beispiel der Vollzug des Asylgesetzes betroffen sein.
Für aufwändige Auskünfte werden nach dem Willen beider Kammern Gebühren verlangt. Die SPK kam mit dem Antrag nicht durch, auf Gebühren ganz zu verzichten. Justizminister Christoph Blocher erklärte, dass ohne Gebühren das Ziel unerreichbar sei, keine zusätzlichen Kosten zu generieren.
Die SP hätte im BGÖ mehr Transparenz gewollt. Entsprechende Minderheitsanträge ihrer Kommissionsmitglieder drangen aber nicht durch. Das von den Grünen geforderte explizite Verbot, Gesuchsteller zu registrieren, scheiterte ebenfalls.